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22.09.2005

Sorge um Vernachlässigung stationärer Kinder- und Jugendhilfe - Caritas-Kinderdorf warnt vor negativen Folgen für Betroffene und Allgemeinheit

Eichstätt. (pde) – Verhaltensauffällige und entwicklungsgestörte Kinder werden später und kürzer in stationäre Einrichtungen eingewiesen. Die Leitung des Eichstätter Caritas-Kinderdorfes sieht diese Entwicklung mit Besorgnis. „Zu spät oder sehr kurz angesetzte stationäre Jugendhilfe kann nicht nur dem Kindeswohl schaden, sondern sich auch für die Gesellschaft ungünstig auswirken durch Folgekosten für Therapien oder dauerhafte Sozialhilfe“, so der Leiter des Kinderdorfes, Bernardin Porstner.

Während laut Porstner vor einigen Jahren die Jugendämter noch vor allem für 8 bis 10-jährige Kinder um einen Platz im Caritas-Kinderdorf anfragten, habe sich das Alter inzwischen um etwa zwei Jahre nach oben verschoben. „In diesem Alter sind die pubertierenden Buben und Mädchen schon nicht mehr so ansprechbar“ gibt die ehemalige Leiterin, Schwester Esther Mayr, die nun als pädagogische Fachberaterin für Wohngruppen tätig ist, als Erfahrung zu bedenken. „Dazu gehören mangelnde Motivation, Schulverweigerung oder auch traumatische Erfahrungen. Die verzögerte oder verkümmerte emotionale und soziale Persönlichkeitsentwicklung ist dann nur noch bedingt nachzuholen“, stellt Schwester Esther mit Sorge fest.

Brennendes Anliegen von Schwester Esther und Bernardin Porstner ist, dass Kindern mit Problemen früher eine stationäre heilpädagogische Hilfe ermöglicht wird. „Kinder brauchen Freunde und Spielkameraden. In diesem Zusammenleben in Wohngruppen und kleinen Klassen erfahren sie, dass auch andere Kinder Probleme haben und dass sie nicht die absoluten Außenseiter sind“, so Schwester Esther. „Die Kinder erfahren durch spezielle Beschulung und ganz individuelle Hilfen, was sie wirklich leisten können, wo ihre Stärken und Grenzen sind.“

Das Gemeinschaftsleben in der Wohngruppe werde durch verschiedene Sportmöglichkeiten, Spielen und Handwerken, einzeltherapeutische Hilfen durch Gespräch oder Tun, Ergotherapie und Logopädie ergänzt. „Wir haben Kinder mit autistischen Zügen. So ist etwa ein 14-Jähriger gefangen in der Welt der Formel 1, er denkt und kreist nur noch um Motorsport. Ihn herauszulösen aus dieser einengenden Gefangenschaft machen wir uns zum Ziel“, nennt Bernardin Porstner ein konkretes Beispiel.

Eine Ursache für diesen Rückgang sieht die Leitung des Kinderdorfes auch im Geburtenrückgang und Schülermangel an den Grund- und Hauptschulen. Man behalte dort problematische Schüler so lange wie möglich selbst. Das sei zwar verständlich, aber für das einzelne Kind nicht unbedingt förderlich.

Auch den Trend, die stationäre Unterbringung von Kindern und Jugendlichen so kurz wie möglich zu gestalten, sieht man im Kinderdorf problematisch. Ein heilpädagogischer Prozess solle „gerafft“ und im „Schnellverfahren“ zum Erfolg und somit zur Beendigung der Jugendhilfemaßnahme geführt werden. „Das dient nicht unbedingt dem Wohl des Kindes“ so Bernardin Porstner. Es gebe eine ganze Reihe neuer wissenschaftlicher Untersuchungen, die vor zu sehr verkürzten stationären Aufenthalten warnen. „Das müssen wir bedenken“.

 

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