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12.02.2025

Eine Baustelle der Hoffnung: „Tragwerk 7“ schafft neue Zugänge zum Glauben

Baustelle „Tragwerk 7“. Foto: Christian Hink

Als „Baustelle“ startete das Projekt „Tragwerk 7“ in Postbauer-Heng. Foto: Christian Hink

Eichstätt/Postbauer-Heng. (pde)  – Die Pfarrei St. Elisabeth in Postbauer-Heng feiert in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen. Sie ist eine der jüngsten und innovativsten Pfarreien im Bistum Eichstätt. Mit ihrem Projekt „Tragwerk 7“ eröffnet sie Räume für den Glauben in all seinen Facetten und zieht Menschen über die Pfarreigrenze hinaus an – auch Ausgetretene.

Die Katholikinnen und Katholiken in Postbauer-Heng haben schon viele Überraschungen in ihrer Pfarrei erlebt. Und doch staunen sie nicht schlecht, als sie am Christkönigssonntag 2023 vor der verbarrikadierten Tür ihrer Kirche stehen. Ein rot-weißes Absperrband ist überkreuzt aufgehängt, eine Barriere mit Warnlichtern und Pylonen versperren den Eingang. Pfarrer Markus Fiedler, in Messgewand und mit Schutzhelm auf dem Kopf, steht mit seinem Team auf der „Baustelle“. Neben ihm hält eine Frau ein Plakat: „Hier entsteht ein neuer Zugang“. Das ist seitdem in St. Elisabeth Programm.

Die symbolische Baustellenabsperrung markierte den Auftakt für das Projekt „Tragwerk 7“, an dem sich Menschen aus der oberpfälzischen Markgemeinde und Umgebung beteiligen können. Das Ziel: Räume zu öffnen für Spiritualität in ihren verschiedensten Formen. „Tragwerk 7 soll auch ausstrahlen auf den Umreis und Menschen auf der Suche einladen“, erklärt Christoph Härtl, Mitglied des Pfarrgemeinderats und einer der Initiatoren des Projekts.

Offenheit als Markenzeichen der Pfarrei

Damit präsentiert sich die Pfarrei St. Elisabeth mit einer Art Zweitmarke, die angelehnt ist an das charakteristische Mero-Tragwerk, das den Kirchenbau prägt. Die Zahl 7 bezieht sich auf die Wochentage und stellt zugleich die Verbindung zur Pfarrpatronin her. Die heilige Elisabeth soll einmal gesagt haben, „Gott ist meine Sieben“, was so viel bedeute wie „Gott ist mein Ein und Alles“. Der neue Name steht aber vor allem für einen Mentalitätswandel in der Kirchengemeinde. „Mit ‚Tragwerk 7‘ werden wir weltlicher in dem Sinn, dass wir zugehen auf ganz unterschiedliche Menschen und das Wort Willkommen ganz neu buchstabieren – auf Augenhöhe“, sagt Härtl.

Innerhalb eines Jahres hat sich die Pfarrei wie eine „Baustelle der Hoffnung“ weiterentwickelt zu einem Ort, an dem Jung und Alt neue Zugänge zum christlichen Glauben finden können. „Tragwerk 7“ experimentiert mit technischer Ausstattung von buntem Licht bis hin zu Kameraequipment, neue Formate entstehen, das Kirchengebäude wird anlassbezogen neu gestaltet. Der einladende Kirchenraum wird für generationenübergreifende Angebote genutzt, von Live-Stream-Gottesdiensten über Ausstellungen, Filmabende bis hin zu Konzerte, Lesungen und Kunstandachten.

Kunst, Brot, Wein und gute Gespräche

Schon jetzt ist die Ausstrahlungskraft des Projektes spürbar. „Wir erreichen Menschen, die vorher nicht viel mit Kirche am Hut hatten, teils sogar ausgetreten sind oder sich in ihrer Heimatpfarrei nicht so recht wohlfühlen“, erzählt Pfarrer Markus Fiedler. Gerade erst kamen 450 Menschen aller Altersstufen zum Konzert der Gruppe „Fünfklang“, und sie waren begeistert. „Ich kann es kaum glauben“, staunt Christoph Härtl. Aus der ganzen Region kämen inzwischen Kunst-, Kultur- und Musik-Interessierte mit Offenheit für Spiritualität zu den Veranstaltungen. Die Zahl der Gottesdienstteilnehmenden nimmt zu.

In den kommenden Monaten startet ein Poetry-Projekt, mit dem die Organisatoren neue Zielgruppen ansprechen möchten. Literatur- und Kunstandachten im „Tragwerk 7“ gehen in die Tiefe und füllen die Kirchenbänke. Dabei wird digitale Technik wie Beamer und elektrische Leinwand intensiv eingesetzt, mit Smartphones und Tablets Interaktivität ermöglicht. Eine Predigt zu einem Bild, das Einspielen eines Videos im Gottesdienst oder ein Kurzfilmabend in der Kirche sind einfach zu realisieren. Entscheidend sind dennoch die realen Begegnungen. „Gerade das Beisammensein nach den Veranstaltungen im hinteren Teil der Kirche, ist essentiell: Brot, Wein und gute Gespräche – das reicht schon“, verrät Fiedler. Kirche oder Kino, Kaffeegenuss oder Weihrauchduft: Glaube und Geselligkeit gehören hier zusammen. Liveübertragungen richten sich eher an ältere Personen, die nicht anwesend sein können.

Mut und viel Engagement für Neues

Entstanden ist „Tragwerk 7“ aus Überlegungen nach der Coranapandemie, einer Zeit in der die Pfarrei viel ausprobiert hatte. „Wir hatten nun Mut für etwas wirklich Neues“, erzählt der Pfarrer. Das Bonifatiuswerk der Katholiken gewährte im Rahmen seines Förderprogramms „Space für Grace“ eine Anschubfinanzierung in Höhe von 45.000 Euro. Das Diözesanbildungswerk steuerte einen vierstelligen Betrag bei. Hinzu kommt viel ehrenamtliches Engagement. Es gibt zwei Arbeitskreise, die gut vernetzt sind: einen um Christoph Härtl für das Programm, den zweiten um Jonas Hink für die Technik. „Ich staune darüber und habe einen Riesenrespekt vor den vielen tausend ehrenamtlichen Stunden, die die beiden Teams leisten“, sagt Pfarrer Fiedler. Dieses Engagement wird auch von der politischen Gemeinde anerkannt. Beim Neujahrsempfang 2025 hat die Kommune „Tragwerk 7“ ausdrücklich gewürdigt und geehrt.

Das Projekt sorgt für Aufbruchsstimmung in der Pfarrei St. Elisabeth. „Tragwerk 7 lebt und lernt nun laufen“, freuen sich der Pfarrer und sein Team. Das zweite Halbjahresprogramm ist gerade gestartet. Ein Höhepunkt wird der Aschermittwoch der Künstler der Diözese Eichstätt sein. Ab dem 5. März wird das Kunstprojekt „No Jute Cloth for the Bones“ der Vietnamesin Thao Nguyen Phan in der Postbauer-Henger Kirche zu sehen sein. Es geht um Fragen der Gerechtigkeit und der Verantwortung in der Einen Welt.

Bei „Tragwerk 7“ geht es darum, Kirche vor Ort offen, einladend und lebendig zu gestalten. Das Projekt lebt vom Ehrenamt und der Vernetzung, es öffnet Freiraum für Mitgestaltung. Pfarrgruppen, Pastoralteam und Gemeinderat ziehen an einem Strang, Kunstschaffende aus der Region bringen sich ein. Sie kommen gerne. „Bei euch kann man das machen“, hört das Projektteam immer wieder. „Wir probieren einfach aus und lernen, und sind bereit, unsere Erfahrungen zu teilen, eben zu netzwerken“, sagt Markus Fiedler. So geschehen beim Tag der Mitarbeitenden der Diözese Eichstätt in der Willibaldswoche 2024 in Eichstätt. Vor wenigen Wochen konnten er und die stellvertretende Pfarrgemeinderatsvorsitzende Ulrike Frank Impulse zu „Improtheater“ und „Storytelling“ aus einem „Space-for-Grace“-Vernetzungstreffen auf Dekanatsebene weitergeben. „So viel Freude und Spaß auf einer kirchlichen Veranstaltung hab ich selten erlebt“, erzählt der Pfarrer. „Tragwerk 7“ ist in den Augen der Beteiligten ein „Balanceakt“, weiterhin in Postbauer-Heng eine Pfarrei und eine Gemeinde zu sein und gleichzeitig ein Zentrum des offenen Glaubens für Menschen aus einem größeren Umkreis. Die bisherigen Erfahrungen geben Grund zur Hoffnung, dass es gelingen kann.

Text: Geraldo Hoffmann

„Mehr als Brot und Rosen“: Jubiläumsjahr

Die Pfarrei und Kirche St. Elisabeth begehen in diesem Jahr ihr 50-jähriges Jubiläum. Das Jubiläumsjahr hat mit einem Gottesdienst mit Bischof Gregor Maria Hanke am 24. November 2024 begonnen und endet am Fest der heiligen Elisabeth am 19. November 2025. Das Programm steht unter dem Motto „Mehr als Brot und Rosen – 50 Jahre Pfarrei St. Elisabeth“. Geplant sind eine Frauenpredigtreihe, eine Serie an Poetry-Veranstaltungen, Literatur- und Kunstandachten im „Tragwerk 7“, eine Installation, Konzerte und vieles mehr.

Buchtipp

Mit dem Titel „Baustellen der Hoffnung – Eine Ermutigung, das Leben anzupacken“ hat der Benediktiner Martin Werlen ein Buch veröffentlicht - passend zum Heiligen Jahr. Mit sehr lesenswerten Impulstexten fordert er Leserinnen und Leser heraus, sich den eigenen Baustellen zu stellen und – statt zu resignieren – in ihnen kreativ zu werden. Gleichzeitig zeigt er Visionen für eine lebendige und zukunftsorientierte Kirche auf. „Die Kirche ist eine riesige Baustelle“, schreibt Werlen, der Propst der Propstei St. Gerold in Vorarlberg in Österreich ist. Er fügt hinzu: „Das Bild der Kirche als Baustelle muss weder die Wirklichkeit ausblenden noch die Hoffnung, die uns geschenkt ist.“ Werlen ermutigt zu einem positiven Umgang mit Baustellen überhaupt.

 

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