Interessante Vergleiche zwischen den Sichtweisen der westlichen und der östlichen Kirche entstehen außerdem, weil das Domschatz- und Diözesanmuseum Eichstätt Schätze aus seinem Depot für die Ausstellung zur Verfügung stellte und Eichstätter Künstler, die Bildhauerfamilie Graf, Rupert Fieger und Georg Fieger ihre Arbeiten beigesteuert haben.
Jesus –Wer bist du? Eine Ausstellung
Das Collegium Orientale (COr) in Eichstätt zeigt bis zum 25. Juli in seinen Räumen eine Ausstellung zu Christusmotiven in Ost und West und fragt sich: Wer ist Jesus? Die Suche nach einer Antwort.
Man könnte fast von einer kleinen Tradition sprechen, die sich da gerade bildet, mit den kleinen, aber feinen Ausstellungen, die das Collegium Orientale (COr) jeweils in zeitlicher Nähe zu seinem Jahresfest ausrichtet. Heuer war das 1.700-jährige Jubiläum des Ökumenischen Konzils von Nizäa Anlass, sich dessen zentraler Frage zu widmen: Wer ist Jesus Christus? So direkt und unverstellt der Titel der Schau - „Jesus, wer bist du? -, so klar und direkt antworten die rund 30 Kunstwerke, historische und zeitgenössische Ikonen, sakrale Bilder und Skulpturen, die der Kurator der Ausstellung Vizerektor Markiian-Illia Mykytschyn zusammengetragen hat.
Die historischen Ikonen stammen aus dem Besitz des Collegiums, einige moderne Arbeiten noch lebender Künstler waren bereits in Sonderausstellungen – unter anderem in Eichstätt – zu sehen. Direkt für diese Ausstellung entstanden ist eine Jesus-Ikone, die ein Künstler in Kiew schuf, zwei Tage vor Ausstellungsbeginn holte Mykytschyn sie persönlich in Polen ab.

Wie sah Jesus aus?
Die Ausstellungseröffnung Ende Mai in der Kapelle des COr setzte sich merklich ab vom oft eitlen Schaulaufen nach immer gleicher Tagesordnung, das für Präsentationen bildender Kunst mittlerweile kanonisch geworden zu sein scheint. Hier wird zunächst gesungen und gebetet, ohne dass die kunsthistorische oder künstlerische Einordnung durch Experten oder Kunstschaffende zu kurz käme. Die besondere Wertschätzung, die diese Form der Vernissage zum Ausdruck bringt, war auch an diesem frühen Abend wieder spürbar und bereitete in ungewohnt einfühlsamer Weise auf eine tiefere Begegnung mit der Kunst vor.
„Jesus solle nicht Objekt nüchterner Betrachtung nach Kategorien sein, sondern Subjekt in einer Begegnung“, so lautete der Wunsch, den der Rektor des COr, Oleksandr Petrynko, in seiner Begrüßung äußerte. Das Kunstwerk soll immer eine potentielle Antwort auf die ganz persönliche Frage. Als „ausgewiesene Fachfrau für Kunst und Kultur“ wurde die Kunsthistorikerin und Leiterin des Domschatz- und Diözesanmuseums Eichstätt, Dr. Claudia Grund, begrüßt. Sie modifizierte die titelgebende Frage und lud in zehn Minuten zu einem gerafften Ritt durch die Ikonografie der Christusdarstellung in zwei Jahrtausenden.

Wie sah Jesus aus, fragte sie und zeigte, wie sich nach dem anfänglichen biblischen Bilderverbot, das die ersten christlichen Jahrhunderte weitestgehend prägte, wie durch Wunder entstanden Bilder erschienen, die zunächst der gemeinsamen Vorstellung entsprachen, wie sie das sogenannte Mandylion und das vera Icon (= wahre Gesicht) zeigen, das viel später mit der Legende vom Schweißtuch der Veronica in Verbindung gebracht wurde. Beide präsentierten das Antlitz eines jungen, bald bärtigen Mannes mit mittelgescheitelter Frisur und ebenmäßigen, würdevollen Gesichtszügen, der den Betrachter direkt ansah.
Mit dem Aufkommen des Bildtypus des Pantokrators (Weltenherrscher) begann die Trennung in der bildlichen Auffassung. Die Ostkirche veränderte die Ikonografie bis in die Gegenwart nur noch geringfügig, während die Darstellungen Jesu in der westlichen Kirche zum Spielball aller folgenden Epochen und künstlerischen Versuche wurde.

„Er ist so nah“
Auch einige der Kunstschaffenden waren bei der Eröffnungsfeier anwesend. Der Eichstätter Bildhauer Rafael Graf etwa erzählte Entstehungs- und Wirkungsgeschichten zu den Arbeiten aus seiner Familie, Hinweise, die die Annäherung an zunächst stumme und verschlossene Objekte erleichtern konnten. „Künstler sind für uns Theologen eine große Hilfe, das auszudrücken, was wir nicht sagen können“, meint Vizerektor Mykytschyn mit aufrichtiger Bewunderung für die versammelten Arbeiten.
Direkt ins Auge fällt die größte Ikone der Präsentation, die eingangs erwähnte eines Kiewer Künstlers, die eigens für die Eichstätter Ausstellung entstand. Doch sie zieht nicht zuerst wegen ihrer Größe die Blicke auf sich. Es ist der sanfte, aber bezwingende Blick Jesu. Mykytschyns Vater, der in der Ukraine lebt, kümmerte sich darum, dass dieser Coup gelingen konnte. Von seinem Sohn am Telefon ungeduldig gefragt, wie denn die vollendete Ikone auf ihn wirke, antwortete der Vater: „Er ist so nah. Er weiß alles“.
Mehr zur Ausstellung unter www.collegium-orientale.de
Michael Heberling für [inne]halten
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