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09.04.2019

Demenzkranke besser betreuen – Geronto-Fachtag der Caritas

Bild: Demenzkranke Menschen angemessen zu betreuen und versorgen ist laut den Pflegeexpertinnen Petra Mayer vom Institut Goldener Bildungsweg (links) und Eva-Maria Schork von der Caritas eine große Herausforderung. pde-Foto: Caritas/Helfrich

Eichstätt/Beilngries. (pde) - Wie können demenzkranke Menschen angemessen betreut und versorgt werden? Damit haben sich rund 90 Gerontopsychiatrische Fachkräfte und Leitungspersonen aus Caritas-Seniorenheimen und –Sozialstationen im Bistum Eichstätt auseinandergesetzt. Ihr Ergebnis bei einem „Geronto-Fachtag“ im Bildungshaus Schloss Hirschberg lautete: „Durch gehört, verstanden, angenommen und mit anderen verbunden zu sein“, kann eine bessere Lebensqualität für die Betroffenen erreicht werden. Entscheidende Impulse bei der Fachtagung setzten dabei Christian Müller-Hergl von der Universität Witten/Herdecke und Petra Mayer vom Institut Goldener Bildungsweg in Eching/Ammersee.

Müller-Hergl, der Mitautor des Nationalen Expertenstandards Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz ist, erklärte: „Ausschlaggebend für das Wohlbefinden demenzkranker Menschen ist die gute Beziehung zu den an der Versorgung beteiligten Personen.“ Diese müssten Angebote zur Beziehungsgestaltung erhalten, „die das Gefühl vermitteln, gehört, verstanden und angenommen beziehungsweise mit anderen Menschen verbunden zu sein“. Dabei sei nicht nur der Kontakt zu den Pflegenden und Betreuenden bedeutend. „Auch Mitarbeitende der Hauswirtschaft und Küche werden eingezogen. Außerordentlich wichtig ist der Erhalt der sozialen Anbindung an An- sowie Zugehörige.“ Müller-Hergl erklärte in seinem Vortrag, es sei ihm durchaus bewusst, wie schwer die konzeptionelle Umsetzung des Nationalen Expertenstandards in den Seniorenheimen, aber auch in der ambulanten Pflege bei den derzeitigen Rahmenbedingungen sei: nicht zuletzt deshalb, weil es auf Widerstände in unserer „Ordnungswelt“ stoße, bestimmte Verhaltensweisen von demenzkranken Menschen einfach zuzulassen. Er konkretisierte: „Wenn Menschen mit den Fingern essen, sich einer ausgiebigen täglichen Körperpflege nicht mehr unterziehen wollen, oder einfach mal den ganzen Tag im Morgenmantel verbringen wollen, dann sollten sie das tun dürfen.“ Der Experte ermutigte die Caritas-Mitarbeitenden, sich dafür auch nicht durch Regelungen und Anforderungen von Prüfinstanzen verunsichern zu lassen. „Wenn das vorrangige Pflegeergebnis doch die Zufriedenheit des Bewohners ist, deswegen aber nicht alle Normvorstellungen wie etwa Körperpflege zu erfüllen sind, dann stehen Sie auch dazu.“

Zum Thema „Alter und Trauma“ erklärte Petra Mayer, viele Pflegebedürftige durchlebten vor allem in den letzten zwei bis vier Lebensjahren eine Reaktivierung traumatischer Erlebnisse. Deshalb, so die Referentin, „wiederholen“ Demenzkranke Verhaltensweisen aus früheren bedrohlichen Situationen – Kriegserlebnisse, Schicksalsschläge, Gewalterfahrung. Daher reagierten dementiell oder psychisch erkrankte Menschen im Pflege-Alltag mit Unruhe, Angst, Abwehr, Gegenwehr und Aggression, Verstecken und Regungslosigkeit, aber auch mit Weglaufen und Suche nach Hilfe. „Das führt zu sehr fordernden, auch herausfordernden Situationen für die Pflegenden“, sagte die Pflegeexpertin. Doch mit Hilfe von Hintergrundwissen könne es Mitarbeitenden gelingen, Patienten und Bewohnern Sicherheit zu vermitteln. Das erfordere hohe Achtsamkeit und Einfühlungsvermögen in die Lebenswelt der Betroffenen. Sie stellte aber klar, Ziel sei keine Psychotherapie, sondern über das Erleben von Beziehung zu Betroffenen einen Gegenwartsbezug zu erreichen.

Die Caritas-Verantwortlichen diskutierten intensiv über Chancen und Grenzen im Umgang mit demenzkranken Menschen. Ergebnisse und Impulse vom „Geronto-Fachtag“ wollen sie nun in den Pflege-Alltag integrieren. „Dies wird in Zeiten des Fachkräftemangels, den teils dem Expertenstandard widersprechenden Anforderungen der Prüfinstitutionen, sowie starren gesetzlichen Vorgaben zur personellen Trennung von Betreuung und Pflege eine herausfordernde Aufgabe“, erklärte Caritas-Pflegefachreferentin Eva-Maria Schork. Doch sie verwies auf mehrere Initiativen im Caritasverband, unter anderem die kontinuierlich angebotenen Weiterbildungen für Geronto-Fachkräfte, und zeigte sich optimistisch: „Wir sind auf dem Weg!“

 

 

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