Wertevermittlung und konkrete Hilfe
„Nach einem Jahrzehnt der kirchlichen Selbstvergewisserung im Zweiten Vatikanischen Konzil und der Würzburger Synode war damals ein neues Missionsverständnis im kirchlichen Bewusstsein angekommen“, erzählt Rott. Im Mittelpunkt stehe „erstens die Sorge um das umfassende Heil des Menschen“, weshalb allgemein sozial-karitative, entwicklungspolitische Themen genauso relevant seien wie die Vermittlung christlicher Werte. Die neue Einstellung zu anderen Religionen und der Dialog mit ihnen als Beitrag zum Weltfrieden war der zweite neue Akzent, zählt Rott auf. „Drittens wurde deutlich, dass jede Ortskirche, das heißt jede Diözese, Verantwortung trägt, also nicht mehr nur der Papst und die von ihm beauftragten Missionsorden.“ Dieses ortskirchliche Prinzip berücksichtigte die gewachsene Zahl von einheimischem Führungspersonal einerseits und erinnerte alle Bischöfe an ihre Verantwortung für die Weltkirche. „In dieser Konsequenz darf man die Errichtung der Fachstellen für Mission, Entwicklung und Frieden in den deutschen Bistümern als eine ganz konkrete Umsetzung der Erkenntnisse des Konzils und der Synode betrachten“, sagt Dr. Gerhard Rott. Dieser Ansatz sei in einem Dokument der Würzburger Synode vom November 1975 mit der breitesten Zustimmung aller Synodentexte beschlossen worden.
Für Eichstätt war das alles aber nicht wirklich neu, schließlich waren schon 1955 die ersten Diözesanpriester als sogenannten „Fidei-Donum-Priester“ über das Hilfswerk Adveniat nach Lateinamerika entsendet worden. Außerdem wurde bereits ab 1959 zum Beispiel die Sternsinger-Aktion durchgeführt. Der 6. November 1955 markierte laut Rott den Beginn der „Gebets-, Lern- und Solidargemeinschaft“ mit dem indischen Bistum Poona. Aus dieser zweiten Bistumspatenschaft in Deutschland überhaupt – das Erzbistum Köln hatte 1954 für Tokio eine vergleichbare Patenschaft übernommen – entwickelte sich eine noch heute lebendige Partnerschaft. „Allerdings lag die Verantwortung zu Beginn auf den Schultern des Eichstätter Dompfarrers Paul Spreitzer. Nach dessen Tod 1966 führte seine Schwester Anni die Geschäfte ehrenamtlich weiter bis schließlich mit Josef König, der Verwaltungsleiter des Seelsorgeamts, die Weiterleitung der Spenden abwickelte.
Wie sich das weltkirchliche Engagement der Diözese Eichstätt weiterentwickelte, wie sich die Schwerpunkte im Laufe der vergangenen fünf Jahrzehnte veränderten, soll in einer Reihe von Beiträgen bis zum Missionsmonat Oktober dargestellt werden. Dabei werden neben der Zusammenarbeit mit Christinnen und Christen in Indien auch die Partnerschaften mit Burundi und Leitmeritz (Tschechien) sowie unter anderem das Stipendienprogram für ausländischer Studierenden und der Einsatz von Missionarinnen und Missionaren aus dem Bistum näher beleuchtet.
Text: Geraldo Hoffmann