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03.10.2004

Lehrstellenmangel und Arbeitslosigkeit: Jugendliche nicht allein lassen! - Vollversammlung des Eichstätter Diözesanrats

Eichstätt/Beilngries. (pde) – Mit einem eindringlichen Appell, wirkungsvollere Maßnahmen gegen den Ausbildungsnotstand bei Jugendlichen zu ergreifen, wendet sich der Diözesanrat der Katholiken im Bistum Eichstätt an die Öffentlichkeit. Die ausgesprochen kritische Lage auf dem Ausbildungsstellenmarkt sei Anlass zu großer Sorge.

In einer Resolution, die von der Herbstvollversammlung im Bistumshaus Schloss Hirschberg bei Beilngries verabschiedet wurde, fordert der Diözesanrat die Arbeitgeber auf, den Geburtenrückgang in den 90-er Jahren und den absehbaren Mangel an Fachkräften zu berücksichtigen und deshalb nach Möglichkeit über den Bedarf hinaus auszubilden. Die politisch Verantwortlichen und die Bundesagentur für Arbeit werden gebeten, Fördermaßnahmen für benachteiligte Jugendliche nicht zu kürzen und langjährige erfolgreiche Tätigkeiten kirchlicher Einrichtungen wie dem Kolping-Bildungswerk bei der Vergabe zu berücksichtigen.

Die Verantwortlichen sollten auch dafür Sorge tragen, dass die gezielte Betreuung der Jugendlichen, etwa durch kleinere Klassen, den Einsatz von Schulpädagogen und außerschulische Jugendarbeit, verstärkt wird. Zugleich wird auch an die Jugendlichen appelliert, die bestehenden Angebote zur Verbesserung ihrer Chancen im Berufsleben zu nutzen. Die Kirchen werden in der Resolution aufgefordert, Jugendliche bei ihrer Suche nach einem Ausbildungsplatz nicht allein zu lassen. Pfarreien, Verbände und der Religionsunterricht könnten Orte sein, an denen Jugendliche und Eltern in dieser schwierigen Zeit Unterstützung und neuen Mut finden. Pfarrgemeinden und Verbände könnten auch als Netzwerk fungieren, das Jugendlichen, die aus beruflichen Gründen ihren Wohnort verlassen müssen, Unterstützung bei der Wohnungssuche und Einbindung in die örtliche Jugendarbeit biete. Die Diözese Eichstätt wird in der Resolution aufgefordert, keine weiteren Kürzungen im Jugendbereich vorzunehmen, da die kirchliche Jugendarbeit wertvolle Schlüsselqualifikationen für eine berufliche Orientierung und für soziale Fähigkeiten vermittle.

Die „Schrumpfgesellschaft“ braucht Solidarität der Generationen

Professor Dr. Bernhard Sutor, Politikwissenschaftler und früherer Vorsitzender des Landeskomitees der Katholiken in Bayern, erläuterte die aktuellen Rahmenbedingungen und verwies auf den drohenden Generationenkonflikt. Es gebe eine Riesenlast an öffentlichen Schulden, die allerdings gering sei im Vergleich zu den Lasten und Aufwendungen für soziale Absicherung, die beim gängigen System auf die nachfolgende Generation zukommen. Bereits jetzt verfügten im Schnitt Rentnerhaushalte monatlich über 200 Euro mehr als Haushalte mit Kindern. „Durch den demographischen Wandel sind wir eine Schrumpfgesellschaft geworden“, stellte Sutor fest. Es sei eine grundlegende Reform des Sozialstaates nötig, um die nachfolgende Generation zu entlasten. Zugleich müsse man die Solidarität unter den Generationen stärken. Hoffnungsvolle Ansätze dafür gebe es: So unterstützen laut aktuellen Erhebungen zwei Drittel der Großeltern ihre Enkel finanziell, ein Viertel der Kinder werde von den Großeltern betreut.

Zur Vertiefung der Thematik hatte der Diözesanrat Fachleute aus verschiedenen Bereichen eingeladen. Zu Beginn der Aussprache machte Lothar Troll, Vorsitzender des Sachausschusses Berufs- und Arbeitswelt, deutlich, dass der Mangel an Ausbildungsplätzen schon seit Jahren bestehe und dazu geführt habe, dass es heute in Deutschland Hunderttausende Jugendlicher ohne Ausbildung gebe. Dr. Franz Prast, Geschäftsführer der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit, verwies auf den hohen Anteil Jugendlicher bei den Arbeitslosenzahlen. Vor allem in Bayern habe die Jugendarbeitslosigkeit in jüngster Zeit massiv zugenommen.

Es sei eine Aufgabe der Kirche, sich um die Menschen und ihre Arbeit zu kümmern, stellte Diözesanratsvorsitzender Dieter Salomon in seinem Bericht fest. Das Bemühen der Kirche um Arbeit für die Menschen, wie es in den CAH-Werkstätten in Neumarkt geschehe, sei „im tiefsten Sinn Seelsorge“. Salomon erinnerte an den Auftrag, sich als Kirche auch in Krisenzeiten für Belange wie Heiligung des Sonntags, angemessene Ruhezeiten und angemessene Bezahlung einzusetzen. „Arbeit in Würde“ sei schon das Ziel Adolf Kolpings gewesen. Diesem Anliegen müsse sich die Kirche auch heute verpflichtet sehen, um die Gesellschaft menschlicher zu machen.

Mehr Rücksicht auf Menschen mit Behinderung

In einer weiteren Resolution fordert die Vollversammlung des Eichstätter Diözesanrats eine „Kultur der Achtsamkeit“ gegenüber Menschen mit Behinderung. Die Verantwortlichen in der Bistumsleitung und in den Pfarrgemeinden werden aufgefordert, alle wichtigen Zugangsmöglichkeiten zu kirchlichen Einrichtungen barrierefrei umzugestalten. Spätestens wenn eine Renovierung ansteht, könne Menschen mit Behinderung durch Abbau von Barrieren die Teilnahme am kirchlichen Leben ermöglicht werden. Dieses Anliegen habe Vorrang vor den Interessen des Denkmalschutzes. Ferner wird angeregt, die Einrichtung eines Behindertenbeauftragten für jede Seelsorgeeinheit vorzusehen.

Einsatz ausländischer Priester und Entwicklungder Seelsorgeeinheiten

Generalvikar Johann Limbacher verwies in seinem „Bericht der Bistumsleitung“ darauf, dass nach aktuellen Berechnungen die Einkünfte aus der Kirchensteuer im ersten Halbjahr 2004 um 4,6 Prozent zurückgegangen seien. Deshalb gebe es keine Alternative zu den im Februar 2004 vom Diözesansteuerausschuss beschlossenen Sparmaßnahmen.

Unterschiedliche, wenn auch vorwiegend positive Erfahrungen mache man in der Diözese mit dem „Förderprogramm für ausländische Priester“. Der Kontakt mit Priestern aus Afrika, Indien oder Polen diene der Völkerverständigung und ermögliche eine „konkrete Erfahrung von Weltkirche“. Vor allem im Blick auf die Eucharistiefeier am Sonntag sei die Mitarbeit ausländischer Priester eine wertvolle Hilfe für die Seelsorge. Der Dienst ausländischer Geistlicher, die das dreijährige Förderprogramm absolviert haben, sei in der Regel auf einige weitere Jahre befristet. In Einzelfällen gebe es auch die Möglichkeit, dass die Priester inkardiniert, also in den Klerus der Diözese übernommen werden. Die Diözesanleitung lege besonderen Wert darauf, dass die Priester über gute Sprachkenntnisse verfügen. Wie auch Wortmeldungen aus dem Gremium bestätigten, gebe es in den Gemeinden grundsätzlich große Aufgeschlossenheit gegenüber den Priestern aus dem Ausland, vor allem wenn das Bemühen erkennbar sei, sich auf die Gegebenheiten vor Ort einzustellen. Dennoch könnten nicht immer alle Erwartungen erfüllt werden. Mittelfristig werde im Zusammenhang mit den notwendigen Sparmaßnahmen das Projekt wohl auslaufen, so Generalvikar Limbacher. Derzeit sind sieben Priester in dem dreijährigen Förderprogramm. Zwei weitere, für die es bereits seit längerem feste Zusagen gibt, werden noch folgen.

Der Neustrukturierungsprozess in den Gemeinden des Bistums ist weitgehend abgeschlossen. Darüber informierte Seelsorgeamtsleiter Domkapitular Rainer Brummer die Vollversammlung. Von 52 vorgesehenen Seelsorgeeinheiten seien mittlerweile 49 offiziell und rechtskräftig durch den Bischof eingerichtet, davon zwei mit einem Sonderstatus. Lediglich bei drei Seelsorgeeinheiten gebe es noch Klärungsbedarf. Bei den meisten der Pfarrverbünde oder Pfarrverbände bestünden bereits feste Kooperationsvereinbarungen, die eine überpfarrliche Zusammenarbeit etwa im Bereich der Taufvorbereitung und Sakramentenpastoral oder der Jugendarbeit vorsehen. Das Seelsorgeamt der Diözese Eichstätt biete - teilweise in Kooperation mit andere Abteilungen - unterstützende Maßnahmen an, so die Gemeindeberatung oder ein spezielles Training für Leiter einer Seelsorgeeinheit. Wichtig sei jetzt, so Domkapitular Brummer, das Neue in die Tat umzusetzen und Strukturen mit Leben zu erfüllen. Für das Gelingen sei der Dienst der Ehrenamtlichen unverzichtbar.

 

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