Eichstätt – Vor 140 Jahren wurde der Kapuzinerpater Ingbert Naab geboren. Mit Unterbrechungen lebte und wirkte er über zwei Jahrzehnte in Eichstätt. Früh warnte er vor den Gefahren des Nationalsozialismus und stellte sich Hitler entschlossen entgegen. Am 28. März jährt sich sein Todestag zum 90. Mal. Sein Engagement ist bis heute ein Vorbild.
Geboren wurde er als Karl Borromäus Naab am 5. November 1885 in einer alteingesessenen Bauernfamilie in Dahn, einer Gemeinde mit 1.500 Einwohnern in der Region Pirmasens in Rheinland-Pfalz. Er und seine Geschwister Leonhard, Christian und Anna wurden von ihren frommen Eltern Friedrich und Karolina streng katholisch erzogen. Besonders die Mutter prägte ihn religiös. „Was sie mir an Religion gab, das war mehr, als ich später jemals im Leben empfangen habe“, erzählte er einmal.
Engagierter Jugendseelsorger
Schon als Volksschüler fand Karl mehr Gefallen an Büchern als an der Feldarbeit. Bald legte er sein Berufsziel fest: „Ich werde Priester, solange ich gläubig bin.“ Nach dem Abitur 1905 in Speyer trat er in den Kapuzinerorden im Kloster Laufen ein – als „Frater Ingbert von Dahn“. Die nächste Station auf dem Weg zum Priestertum führte ihn 1906 zum Studium der Theologie in das Kapuzinerkloster nach Eichstätt. „Bei seinen Mitstudenten im Kloster galt er als stiller, zurückhaltender, gefälliger Mitbruder, der nie streitsüchtig oder ehrgeizig war“, schreibt der Historiker Helmut Witetschek in seinem Buch Pater Ingbert Naab – Ein Prophet wider den Zeitgeist (1985).
Am 29. Juni 1910 weihte ihn Bischof Leo von Mergel im Eichstätter Dom zum Priester. In den folgenden Jahren bekleidete er verschiedene Positionen innerhalb des Ordens, darunter die des Lektors der Theologie, des Klerikermagisters und des Guardians in mehreren Städten. Sein seelsorgerischer Schwerpunkt galt der Jugend, besonders Schülern höherer Schulen, was ihm die Bezeichnung „Bubenpater“ einbrachte. Bereits 1913 veröffentlichte er Jugendpredigten und -ansprachen und erreichte damit einen größeren Kreis von Menschen.
Ein Experte für die Beichte
Beichten war zu seiner Zeit offensichtlich hoch im Kurs – auch bei jungen Menschen. So war P. Ingbert auch ein gefragter Beichtvater. Als Seelsorger in der Stadt St. Ingbert in der Saarpfalz soll er in einem Jahr mehr als 23.000 Beichten gehört haben, also durchschnittlich 63 pro Tag. Nach eigenen Angaben ging er auf 27 verschiedene Arten von Beichtenden ein. Die Beichtstuhltätigkeit lehrte er auch angehenden Priestern. Als Lektor der Theologie und Magister der Kleriker war er von 1916 bis 1921 für die geistige und geistliche Ausrichtung des Kapuzinernachwuchses in Eichstätt verantwortlich. „Nicht mit seiner Gelehrsamkeit, sondern mit seinen lebensnahen, konkreten Argumenten und seinem menschlich warmen Einfühlungsvermögen erschloss er sich die Herzen der Hörer“, schreibt Witetschek.
In Eichstätt wirkte P. Ingbert weit über das Kloster hinaus. Im Oktober 1916 wurde er Präses der Eichstätter Studentenkongregation, einer geistlichen Gemeinschaft von Schülern höherer Schulen. Durch Vorträge, Einzelsprechstunden und Exerzitien sprach er auch kirchenferne Menschen an. Nach dem Ersten Weltkrieg galt er bereits als erfahrener Jugendseelsorger und wurde 1921 zum Landespräses der Bayerischen Studentenkongregationen gewählt. Von 1921 bis 1923 war er Direktor des neu errichteten Kapuzinerseminars in Regensburg, anschließend bis 1926 Guardian im Kloster Mariahilf in Passau.
„Das große Zeichen“
In dieser Zeit intensivierte er seine publizistische Tätigkeit mit der Gründung verschiedener Jugendzeitschriften wie Meeresstern, Der Weg, Leuchtturm oder Frohe Fahrt. Er wollte damit mehr Jugendliche erreichen und dazu beitragen, sie zu christlich denkenden Menschen zu erziehen. So warnte er bereits nach dem Hitlerputsch vom 8./9. November 1923 vor der Rassenlehre und den Prinzipien des Nationalsozialismus, die er als unvereinbar mit dem Christentum und allgemeinen ethischen Werten hielt. Im damals noch kleinen Blatt Das große Zeichen schrieb er: „Es ist ganz klar, dass ein Katholik nie Anhänger der Hitlerbewegung sein kann und überhaupt der sogenannten Deutsch-Völkischen Bewegung vollständig ablehnend gegenüber stehen muss“. Erschreckend ist es, dass die deutschen Bischöfe gut 100 Jahre später, in ihrer Augsburger Erklärung vom 22. Februar 2024 mit verblüffend ähnlicher Wortwahl wieder vor dem wachsenden Rechtsextremismus warnen müssen: „Wir sagen mit aller Klarheit: Völkischer Nationalismus ist mit dem christlichen Gottes- und Menschenbild unvereinbar. Rechtsextreme Parteien und solche, die am Rande dieser Ideologie wuchern, können für Christinnen und Christen daher kein Ort ihrer politischen Betätigung sein und sind auch nicht wählbar.“
Pater-Ingbert-Naab-Jubiläumsjahr in Dahn
In Dahn veranstaltet die Stadt zusammen mit der Pfarrei, der Familie Naab, der Kolpingsfamilie, dem Verein Landjudentum im Wasgau, dem Otfried-von-Weißenburg-Gymnasium, der Realschule plus und der Fachoberschule zum ersten Mal ein Pater-Ingbert-Naab-Jubiläumsjahr. Das Programm startet am Donnerstag, 28. März, mit einem Rundgang auf den Spuren Naabs durch Dahn. Beginn ist um 17 Uhr im Pater-Ingbert-Naab-Haus, Schulstraße 19. Weiter geht es dann am Freitag, 4. April, mit dem Vortrag „Pater Ingbert Naabs Kampf um die Freiheit der Kirche“ von Torsten Woll (18 Uhr, Pater-Ingbert-Naab-Haus, Schulstraße 19). Auch eine Zweitagesfahrt nach Eichstätt (Grab Pater Ingbert Naab) am Donnerstag, 22. August, und Freitag, 23. August, ist geplant. Außerdem wird die Stadt Dahn ihre 2005 erstellte und jetzt erweiterte „Pater-Ingbert-Naab-Gedächtnisausstellung – Wider den Zeitgeist“ zeigen. „Warnungen wie die von Pater Naab in der damaligen Zeit sind aktueller denn je“, sagt Stephan Oberhauser, zweiter Beigeordneter der Stadt.