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22.06.2009

„Konfliktkultur“ verbessert - Caritas führte Streitschlichterprojekt mit sieben Kindertageseinrichtungen durch

Eichstätt. (pde) - Ein Streitschlichterprojekt in sieben katholischen Kindertageseinrichtungen des Bistums Eichstätt hat zu einer positiveren „Konfliktkultur“ geführt. Nach zwei Auswertungen vor und nach dem Projekt an der Katholischen Universität Eichstätt Ingolstadt verhalten sich Kinder dort nun weniger verbal sowie körperlich aggressiv und fühlen sich Erzieherinnen sicherer in Konfliktsituationen. An dem Projekt in den vergangenen zwei Jahren beteiligten sich die Kindertageseinrichtungen St. Augustin, St. Monika, St. Elisabeth und St. Pius in Ingolstadt, St. Sebald Schwabach, St. Michael Großweingarten und das Haus Johannes in Batzhausen. Organisiert und durchgeführt wurde es vom zuständigen Referat des Caritasverbandes für die Diözese Eichstätt, begleitet von den Mediatorinnen Stefanie Potsch-Ringeisen und Jutta Haggenmiller. Jeweils mehrere Erzieherinnen nahmen an insgesamt 13 Tagesveranstaltungen zum Thema „Mediation in Kindertagesstätten“ im Eichstätter Priesterseminar teil und setzten dort gewonnene Erkenntnisse in ihren Einrichtungen mit Vorschulkindern um.

„Man kann den Umgang mit Streit verändern, wenn man bestimmte Verhaltensweisen einübt“, weiß Edith Schmitz, Leiterin des Caritasreferates Kindertageseinrichtungen und Mediatorin. Angesichts von Diskussionen in der Gesellschaft, Kinder würden immer aggressiver und orientierungsloser erzogen, erschien es ihrem Referat vor gut zwei Jahren sinnvoll, ein Streitschlichterprojekt in einigen Einrichtungen durchzuführen. „Ferner passte dies gut zum Auftrag des Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplans, verstärkt soziale Kompetenzen von Kindergartenkindern zu fördern, sowie zur religiösen Ausrichtung unserer Tagesstätten überhaupt“, so Schmitz.

Von der Schiedsrichterin zur Begleiterin

Erzieherinnen haben mit dem Erlernten bei den Tagesveranstaltungen in ihren Einrichtungen zunächst bestimmte Regeln eingeführt wie „Jeder kann aussprechen“ oder „Niemand wird ausgelacht“. Ferner seien bestimmte Verhaltensweisen erlernt worden durch Vereinbarungen wie zum Beispiel „Wir üben zuhören, was der andere gesagt hat“ oder „Wir üben Ich-Botschaften“: In diesen Botschaften wird ein anderer nicht verurteilt, sondern werden eigene Gefühle und Bedürfnisse mitgeteilt, zum Beispiel mit „Es tut mir weh, wenn du mich an der Jacke ziehst“ statt „Du bist blöd …“.  Als symbolischen Ort zur Streitschlichtung wurde ein „Knotenlöserzimmer“ oder eine entsprechende Ecke in einem Raum eingerichtet. Bei einem Streit versammeln sich die betroffenen Kinder dort um ein Seil mit einem Knoten, den es zu lösen gilt. Die Rolle der Erzieherin ändert sich dabei „von der Schiedsrichterin zur Begleiterin“, erklärt Edith Schmitz. „Sie schickt nicht die Streithähne in verschiedene Ecken, sondern versammelt sie, fasst Sichtweisen der Kinder zusammen und hilft ihnen so, selbst zu einer Streitlösung zu kommen.“ In verschiedenen  Phasen der Mediation, also Vermittlung zur Beilegung eines Konfliktes, würden so verschiedene Problemansichten dargestellt, Gefühle und Bedürfnisse der Kinder besprochen und schließlich eine dauerhafte Lösung „verhandelt“ wie zum Beispiel: „Hans darf in der Gruppe wieder mitspielen, was diese vorher nicht mehr wollte. Bedingung: Er passt sich an, indem er andere Kinder nicht mehr anschreit.“

Fragebogen-Auswertungen der Katholischen Universität von den beteiligten Erzieherinnen vor und nach dem Streitsschlichterprojekt ergaben unter anderem: Vor dem Projekt gaben knapp 40 Prozent an, dass Vorschulkinder zur Konfliktlösung „oft“ physische Gewalt anwenden und nur 17 Prozent meinten, dies sei „nie“ der Fall. Anschließend meinten hingegen 37 Prozent, physische Gewalt käme „nie“ zum Einsatz und nur noch rund 15 Prozent, dies sei „oft“ der Fall. Bezüglich „verbaler Gewalt“ meinten knapp 58 Prozent der Befragten vor dem Projekt, Konflikte würden „sehr oft“ oder „oft“ auf diese Weise „gelöst“. Anschließend gaben fast genau so viele an, dies sei „selten“ oder „nie“ der Fall.

Jetzt auch weniger Scheu vor Konflikten

Für Edith Schmitz sind weitere wesentliche Ergebnisse, die sie aus Rückmeldungen aus den beteiligten Einrichtungen erfahren hat: „Die Kinder haben die Erzieherinnen wesentlich weniger bei Konfliktsituationen in Anspruch genommen als vorher, sie haben selbst Vereinbarungen getroffen. Viele artikulieren jetzt stärker ihre Gefühle und haben aber auch weniger Scheu vor Konflikten.“ Schließlich sei Streit an sich nichts Negatives, sondern etwas Wertvolles, an dem man reifen könne, aber es komme darauf an, wie man mit ihm umgeht, so die Caritas-Referatsleiterin und Mediatorin. Dass es zu einem neuen Umgang mit Streit in den beteiligten katholischen Kindergärten gekommen sei, hätten ihr mehrere Erzieherinnen mitgeteilt. Ferner, dass diese durch das Projekt nicht nur im Kindergarten an Sicherheit gewonnen hätten, sondern auch für ihr persönliches Leben.

Nach Information von Edith Schmitz sollen in Zukunft auch für Erzieherinnen der anderen katholischen Kindertageseinrichtungen Mediationsveranstaltungen angeboten werden, wenngleich nicht im Umfang des abgeschlossenen Pilotprojektes im Bistum Eichstätt.

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