Die Martinskirche prägt mit ihrer markanten Silhouette das Bild des Städtchens Greding. Diese Kirche ist nicht nur ein sehenswertes Schmuckstück und gut erhaltenes romanisch geprägtes Baudenkmal, sie beherbergt obendrein eine der wertvollsten und spannendsten Glockenanlage aus dem Fundus der Glockendatenbank der Diözese Eichstätt.
Schon in der "Matrikel des Bisthums Eichstätt nach dem Stande des Jahres 1875" werden für die Gredinger Martinskirche außergewöhnlich viele Glocken aufgeführt. Im Einzelnen sind dies zwei 1696 gegossene Exemplare des Neuburger Gießers (Johann) Schelchshorn, zwei 1722 gefertigte Glocken von (Matthias) Stapf aus Eichstätt, sowie ein Instrument des Nürnberger Gießers (Christian Victor) Herold aus dem Jahr 1754. Mit insgesamt fünf Glocken ist dies für das ausgehende 19. Jahrhundert ein sehr beachtliches Ensemble, vor allem wenn man bedenkt, dass zu dieser Zeit über dreiviertel der Türme auf Eichstätter Diözesangebiet mit zwei, maximal drei Glocken bestückt waren.
Auch in den Meldebögen des Jahres 1941 sind fünf Glocken beschrieben: Ein 1696 durch den Neuburger Gießer Johann Schelchshorn gefertigtes Exemplar mit ungefähr 1.300 mm Schärfendurchmesser und ca. 1.100 kg Gewicht, zwei im 14. Jahrhundert gegossene Instrumente unbekannter Meister mit etwa 940 mm, bzw. 470 mm Schärfendurchmesser und einem vermutlichen Gewicht von 450 kg, bzw. 58 kg, eine Glocke des Eichstätter Gießers Matthias Stapf mit etwa 700 mm Schärfendurchmesser und 210 kg Gewicht, sowie ein 1754 gegossenes Glöckchen des Nürnberger Gießers Christian Victor Herold.
Für die Stapf-Glocke ist als Gußjahr das Jahr 1722 angegeben; da Stapf aber erst 1727 geboren worden, und erst ab 1760 - nach dem Tode seines Stiefvaters Matthias Perner - selbstständig als Glockengießer tätig gewesen ist, dürfte diese Angabe auf einem Lesefehler beruhen. Als Gußjahr wahrscheinlicher ist das Jahr 1792: die Ziffern "2" und "9" sind in Stapfs Ziffernsatz relativ ähnlich, und werden daher des Öfteren verwechselt.
Die Angaben in den 1941er Meldebögen lassen einerseits darauf schließen, dass während des ersten Weltkriegs vermutlich keine Glocke dieses Ensembles abgeliefert werden musste, anderseits aber auch darauf, dass die Angaben von 1875 zwar die korrekte Anzahl der Glocken wiedergegeben, in Bezug auf die aufgezählten Gießer aber wohl fehlerhaft sind.
Trotz des bis zu diesem Zeitpunkt geschlossen erhalten gebliebenen historischen Glockenbestands wurden von den Machthabern des Dritten Reichs nun aber mit Ausnahme der Kessler-Glocke alle anderen Glocken beschlagnahmt, und damit 80 Prozent dieses bedeutenden Ensembles zur Zerstörung freigegeben. Wie durch ein Wunder haben ersteinmal alle vier Glocken den Krieg überlebt; sie konnten auch anhand der eingestanzten / mit Farbe aufgemalten Ablieferungs-Nummern zweifelsfrei rückgeführt werden. Mit Schreiben vom 29. Juli 1947 meldete der damalige Gredinger Stadtpfarrer allerdings, dass zwar alle Glocken der Gredinger Martinskirche wieder vereint wären, die Stapf-Glocke jedoch sei gesprungen und wohl nicht mehr brauchbar.
Anfragen bei den Glockengießereien Lotter und Hamm, ob diese die beschädigte Glocke schweißen könnten, wurden negativ beschieden. Auch das Glockenschweißwerk Lachenmeyer scheint aufgrund der beschriebenen Schwere des Schadens von einer Restaurierung eher Abstand nehmen zu wollen. Dem weiteren Schriftverkehr zwischen Pfarramt, Landesamt für Denkmalpflege und Bischöflichem Ordinariat nach zu urteilen, scheint sich daraufhin ein örtlicher Schlosser an der Schweißung dieser Glocke versucht zu haben. Das Ergebnis war allerdings eine nunmehr völlig zerstörte Glocke, so dass diese von den Behörden schließlich zum Umguss freigegeben worden ist.
1950 erhielt schließlich der Erdinger Glockengießer Karl Czudnochowsky den Auftrag, die schwer geschädigte Stapf-Glocke umzugießen. Abgesehen von dem Verlust dieser Glocke, der Elektrifizierung des Glockenantriebs im Jahr 1956, sowie dem Austausch der Klöppel, der Umarbeitung einzelner Joche, sowie dem Austausch von Beschlägen hat sich damit in Greding der komplette Glockenbestand erhalten, wie er mit großer Wahrscheinlichkeit seit 1754 auf dem Turm anzufinden gewesen ist.