Zum Inhalt springen
11.05.2012

Gesetzesänderung für Kindertageseinrichtungen war Thema bei Caritastagungen

Prof. Dr. Ferdinand Rohrhirsch

Prof. Dr. Ferdinand Rohrhirsch ermutigte zu Führung durch mehr Ethik und weniger Technik. Foto: Caritas/Esser

Mit der Novellierung des Bayerischen Kinderbildungs- und –betreuungsgesetzes und mit dem Thema „Führung durch Persönlichkeit. Mehr Ethik – weniger Technik“ haben sich Verantwortliche der katholischen Kindertagesstätten im Bistum Eichstätt auseinandergesetzt.

Eichstätt - Mit der Novellierung des Bayerischen Kinderbildungs- und –betreuungsgesetzes (BayKiBiG) und mit dem Thema „Führung durch Persönlichkeit. Mehr Ethik – weniger Technik“ haben sich Verantwortliche der katholischen Kindertagesstätten im Bistum Eichstätt diese Woche auseinandergesetzt. Zu zwei Nachmittagsveranstaltungen im Bildungshaus Schloss Hirschberg waren insgesamt über 200 Trägervertreter und Leiterinnen der Einrichtungen einer Einladung des zuständigen Caritasreferates gefolgt. Zu den vorgesehenen gesetzlichen Neuerungen ab September dieses Jahres erklärte Referatsleiterin Edith Schmitz, dass sie aus Sicht bayerischer Diözesen und katholischer Verbände noch viele Wünsche offen lassen. Bei einem Vortrag über „Führung“ stellte der außerplanmäßige Professor für Philosophie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, Dr. Ferdinand Rohrhirsch, klar, dass es hierfür nicht auf das Beherrschen neuester Führungstechniken ankomme, sondern auf Ethik und Glaubwürdigkeit durch natürliche Autorität als Person.

Nach den Worten von Edith Schmitz überzeugt aus Sicht katholischer Träger am Entwurf des überarbeiteten BayKiBiG lediglich, dass die Gastkinderregelung abgeschafft und die Landkindergartenregelung verbessert werden sollen. Die Gastkinderregelung sieht folgendes vor: Wenn Kinder eine Einrichtung besuchen, die nicht in ihrer Aufenthaltsgemeinde liegt, hat diese Gemeinde den diese Kinder betreffenden Anteil der Förderung zu tragen, wenn sie selbst nicht über genügend Plätze verfügt. Die Caritas-Referatsleiterin begrüßte die Abschaffung dieser Regelung, „da sie eine Verwaltungsvereinfachung darstellt und dem Wunsch- und Wahlrecht von Eltern entspricht“. Begrüßenswert sei zudem, dass Landkindergärten mit wenigen Kindern in Zukunft finanziell besser gefördert werden sollen. Um deren Existenz zu sichern, ist vorgesehen, dass sie nicht mehr nur für 22 Kinder, sondern für 25 abrechnen können, obwohl sie in Wirklichkeit wesentlich weniger Kinder betreuen.

Eine geplante Absenkung des Anstellungsschlüssels von derzeit einer pädagogischen Fachkraft für rechnerisch 11,5 Kinder auf 11 Kinder stellt die katholischen Diözesen und Verbände jedoch nicht voll zufrieden. „Ein Anstellungsschlüssel von 1:10,0 ist auf der Grundlage fachlicher und wissenschaftlicher Erkenntnisse im Hinblick auf die Qualitätsforderungen absolut erforderlich, wie dies bereits früher von uns vorgetragen wurde“, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme von Diözesen, Caritas und des Verbandes katholischer Kindertageseinrichtungen in Bayern, auf die Schmitz verwies. Andererseits fordern diese aber auch, dass es aufgrund des derzeitigen akuten Personalmangels nicht zu Förderkürzungen für Einrichtungen kommen dürfe, die ein besseres Betreuungsverhältnis kurzfristig nicht einhalten. „Eine Verbesserung des Anstellungsschlüssels muss daher zwingend mit einer verbesserten finanziellen Leistung durch die öffentliche Hand verbunden sein“, verlangen die Diözesen und Verbände. Dafür verweisen sie auf Modellrechnungen, nach denen für eine ausreichende fachliche Weiterentwicklung statt veranschlagter 33 Millionen Euro etwa 85 Millionen erforderlich seien. Hinsichtlich einer besseren Teilhabe von Kindern mit Behinderung stellen die katholischen Träger fest, dass der vorliegende Gesetzesentwurf zwar Inklusion fordere, „jedoch keine expliziten finanziellen oder personellen Rahmenbedingungen dafür“ aufstelle. Verbesserungen fordern sie zum Beispiel dadurch, dass „nebeneinander vorhandene Gewichtungsfaktoren addiert werden und sich nicht gegenseitig ausschließen“. Das hieße zum Beispiel, dass für ein behindertes Kind mit Migrationshintergrund sowohl die Problematik „Behinderung“ als auch „andere Herkunft“ berücksichtigt würde – und nicht nur eine von beiden.

Nach dem Wesen des Menschen fragen

Um die Bedeutung des Themas „Führung durch Persönlichkeit“ hervorzuheben, wies Prof. Dr. Ferdinand Rohrhirsch auf ein wesentliches Ergebnis einer Gallup-Umfrage hin: „Mitarbeiter kündigen nicht dem Unternehmen, sondern den unmittelbaren Vorgesetzen.“  Um Führungsfähigkeit zu erlangen, riet der Referent den Trägervertretern und Leiterinnen der Kindertagesstätten aber nicht, populäre Führungsliteratur zu studieren, in denen man Vokabeln wie Motivator, Blockadelöser, Zielvereinbarer oder Visionär finde. Auch Kurse und Workshops, die in immer schnelleren Abständen „noch intelligentere und effizientere Führungstools“ vorstellen, führen nach seiner Überzeugung nicht zum Erfolg. Im „stets rotierenden Hamsterrad der neuesten Führungstechniken“, so Rohrhirsch, werde eine triviale Einsicht übersehen: „Noch nie ist einer durch sein Werkzeug zum Meister geworden, wohl aber kann ein Meister mit Werkzeugen umgehen.“ Führungsaufgaben könnten nicht allein durch das Wissen bloßer Tatsachen oder Informationen gut geleistet werden, sondern indem diese erklärt und bewertet werden. Damit sei Führung immer an Personen gebunden. Es komme auf Freiheit, Achtung, Wille und Selbstverantwortlichkeit an. Wer andere motivieren möchte, „der kann dies nicht im Sinne eines Ursache-Wirkungsschemas erreichen“, sondern müsse nach dem Wesen des Menschen fragen: „Wer ist denn der, der führt, und wer ist der, der geführt werden soll?“ Geführt werden wollten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur von Menschen, die glaubwürdig sind und bei denen natürliche Autorität spürbar ist. Dafür wiederum sei es wichtig, dass der Führende sich selbst unter die Ansprüche der Sache stellt, für die er Führung beansprucht. Wenig überzeugend sei es, wenn jemand vorgebe, neutral führen zu wollen: „Das wirkt nie objektiv, jedoch kalt und unnahbar“, so der Philosophieprofessor. Einer Kindergartenleiterin, die sich mehr „Coaching“ für ihre Arbeit wünschte, sagte Rohrhirsch, der auch als freiberuflicher Coach und Berater tätig ist, dies könne sinnvoll sein, solange dies unter Gleichgestellten geschieht. Er riet aber von Coaching zwischen hierarchisch unterschiedlich gestellten Personen in einem Unternehmen ab.

Der Professor erläuterte seine Überzeugungen nicht nur philosophisch, sondern auch biografisch. Er habe seinen eigenen beruflichen Weg nicht zuletzt deshalb gefunden, weil ihn an der Fachoberschule zunächst „ein begeisternder Lehrer mit leuchtenden Augen“ zum Interesse an Literatur gebracht habe und später ein ebenso begeisternder Professor an der Universität zur Philosophie. Bei diesen Persönlichkeiten mit natürlicher Autorität habe er verspürt: „Was die sagen, geht mich etwas an.“ Den Verantwortlichen für die Arbeit im Kindergarten empfahl Rohrhirsch, „immer wieder einmal untereinander über ihre Arbeit zu philosophieren und sich zu vergewissern: Wofür sind wir überhaupt da?“ Caritas-Referatsleiterin Edith Schmitz versicherte, dass bei den nächsten Leiterinnenkonferenzen mit diesen Gedanken weitergearbeitet werde.

Weitere Meldungen

Die Stabsstelle Medien und Öffentlichkeitsarbeit veröffentlicht kontinuierlich aktuelle Nachrichten aus dem Bistum. Zur Übersicht.

Videos

Videos zu Themen aus dem Bistum Eichstätt. Zur Übersicht.

Audios

Audios zu Themen aus dem Bistum Eichstätt. Zur Übersicht.