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02.10.2025

Erntedankfest: Der Schöpfung und ihren Gärtnern danken

Ingrid Dullnig und Karina Hechtel von der Alawi am Hof. Foto: Geraldo Hoffmann

Frauenbauernhof in Kammerstein: Ingrid Dullnig und Karina Hechtel haben einen stillgelegten Hof wiederbelebt. Foto: Geraldo Hoffmann

Am ersten Sonntag im Oktober feiern die katholischen Gemeinden in Deutschland das Erntedankfest. Sie danken Gott für die Gaben der Schöpfung und würdigen zugleich Gärtner, Landwirte und alle Menschen, die mit ihrer Arbeit die Lebensgrundlagen sichern. Einen wichtigen Beitrag zur Bewahrung der Schöpfung leistet die ökologische Landwirtschaft, wie sowohl Pioniere als auch Neuankömmlinge der Branche im Bistum Eichstätt zeigen.

Zwischen den farbenprächtigen Arrangements aus Früchten, Gemüse, Getreideähren und Brot, die die Kirchenaltäre schmücken, zeigen sich an diesem Sonntag auch die heiteren Gesichter der Bäuerinnen und Bauern. Viele von ihnen haben – so ist zu hören – eine gute Ernte eingefahren, die sie keineswegs als selbstverständlich betrachten.

„Trotz des vielen Regens am Anfang der Erntezeit war es eine wunderbare Ernte“, freut sich Reiner Strauß aus Burgsalach in Mittelfranken. Für ihn hätte ein Ausfall dramatische Folgen. Der „Biolandwirt aus Leidenschaft“, wie er sich selbst nennt, ist von Beruf Bäckermeister und verarbeitet auf seinem „Brothof“ das auf seinen Feldern angebaute Getreide selbst zu vollwertigen Backwaren. Seit 2005 bewirtschaftet er seinen Hof nach den Naturland-Kriterien für ökologische Landwirtschaft. „Etwas anderes als Biolandwirtschaft war für mich kein Thema als ich den Hof übernahm“, erzählt Strauß. Auf 19 Hektar Acker- und Grünland baut er Biogetreide und Kartoffeln an. Zum Hof gehören auch 30 Bergschafe, vier Schweine und einige Bienenstöcke.

Biolandwirtschaft wächst

Die ökologische Landwirtschaft hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einer tragenden Säule der Landwirtschaft in Bayern entwickelt, wie aktuelle Zahlen zeigen. Gab es 1989 gerade einmal 800 Bio-Höfe, so wirtschaften im Jahr 2025 bereits rund 12.000 landwirtschaftliche Betriebe nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus. Damit arbeiten etwa zwölf Prozent aller Höfe im Freistaat ökologisch. Die Anbaufläche umfasst inzwischen rund 430.000 Hektar – ein Anteil von 13,9 Prozent der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche in Bayern. Rund zwei Drittel der Bio-Betriebe (also knapp 7.600) sind in den vier Mitgliedsverbänden der Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern (LVÖ) organisiert: Bioland, Naturland, Biokreis und Demeter. Deren Anforderungen gehen deutlich über die EU-Öko-Verordnung hinaus, wie ein Vergleich der Richtlinien zeigt.

Auch im Gebiet des Bistums Eichstätt, das in weiten Teilen landwirtschaftlich geprägt ist, haben zahlreiche Betriebe bereits auf Ökolandbau umgestellt. Einer der ersten im Landkreis Eichstätt war der Biohof Meyer am Ortsrand von Preith (Gemeinde Pollenfeld). Bereits 1988 stellten Katharina und Johann Mayer den Hof auf organisch-biologischen Anbau um. Franz Josef und Andrea Mayer bewirtschaften den Hof in zweiter Generation nach den Bioland-Richtlinien weiter. Auf ihren Feldern wachsen Getreidesorten wie Wintergerste als Futterpflanze, Braugerste für die Neumarkter Lammsbräu, Jura Alb-Linsen, Leindotter, Hafer und der Oberkulmer Rotkorn-Dinkel, aber auch ältere Getreidesorten wie den schwarzen Emmer und Einkorn, das erste vom Menschen kultivierte Getreide. Auch eine Vielfalt an alten und seltenen Gemüsearten wird kultiviert. „Unsere Philosophie ist es, unsere Verarbeiter und Erzeuger persönlich zu kennen, und zu wissen, dass sie sich überzeugt für Bio einsetzen. Diese Lebensmittel haben eine persönliche Note, die sich aus der Masse der Produkte hervorhebt. Das sieht und schmeckt man“, sagt Franz Josef Meyer.

Ein weiterer Biolandwirt der ersten Stunde stammt ebenfalls aus Preith: Der Hof der Familie Daum wirtschaftet seit 1990 nach den biologisch-dynamischen Richtlinien des Demeter-Verbandes. „Die Erzeugung gesunder Lebensmittel steht bei uns im Vordergrund. Damit tragen wir auch zum Erhalt der Lebensgrundlagen Boden, Wasser, Pflanzen und Tiere bei“, sagt Christoph Daum. Neben dem Anbau von Gemüse und Getreide (Dinkel, Roggen, Weizen und Gerste) hält er auch Freilandhühner und Mastvieh. „Die Ernte, besonders bei den Kartoffeln, ist sehr gut. Die Mast müssen wir jedoch leider bald aufgeben, weil uns die Fläche für die Weidepflicht fehlt, die ab nächstem Jahr gilt“, erzählt Michaela Daum. Vor diesem Problem stehen derzeit viele Biobauern mit Rinderhaltung.

„Bio-Kloster“ Plankstetten

Auch kirchliche Einrichtungen gehören zu den Vorreitern der ökologischen Landwirtschaft im Bistum. Der größte Betrieb in diesem Bereich ist das Benediktinerkloster Plankstetten bei Berching, das bereits 1994 auf organisch-biologische Wirtschaftsweise umstellte. „Die Mönche erkannten damals, dass wir als Teil von Gottes Schöpfung eine wichtige Verantwortung dafür tragen, wie wir unser Land bebauen und unsere Umwelt behandeln“, sagt Abt Beda Sonnenberg. Das Kloster bewirtschaftet rund 350 Hektar land- und forstwirtschaftliche Fläche. Die diesjährige Kartoffelernte war sehr gut, der Ertrag bei Brau- und Wintergerste sowie bei Hafer und Roggen überdurchschnittlich, berichtet der Abt. Die Qualität von Weizen und Dinkel habe hingegen unter der hohen Feuchtigkeit gelitten. Aufgrund der heißen Tage im Juli konnten sich die Obstbäume nicht mehr ausreichend versorgen und warfen ihre Früchte ab. „Durch die Diversität, die sich aus der Fruchtfolge ergibt, erreichen wir insgesamt stabile Erträge“, erklärt Abt Beda. Eine zunehmende Herausforderung seien die extremen Witterungsschwankungen. Die Ernte dient in erster Linie der Selbstversorgung des Klosters. Darüber hinaus verkauft die Abtei ihre Produkte mit dem Bioland-Siegel im Klosterladen, in der Klostergaststätte und auf Wochenmärkten.

Die Tierhaltung ist neben dem Ackerbau ein zentrales Standbein der klösterlichen Landwirtschaft und ermöglicht geschlossene Kreisläufe von Futterproduktion und Mistverwertung. Zum Betrieb gehören eine rund 200 Tiere umfassende Fleckvieh-Mutterkuhherde in Weidehaltung, etwa 70 Schafe mit vier Ziegen sowie 300 Mastschweine. Alle Tiere werden mit selbst erzeugtem Bio-Futter versorgt und tragen so zu einer nachhaltigen Bewirtschaftung bei.

Der Müßighof der Regens-Wagner-Stiftung in Absberg am Brombachsee verbindet biologische Landwirtschaft mit sozialer Inklusion. Menschen mit Behinderung arbeiten dort unter fachlicher Anleitung in der Landwirtschaft und im Tierpflegbereich – die Tierhaltung dient auch für die Düngung des Gemüses. Das Konzept des Hofes basiert auf kurzen Kreisläufen, bei denen Abfälle minimiert und Ressourcen optimal genutzt werden, zum Wohl von Mensch, Tier und Natur.

Die Gärtnerei des Eichstätter Priesterseminars verzichtet im Anbau bereits seit 2008 auch ohne formale Biozertifizierung auf chemische Düngung. Aktuell befindet sie sich im Endspurt der Umstellung auf Naturland-Richtlinien. „Ab 2026 dürfen unsere Jungpflanzen und das Gemüse auch offiziell das Siegel ‚Bio‘ tragen“, freuen sich die beiden Gärtner Norbert Strobl und Florian Schwab mit ihrem Team. Damit bietet sich angehenden Priestern und pastoralen Mitarbeitenden künftig auch ganz offiziell die Möglichkeit, im Rahmen ihrer Ausbildung Einblicke in die nachhaltige Landwirtschaft zu erhalten und so zu erfahren, wie die Kirche Anliegen aus der Enzyklika Laudato si’ von Papst Franziskus in die Praxis umsetzen kann.

Alternativ und gemeinwohlorientiert

Auch neue Ansätze im Ökolandbau gedeihen im Bistum Eichstätt. Ein Beispiel dafür ist die Alternative Landwirtschaft Am Hof (Alawi) in Kammerstein, einer von 77 Ökobetrieben im Landkreis Roth. „Wir wollen Landwirtschaft wieder erlebbar machen“, sagt Ingrid Dullnig. Die Betriebswirtin hat in den vergangenen sechs Jahren gemeinsam mit der Ärztin Karina Hechtel einen seit 30 Jahren stillgelegten Hof wiederbelebt und ihn mit sozialen Projekten verknüpft. Direkt angeschlossen ist ein neu gebautes Bauernhofkinderhaus mit Kindergarten und Hort. Dort können Kinder Natur hautnah erleben: Sie probieren von rund 100 verschiedenen Gemüsesorten, die hier angebaut werden, und dürfen Schweine, Hühner, Enten und Gänse – darunter vom Aussterben bedrohte Nutztierrassen – füttern und streicheln.

Die Alawi in Kammerstein wirtschaftet nach den Prinzipien der Gemeinwohl-Ökonomie. Das bedeutet: Nicht der Gewinn, sondern das Wohl aller steht im Vordergrund. „Wir verfolgen damit eine innovative Strategie für eine facettenreiche, verantwortungsvolle, lebendige lokale Landwirtschaft, die neue durchschaubare Wirtschaftskreisläufe etabliert und Menschen von klein auf wieder mit nachhaltigen Lebensmitteln und uns als Produzenten zusammenbringt“, erklärt Dullnig. Der Ertrag wird derzeit an knapp 100 Ernteteilerinnen und Ernteteiler in einem Dutzend Depots in der Region verteilt. Während der Schulferien können diese ihre bestellten, aber nicht benötigten Erntekisten an das Frauenhaus in Schwabach spenden. Weitere Möglichkeiten, das Alawi-Projekt zu unterstützen, bieten der dazugehörige Förderverein sowie Patenschaften für Hühner, Bäume und Sträucher.

Solidarisch und wertschätzend ackern

Das Netzwerk der Solidarischen Landwirtschaft (SoLaWi), dem bundesweit rund 500 Höfe angehören, ist ebenfalls in der Diözese Eichstätt vertreten. Die jungen Landwirte Marlene Moersener und Christoph Matthias setzen diese Form der direkten Partnerschaft zwischen Erzeugern und Verbrauchern mit ihrem Projekt Wieshöfler Rossgemues in Auernheim, einem Ortsteil von Treuchtlingen, um.Auf einer Fläche von 1,5 Hektar bauen sie rund 260 Gemüsesorten in 50 verschiedenen Kulturen an. Derzeit tragen 55 Mitglieder mit einem festen Beitrag die Kosten der Landwirtschaft und erhalten im Gegenzug wöchentlich eine Gemüsekiste, die sie am Hof abholen. „Ideal wären mindestens 80 Mitglieder“, erklärt Matthias.Überschüsse verkauft er direkt vor Ort und beliefert zusätzlich einen Bioladen, zwei Hofläden und zwei Gastronomiebetriebe. „Die SoLaWi ermöglicht uns, eine kleinbäuerliche und vielfältige Landwirtschaft zu betreiben, die Rücksicht auf die natürlichen Kreisläufe nimmt. Sie trägt dazu bei, den Boden aufzubauen, die Biodiversität zu fördern und uns Landwirten wieder Wertschätzung für unsere Arbeit zu geben“, sagt Matthias.

Das System der Erntekisten macht die Modelle Alawiund SoLaWi weniger anfällig für Preisschwankungen am Markt. Solche Schwankungen merken gerade kleine, familiäre Biobetriebe schnell im eigenen Hofladen. „Der Preisdruck aus den wachsenden Bioregalen in den Supermärkten ist seit Corona spürbar“, erzählt Reiner Strauß vom Brothof. Das bestätigt auch die Vermarktungsgesellschaft Bio-Bauern in Pöttmes. Das Erntejahr 2025 sei in vielen wichtigen Kulturen wie Getreide und Kartoffeln im Durchschnitt ein gutes Jahr – sowohl in Bezug auf Ertrag als auch auf Qualität. Vor allem bei Kartoffeln und zahlreichen Gemüsekulturen habe das Wetter gepasst und zu einer stark überdurchschnittlichen Ernte geführt. Doch was den Biobauern die Freude über die reiche Ernte „etwas kaputt macht“, sind die Entwicklungen bei den Erzeugerpreisen. Der Druck des Handels sei enorm; speziell bei Kartoffeln und vielen Gemüsearten seien die Preise stark eingebrochen.

Wenn also beim diesjährigen Erntedankfest nicht jedes Gesicht aus der Landwirtschaft vor Freude strahlt, liegt das daran, dass eine gute Ernte nicht immer ein Segen für alle ist – so paradox es auch klingen mag. Für überzeugte Biolandwirte jedoch ist Aufgeben keine Option. „Es lohnt sich, weil es keinen zukunftsfähigeren Beruf gibt, als Landwirtschaft so zu betreiben wie wir. Es gibt nur Landwirte aus Leidenschaft“, ist Marlene Moersener vom Wieshöfler Rossgemues überzeugt.

Text: Geraldo Hoffmann

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