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19.12.2005

Ohne „Stille Nacht, heilige Nacht“ auch in Indien keine Weihnachtsstimmung - Ausländische Priester schildern Bräuche in ihrer Heimat

Eichstätt. (pde) - Weihnachten ist das Fest, an dem Traditionen besonders hohen Stellenwert haben. Doch längst nicht überall wird die Geburt Christi so gefeiert wie in Deutschland - mit Christbaum, Geschenken und besinnlichen Liedern. In Afrika wird auf den Straßen getanzt, in Polen wird Brot mit Tieren geteilt, in Indien werden Laternen ins Fenster gestellt. Zwei Priester, ein Priesteramtskandidat und ein Theologiestudent, die in der Diözese Eichstätt leben, erzählen aus ihrer Heimat und berichten von ganz persönlichen Weihnachtserlebnissen.

Pfarrer Mmaju Eke aus Nigeria betreut die Pfarrei St. Johannes in Obereichstätt, der 43-Jährige war zuvor in Beilngries und Pfahldorf tätig. Für Afrikaner ist Weihnachten das Fest, an dem die Familienmitglieder aus der Stadt in ihre Heimatdörfer zurückkehren. „Weihnachtsbäume gibt es nicht in den Familien, aber seit etwa zehn Jahren kann man welche in den Geschäften sehen“, berichtet der Nigerianer. „Einige Pfarreien, die es sich leisten können, haben eine Weihnachtskrippe.“ Auch wenn Eke Weihnachten gerne bei seiner Familie in Nigeria verbringen würde - die Feierlichkeiten rund um das Weihnachtsfest gefallen ihm in Deutschland besser. Er liebt es, wenn Kinder ein Weihnachtsspiel aufführen und die Kirche festlich geschmückt ist. „Bei uns zuhause gibt es nur eine schlichte liturgische Feier.“ Doch danach wird bei Trommelmusik auf den Straßen getanzt. Eke erinnert sich: „Als ich 1993 nach Deutschland kam, war ich zunächst ganz alleine.“ Alles schien darauf hinzudeuten, dass der Afrikaner ausgerechnet das Weihnachtsfest einsam verbringen musste. „Doch dann kam ein, zwei Tage vorher ein Anruf: eine Einladung!“ In der Familie mit drei Kindern erlebte Eke in Möckenlohe ein wunderschönes deutsches Weihnachtsfest.

Brauchtümer und Gewohnheiten aus der westlichen Welt kommen nach der Erfahrung von Kaplan Benjamin Pereira mit etwa dreißig Jahren Verzögerung in Indien an. Der 54-Jährige lebt seit sieben Jahren in der Diözese Eichstätt, er ist Kaplan für die Gemeinden Hepberg und Lenting. Pereira erzählt, dass es in den letzten Jahren in Indien vielfach geradezu zum absoluten Muss geworden ist, Weihnachtskarten zu verschicken. Was seit den 70er Jahren vor allem in England und den USA zum vorweihnachtlichen Pflichtprogramm gehört, setzt sich jetzt auch in Indien durch. „Mindestens zu Weihnachten muss man schreiben und sagen: Ich denke an dich, ich bete für dich.“ Kurios dabei ist: Als Motive werden ausschließlich europäische Winterlandschaften mit Schnee verwendet.

Ansonsten feiert man Weihnachten in Indien eher bescheiden. Geschenke und Konsum kennt man nicht. Eines aber ist wichtig: Zur Christmette wird „Stille Nacht, Heilige Nacht“ gesungen - auf Englisch oder in einem indischen Dialekt. „Sonst kommt kein Weihnachtsgefühl auf.“ Von 24. Dezember bis 5. Januar stellen Familien Lichter in die Fenster und hängen erleuchtete Sterne in die Bäume. „Das erinnert an den Stern von Betlehem und bedeutet: Hier wohnt ein Christ.“ Zur Christmette kommen die Gläubigen fein herausgeputzt. An den Feiertagen stehen Besuche auf dem Programm, bei denen frittierte Süßigkeiten aus Mehl, gebratenen Linsen und Kokusnuss gereicht werden. Ein besonderes Weihnachtserlebnis? Pereira erinnert sich noch heute mit Rührung an die Zeit zurück, als er vier Jahre alt war. Um Mitternacht weckte ihn die Mutter auf und sprach mit ihrem Sohn am Bett ein kleines Gebet. „Heute ist Christus geboren, lasst uns freuen.“ Mehr war es nicht - und dennoch war die Stimmung so einzigartig, dass der Priester noch 50 Jahre später gerührt ist, wenn er davon erzählt.

Dominik Viet Hien Ngyuen aus Vietnam lebt im Salesianum im Rosental in Eichstätt. Der Theologiestudent ist seit 15 Jahren in Deutschland, doch an ein Weihnachtsfest in seiner Heimat kann er sich noch gut erinnern. Damals war Ngyuen sieben Jahre alt und spielte in einem Theaterstück mit. „Ich war das Kind einer armen Mutter, die auf der Straße gelebt hat“, erinnert sich Ngyuen. „Das ganze Dorf hat zugesehen.“ Ansonsten sollte man sich Weihnachten in Vietnam nicht allzu spektakulär vorstellen. Nur drei Prozent der Bevölkerung sind Katholiken. Wenn sie Weihnachten feiern, fällt das nicht besonders auf. Es gibt keinen speziellen Schmuck, keine Geschenke. „Weihnachten ist ein Familienfest. Es reicht, wenn wir füreinander da sind.“

In Polen sieht es wieder anders aus. Krzysztof Duzynski, der als angehender Priester zur Zeit in Roth für die Diözese Eichstätt sein Pastoralpraktikum absolviert, erzählt, dass die Katholiken den 24. Dezember fastend verbringen. Erst am Abend, wenn der erste Stern am Himmel erscheint, wird getafelt. „Es gibt zwölf Gerichte, alle ohne Fleisch.“ Serviert werden zum Beispiel Rote-Bete-Suppe, Kraut, Pilze oder Maultaschen. „Dabei bereitet man immer einen extra Teller für einen unerwarteten Gast“, schildert Duzynski. Dies sei als Symbol für Gastfreundschaft zu verstehen. Zudem ist es Brauch, sich Oblaten zu teilen. „Jeder kriegt ein Stück Brot, verbunden mit guten Wünschen.“ Selbst die Tiere im Stall bekommen ein Stück ab. Um Mitternacht geht es in die Christmette. „Mein schönstes Weihnachtserlebnis war für mich, als ich als Zehnjähriger zum ersten Mal in der Christmette ministrieren durfte“, erzählt Duzynski. „Die Atmosphäre war ganz feierlich.“ Wo gefällt ihm Weihnachten besser: In Polen oder Deutschland? Der 26-Jährige findet: „Wenn es gute Leute gibt, ist es überall schön.“

 

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