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07.04.2004

Eine Chance auf Familie - Symposium zur Situation von Pflege- und Adoptivfamilien

Eichstätt/Beilngries. (pde) – Kinder sind ein sinnstiftendes Geschenk für Eheleute, auch wenn diese adoptiert oder in Pflege genommen sind. Jedoch werden in erster Linie „Eltern für Kinder“, nicht „Kinder für Eltern“ gesucht. In einem Symposium unter dem Leitgedanken „Eine Chance auf Familie“ trafen sich im Bistumshaus Schloss Hirschberg 60 Interessenten aus Wissenschaft und Praxis, um brennende Fragen aus den miteinander korrespondierenden Themenbereichen Schwangerschaftsabbruch, Pflege- und Adoptivfamilien zu diskutieren. Das Symposium war eine Auftaktveranstaltung der Reihe „Eichstätter Gespräche“ die der Förderkreis Netzwerk Leben im Bistum Eichstätt gegründet hat. „Institutionen vor Ort“ mit funktionierende Sozialstruktur wie beispielsweise Gemeinden und Pfarrgemeinden müssten sich stärker vernetzen und die Zusammenarbeit suchen. Mit der Einrichtung der „Eichstätter Gespräche“ will der Förderkreis Netzwerk Leben dazu einen Beitrag leisten. Zentrale Aspekte des Lebensschutzes werden in dieser Reihe in politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kontext gesetzt. Die Rückkoppelungen und engeren Vernetzungen mit Hauptamtlichen sollen dabei verstärkt, Impulse gesetzt, ein mögliches Veto in die Öffentlichkeit getragen und Synergieeffekte genutzt werden.

Einen Einblick in verschiedene Problembereiche der Thematik gaben die Teilnehmer der Podiumsdiskussion, Dr. Robert Sauter (Leiter des Bayerischen Landesjugendamtes, München), Adelheid Strobl (Pflege- und Patenmutter, Eichstätt), Professor Dr. Herbert Bassarak (Georg-Simon-Ohm-Fachhochschule, Nürnberg) und Albert Weindl (Amt für Familie und Jugend / Pflege- und Adoptionsberatung, Eichstätt). In der lebhaften Diskussion mit den Symposiumsteilnehmern wurden u.a. die Punkte Zusammenarbeit von Pflege-/ Adoptiveltern und Jugendämtern, Beziehungsaufbau nach Bindungsabbruch sowie Bildung, Betreuung und Begleitung von Adoptiv- und Pflegeeltern diskutiert. Herausgehoben wurde, dass Pflegefamilien sich deutlich von Adoptivfamilien unterscheiden. Eine Aufweichung der Abgrenzung sowie die Veränderung der Gesetzgebung diskutierten die Referenten sehr kritisch. Seitens des Plenums wurde das schlechte Image angemahnt, welches Frauen, die ihre Kinder abgeben, in Deutschland haben. Eine Veränderung der gesellschaftlichen Sichtweisen sei dringend notwendig.

In den nachmittäglichen Workshops konnten die Teilnehmer einzelne Themengebiete mit Fachreferenten vertiefen. Kontrovers diskutierte man die Frage „Adoption statt Abtreibung“. Silvia Wallner-Moosreiner von der Landesstelle des Sozialdienstes katholischer Frauen, München, beschrieb die Situation seitens der Schwangerschaftsberatungsstellen mit den Worten „der Prozess der Annahme und späteren Abgabe des Kindes stellt einen zentralen Punkt in der psychosozialen Beratung dar, der mit großen Anstrengungen für die Frau verbunden ist“. Workshopteilnehmer kritisierten die Beratungspraxis und machten auf Projekte in den USA (Organisation nurturing network) aufmerksam, die durch verstärkte Beratung hin zur Adoption in 7 Jahren 17.000 Kinder zu Adoptionsfamilien vermitteln und somit vor einer Abtreibung bewahren konnten.

Ein weiterer Workshop beinhaltete „Überlegungen zur Vereinfachung des Adoptionsgesetzes“. Rechtsanwalt Andreas Woidich betonte, dass eine Vereinfachung nicht notwendig sei, sondern vielmehr der Blickwinkel geöffnet werden müsse. So stellte er zur Diskussion, ob Dauerpflegeverhältnisse zu privilegieren seien, ein Online-Katalog unterstützend wirke und private Vermittler mit Zahlung eines „Finderlohnes“ neue Perspektiven eröffnen könnten. In der Workshopdiskussion wurden Projekte aus den USA erörtert, u.a. die Organisation Snowflake, die befruchtete Eizellen an kinderlose Ehepaare vermittelt.

Fr. Sigrid Lemmer, Adoptionsberaterin vom Sozialdienst katholischer Frauen, Nürnberg, referierte zum Thema „Anonyme Geburt und Babyklappe und das Recht auf Wissen über die Herkunft“. Die Workshopteilnehmer hielten fest, dass man sich der Verantwortung bewusst sein müsse, dass anonym abgegebene Kinder im Erwachsenenalter unter psychischen Störungen leiden können. Die Erhaltung der derzeitigen rechtlichen Grauzone biete jedoch einen Raum, in dem Frauen ihr Kind zur Welt bringen könnten. Um anonyme Geburten zu vermeiden sollte anonyme Beratung gefördert werden.

Professor Dr. Herbert Bassarak und Johann Munker (Pfad für Kinder e.V.) berichteten in der Arbeitsgruppe „Zwischen Amt und Familie – Impulse für die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Fachdiensten öffentlicher Träger und Pflege-/ Adoptivfamilie“ von einer derzeit laufenden Studie. Sie betonten die Sinnhaftigkeit der Einbindung von Pflege- und Adoptivfamilien bei Projekten und regionalen Fachgesprächen und die damit verbundene (Netzwerk-) Zusammenarbeit. Sie hinterfragten, wie eine verbesserte Kommunikation gelingen kann.

Die Frage nach dem „Eltern-TÜV?“ wurde von Dr. Peter Ulrich, Referent für Ehe und Familie im Bischöflichen Seelsorgeamt, Eichstätt, behandelt. Die Workshopteilnehmer lenkten den Fokus auf die Notwendigkeit der Elternbildung. Sie führten aus, dass „die Eignung zur Elternschaft nicht über eine TÜV-Prüfstelle ausgestellt werden kann. Elternbildung soll den Raum bilden, sich unter fachlicher Begleitung mit der Sinnhaftigkeit von Entscheidungskriterien, mit den persönlichen Situationen auseinandersetzen zu können und verantwortend Entscheidungen ermöglichen“.

 

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