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25.11.2003

„Es geht um praktiziertes Christentum“ - Das Referat Weltkirche der Diözese Eichstätt koordiniert hunderte von Entwicklungshilfe-Projekten

Eichstätt. (pde) - Nachrichten aus allen Kontinenten laufen bei Gerhard Rott im Referat Weltkirche der Diözese Eichstätt zusammen. Ein Eichstätter Priester meldet sich per E-Mail aus Bolivien und erzählt von der unsicheren politischen Lage. Eine junge Frau, die als „Missionarin auf Zeit“ gerade aus Nicaragua zurückgekehrt ist, erholt sich in seinem Büro von dem Kulturschock. Eine Klosterschwester berichtet am Telefon von ihrer Arbeit in Brasilien. Gerhard Rott managt die Beziehungen der Diözese Eichstätt in alle Welt. Hunderte von Projekten werden koordiniert: Brunnenbohrungen, Essenspakete und der Bau von Schulgebäuden, Aids-Aufklärung in Afrika oder Rechtsberatung für misshandelte Frauen in Indien, die Bekämpfung von Lepra in Brasilien oder Friedensarbeit in Bosnien. Jedes Projekt wird genau geprüft. „Es geht nicht darum, nach außen etwas darzustellen“, so beurteilt Rott die Aktivitäten des Referats Weltkirche. „Es geht um praktiziertes Christentum.“

Zwölf Partnerschaften hat das Bistum Eichstätt zur Zeit auf Diözesanebene laufen, neun davon als Partnerschaften von kirchlichen Verbänden. Die Pfadfinder zum Beispiel haben Kontakte nach Polen und Südafrika. Nach dem Motto „Hand anlegen und zupacken“ halfen die jungen Leute beim Bau einer Schule, die Diözese übernahm einen Teil der Materialkosten. Kolping pflegt Beziehungen nach Peru und in die Slowakei, die katholische Landjugendbewegung hilft jungen Leute im Senegal. Der BDKJ unterhält eine Partnerschaft mit Koforidu in Ghana. Die pax-christi-Stelle des Bistums Eichstätt unterstützt eine Friedensgruppe in Bosnien: In Banja Luka, der Hauptstadt Bosniens, wird das Geld für Sozialarbeit und Beratungsdienste in Menschenrechtsfragen ausgegeben. Mitglieder von verfeindeten Volksgruppen lernen in Workshops Methoden der gewaltfreien Kommunikation oder kommen unter dem Motto „Hallo Nachbar“ in Stadtteiltreffs zusammen. Und dann fördert das Bistum Eichstätt Projekte, die weder in der Presse noch im Internet publiziert werden: Sie sollen im Stillen ablaufen. Manchmal ist es besser, wenn die staatlichen Stellen diktatorisch geführter Länder nicht wissen, mit welchen Geldern aus Deutschland die katholische Kirchengemeinden in ihrem Land unterstützt werden.

Schwerpunkte des Referats Weltkirche liegen in Poona (Indien), in Gitega (Burundi) und Leitmeritz (Tschechien). In Leitmeritz wird gerade eine Kirche renoviert. Dabei geht es um viel mehr als um das Bauwerk. „Es entsteht wieder eine christliche Erfahrung von Gemeinschaft“, sagt Rott. „Hier werden lebendige Mauersteine geschaffen.“ Durch die Arbeiten an dem Gebäude entstehen Kontakte, es bildet sich wieder ein neues Gemeindezentrum. Jüngstes Projekt in Burundi ist der Bau einer Schule. Die Spendengelder dazu, immerhin 30.000 Euro, kamen innerhalb von nur acht Monaten zusammen. Und die Beziehung nach Poona ist ohnehin beispiellos in ganz Deutschland: Seit fast 50 Jahren schon bestehen intensive Kontakte. Kein anderes deutsches Bistum leistet über so viele Jahrzehnte Entwicklungshilfe in einem anderen Land. Ob Witwenheim oder ein Haus für Behinderte - zahlreiche Projekte sind in enger Abstimmung mit dem dortigen Bischof Valerian zustande gekommen. Zum Beispiel kümmern sich die katholischen Basisgemeinden um Aidskranke in den Slums und geben ein eindrucksvolles Beispiel von Nächstenliebe. Rott war selber vor Ort und berichtet von einem Mann, der in einem dunklen Verschlag dahinvegetierte. Verlassen - nur zum Teil aus Unwissenheit und Angst vor Ansteckungsgefahr. „Erst als sich die Christen ihm zugewandt haben, hat sich auch seine Familie wieder um ihn gekümmert. Da spürt man, was es heißt, Christ zu sein."

Besonderes Engagement zeigen junge Menschen, die Jahr für Jahr als „Missionare auf Zeit“ ins Ausland gehen. Nach einer fundierten Ausbildung, zu der Sprache und Kultur des Gastlandes gehören, arbeiten sie in Missionsstationen in Chile, Bolivien oder Nicaragua mit. „Sie machen dort ganz fantastische Erfahrungen.“ Zur Zeit sind sechs junge Frauen aus der Diözese Eichstätt im Ausland unterwegs. Sie engagieren sich in Küchen, Schulen, Frauen- und Jugendprojekten.

Ein großes Anliegen ist es für Rott und den Bischöflichen Beauftragten für die Angelegenheiten der Weltkirche, Domkapitular Prof. DDr. Bernhard Mayer, dass nur Projekte gefördert werden, die auf das jeweilige Land und die dortige Situation zugeschnitten sind. Dabei arbeitet das Referat Weltkirche eng mit den großen Hilfswerken zusammen. „Die Mittel, die die Diözese zur Verfügung stellt, sind begrenzt. Man muss ganz genau damit wirtschaften.“ So sei man inzwischen davon abgekommen, in Lateinamerika Schulen zu bauen, „weil wir den Staat nicht aus der Verantwortung lassen wollen“. Umgekehrt sei der Bau von Bildungseinrichtungen in Afrika sehr sinnvoll - und vor allem wesentlich sinnvoller, als eine Patenschaft für ein einzelnes Kind zu übernehmen. „Wir wollen keinen Neid und keine Missgunst fördern.“ Das Geld bei derartigen Patenschaften lande fast immer bei dem ältesten Sohn in der Familie. Der sei dann gut ernährt und trage die beste Kleidung. „Dass die Geschwister auf den großen Bruder nicht gut zu sprechen sind, liegt auf der Hand.“

Manchmal sind es schockierende Nachrichten, die in dem Büro von Gerhard Rott eintreffen. Ein Missionar aus Uganda berichtet von grausamen Massakern. „In einem Dorf, wo er erst Jugendliche getauft hat, sind alle abgemetzelt worden.“ Der Mann habe selbst um sein Leben zu fürchten. Ein Missionar, der in Südafrika stationiert ist, erzählt von der wachsenden Zahl von Aidstoten direkt vor seiner Haustüre. „Ganze Dörfer sind nur noch von Kindern und Großeltern bewohnt.“ Staatliche Mittel für Aufklärungsarbeit gebe es nicht.

Sehr bescheiden werde man, erzählt Rott, wenn man im Referat Weltkirche arbeite. Und man komme ins Grübeln, ob man von den Partnergemeinden nicht auch einiges lernen könnte. „Vielleicht kann man die eine oder andere Idee auch bei uns einbringen?“ Respekt flößt ihm die Tatsache ein, dass in vielen Ländern schwache und kranke Menschen ganz selbstverständlich von ihrer Pfarrgemeinde betreut werden. Das Gespräch mit einer Missionarin aus Brasilien habe ihn sehr nachdenklich gemacht. „Sie sagte: Sie macht sich keine Sorgen um ihre Gemeinde in Brasilien, sondern um die Gemeinden in Deutschland.“

 

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