„Ohne Hoffnung verliert das Leben seinen Sinn“
So sehr sich die Menschen in Kriegszeiten Frieden wünschen, so stark hoffen diejenigen, die schwer erkranken, auf Wiedererstellung ihrer Gesundheit. So ist Hoffnung auch ein Thema in der Medizin. Sie kann therapeutische Wirksamkeit haben – so eine Annahme – oder zumindest dem Patienten oder der Patientin Halt geben. Für den Medizinethiker Giovanni Maio, Herausgeber des Buches „Die Kunst des Hoffens“ (2016 im Herder Verlag erschienen), liegt das Faszinierende der Hoffnung gerade in ihrem Doppelcharakter: „Sie bezieht sich auf grundsätzlich Realisierbares und zugleich impliziert sie das Anerkennen der Unverfügbarkeit und Nichtgarantierbarkeit des Erhofften“. Hoffnung, sagt Maio, klingt in einer von Naturwissenschaft und Technik geprägten Zeit jenseits des Rationalen, wenn nicht gar jenseits des Aufklärerischen. „Dennoch ist Hoffen eine zutiefst menschliche Fähigkeit, ohne die wir nicht existieren könnten.“ Ähnlich steht es in der Bibel: Ohne Hoffnung verliert das Leben seinen Sinn (Klagelieder 3,18 und Hiob 7,6). Hoffnung, das ist für Maio: „Nicht wissen und doch vertrauen, vertrauen gegen alle Wahrscheinlichkeit“. Hoffende bezeichnet er als Möglichkeitssucher: „Das ist das Besondere der Hoffnung: Man baut darauf, dass egal, was die Zukunft bringt, man sie bewältigen wird.“
„Hoffnungsbarometer 2025“
Diese Zuversicht macht den Unterschied zwischen Hoffnung und bloßem Wunschdenken oder Optimismus. „Blinder Optimismus kann gefährlich sein, wenn man die Risiken kleinredet. Wer hofft, schaut den Problemen ins Auge, bleibt aber zuversichtlich“, sagt der Psychologe und Zukunftsforscher Andreas Krafft. Hoffnung sei eine Grundhaltung, in Krisen nicht zu kapitulieren, sondern dagegen anzukämpfen. Krafft ist Dozent der Universität St. Gallen (Schweiz) und Leiter der internationalen Studie „Hoffnungsbarometer“, die seit 2009 durchgeführt wird. Dafür werden inzwischen Menschen in 19 Ländern befragt. Erste Ergebnisse des neuen „Hoffnungsbarometers 2025“ wurden gerade erst veröffentlicht. Demnach gehen langfristig die meisten Menschen vor allem in den reichen Ländern Europas von einer krisen- und konflikthaften globalen Zukunft aus. Dagegen geben die Befragten in den ärmeren Ländern den Glauben an eine bessere Zukunft nicht auf.
„Die allermeisten Menschen wünschen sich eine Zukunft geprägt von Nachhaltigkeit, Harmonie und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Materieller Wohlstand sowie soziale und ökologische Nachhaltigkeit sollten allerdings nicht in Widerstreit stehen. Dies erwarten vor allem die Befragten in den ärmeren Ländern“, fasst Andreas Krafft zusammen. Die Natur sowie soziale Beziehungen, insbesondere die Familie, sind für viele Menschen die wichtigsten Quellen von Hoffnung. Religiöse Erfahrungen spielen dabei eine untergeordnete Rolle. „Die aktuellen Ereignisse in der Welt bereiten vielen Menschen Sorgen und lösen manchmal auch Zukunftsängste aus. Aber gerade in solchen Situationen hoffen Menschen auf ein besseres Leben, auf eine friedvolle, gerechte und nachhaltige Welt“, lautet ein Fazit der Studie: „Worauf es für die meisten Menschen in Zukunft ankommt, ist mehr Nachhaltigkeit, sozialer Zusammenhalt, Harmonie und Friede.“ Soweit die messbare weltliche Sicht auf Hoffnung.