Im Zentrum der Wort-Gottes-Feier, der Doppelpredigt, die Pfarrer Markus Fiedler und Härtl zusammen halten, und eines Vortrags mit dem Titel „Spiritualität als Inspiration und Herausforderung in der Kunst“, steht eine Arbeit Thao Ngyen Phans (41). Von der Decke herabhängende trockene Stängel der Jutepflanze bilden einen transparenten Vorhang, der hinter dem Volksaltar angebracht tatsächlich an ein überdimensioniertes Fastentuch erinnert. „No Jute Cloth for the Bones“ heißt die 2019 entstandene, interaktive Installation, die fortlaufend modifiziert und dem jeweiligen Ausstellungsort angepasst wird, so gab es auch schon eine 40 Meter lange Variante des Werkes. Der Titel, der übersetzt „Kein Jutetuch für die Knochen“ lautet, geht auf eine wahre Begebenheit im Zweiten Weltkrieg zurück. Die japanischen Besatzer zwangen die Bewohner im Delta des Roten Flusses in Nordvietnam, ihre Reispflanzen zu roden und stattdessen Jute anzubauen, was Dürren, Überschwemmungen und eine beispiellose Hungersnot zur Folge hatte, der viele Menschen zum Opfer fielen.
Fastenzeit mit allen Sinnen: Aschermittwoch der Kunstschaffenden und Publizierenden
Kopenhagen – Postbauer-Heng – Paris: Es ist fraglich, ob sich die Nennung des Marktes im Oberpfälzer Landkreis Neumarkt in einem Atemzug mit den Metropolen der zeitgenössischen Kunst einbürgern wird. Für rund 40 Tage ist es aber eine unwiderlegbare Wahrheit. Eine Arbeit der international erfolgreichen Vietnamesin Tao Ngyen Phan, die eben noch in Kopenhagen zu sehen war, kann man bis zum Vorabend des Palmsonntags in der Pfarrkirche St. Elisabeth erleben. Dann wandert sie weiter nach Paris.
Die temporäre Kunstinstallation ist ein ungewöhnliches Fastenzeit-Projekt der jüngsten Gemeinde des Bistums und Anlass, den „Aschermittwoch der Künstler und Publizisten“ im Bistum Eichstätt, zu dem Bischof Gregor Maria Hanke alle zwei Jahre die Kunstschaffenden und Medienleute seiner Diözese einlädt, hier stattfinden zu lassen. Bereits zum zweiten Mal traf man sich in Postbauer-Heng, wo das Bemühen um neue Wege und Formen der Wissens- und Glaubensvermittlung und -erfahrung seit 2023 einen Namen hat: „Tragwerk 7“. Die Frauen und Männer, die sich hier auf ganz unterschiedliche Weise kreativ einbringen, haben sich zur Ausrichtung der Aschermittwochs-Veranstaltung um Christoph Härtl versammelt. Der Kunsthistoriker, der aus der Pfarrei stammt und sich vielfältig dort engagiert, hat den Kontakt zur Künstlerin hergestellt.


Für die Künstlerin wird das Geräusch, das durch das Rascheln der herabhängenden trockenen Halme entsteht, zu einem „Wiegenlied über den untröstlichen Verlust von Leben“, es markiert den nur schwer fassbaren Moment des Sterbens in seiner ganzen Radikalität. Hier berühren sich das Narrativ des Kunstwerks und die Botschaft des Aschermittwoch, die sich in dem Satz zusammenfasst, den Bischof Hanke und Pfarrer Markus Fiedler jedem Einzelnen sagen, dem sie das Aschekreuz spenden: „Bedenke Mensch, dass du Staub bist und zu Staub zurückkehrst“.

Dieser Aschermittwoch spricht alle Sinne an und vermag genau das, was Bischof Hanke in seinen Begrüßungsworten formulierte: den Blick zu weiten und die Perspektiven mutig zu ändern. Und sogar interaktiv wird die Veranstaltung – spätestens ab dem Moment, in dem die Besucherinnen und Besucher sich dem Kunstwerk nähern, es berühren dürfen und dies mit sichtlicher Begeisterung tun. Interaktion auch bei der Musik. Birka und Michael Falter sind das Duo „individuo“ und steuern ein eigens komponiertes Musikstück bei: eine zwei-chörige Lied-Improvisation zu „Dona nobis pacem“, die sie vor Beginn der Wort-Gottes-Feier mit dem Publikum einüben. Der vielstimmige Wunsch nach Frieden im Neben- und Miteinander der Töne und Melodiebögen soll „an das sachte Miteinander- und Aneinander-Schwingen der Jute-Stäbe erinnern“, wünschen sie sich. Der Austausch im hinteren Teil der Kirche, mit dem der Aschermittwoch der Künstler am späten Nachmittag ausklingt, spricht dann noch ein letztes Mal, diesmal mit Brot und Wein, die Sinne an – in aller fastenzeitlichen Bescheidenheit.
Text: Michael Heberling
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