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27.05.2021

„Das Gedächtnis der Diözese Eichstätt“: Stabwechsel im Diözesanarchiv

Dr. Ferdinand Sturm (links) folgt Dr. Bruno Legenfelder (rechts) in der Leitung des Diözesanarchivs. Foto: Geraldo Hoffman/pde

Seit 1993 ist das Diözesanarchiv im ehemaligen Domherrenhof Ostein und dazugehörigen Neubau untergebracht. Foto: Geraldo Hoffmann/pde

Eichstätt. (pde) – Rund 4.500 laufende Meter historische Dokumente sind im Diözesanarchiv Eichstätt aufbewahrt und für die Forschung zugänglich. Oberster Hüter dieses Schatzes war über zwei Jahrzehnte lang Dr. Bruno Lengenfelder, der zum 31. Mai in den Ruhestand tritt. Bei der Einführung seines Nachfolgers, Dr. Ferdinand Sturm, wirft er einen letzten Blick in die Regale und Magazine für eine Bestandsaufnahme.

Das Archiv selbst hat seine Geschichte, die allerdings – gemessen am rund 1280-jährigen Bestehen des Bistums – relativ jung ist. Zwar gab es bereits seit 1788 einen fürstbischöflichen Archivar, das Archiv war damals aber eigentlich nur eine Registratur. Aufbewahrt wurden ältere Urkunden und Akten des Generalvikariats und des Geistlichen Rates, einer der drei zentralen Regierungsbehörden des Fürstbistums. In den folgenden drei Jahrhunderten wechselte die Einrichtung mehrmals ihren Standort und Namen, die Aufgaben und Zuständigkeiten veränderten sich und bedingt durch die Umzüge gab es mitunter auch Bestandsverluste. Erst seit 1970, nachdem das Bischöfliche Ordinariat erstmals einen hauptamtlichen Archivar mit Fachausbildung angestellt hatte, lautet die Bezeichnung „Diözesanarchiv“, zuvor „Ordinariatsarchiv“. Im selben Jahr übernahm mit Brun Appel, der bis dahin Stadtarchivar der Stadt Weißenburg war, erstmals in der Geschichte des Archivs ein Nicht-Geistlicher die Leitung.

Mit der Änderung des Namens war auch eine Neuausrichtung der Aufgabenstellung verbunden, wie Lengenfelder erklärt: „Das Archiv war nicht mehr nur für die Sicherung der schriftlichen Überlieferung der Zentralbehörden der Diözese zuständig, sondern auch für die Überlieferung der Pfarreien und kirchlichen Verbände.“ Das ist auch im kirchlichen Gesetzbuch, dem Codex Iuris Canonici (CIC), so vorgesehen. Dort heißt es: „In jeder Kurie ist an einem sicheren Ort ein Diözesanarchiv, d.h. eine Urkundensammlung der Diözese einzurichten, in dem Dokumente und Schriftstücke, die sich auf die geistlichen und zeitlichen Angelegenheiten der Diözese beziehen, in bestimmter Weise geordnet und sorgfältig verschlossen aufbewahrt werden“.

Alte Schriften enträtseln

Erfüllt wird diese Vorgabe seit 1993 im ehemaligen Domherrenhof Ostein und früheren Benediktinerseminar in der Luitpoldstraße 1, einem Bauwerk von Gabriel de Gabrieli, in dessen Hof die Diözese 1989-1992 ein neues Magazingebäude errichtet hat. „Die Archivierung von Unterlagen, die das Wirken der Kirche dokumentieren, der Rechtssicherung dienen oder von bleibendem Wert für Wissenschaft und Forschung sind, ist und bleibt die zentrale Aufgabe des Archivs“, sagt Bruno Lengenfelder. „Der Archivar übernimmt Schriftgut der Verwaltung, entscheidet darüber, was aufgehoben wird und was kassiert werden kann, sorgt für sachgemäße Verwahrung und für die Erschließung der Bestände“.

In den vergangenen Jahren konnten der scheidende Leiter des Diözesanarchivs und seine fünf Mitarbeiter über 20.000 Schriftstücke und Dokumente – in der Archivsprache „Verzeichnungseinheiten“ (VE) genannt – erschließen. Dazu gehören die Amtsnachlässe der Bischöfe von 1821 bis 1948 (850 VE), das Schriftgut des Domkapitels von 1821 bis 1970 (400 VE) und des Bischöflichen Ordinariats von 1821 bis ca. 2000 (6.500 VE), die Rechnungen kirchlicher Stiftungen, die unter der Verwaltung des Bischöflichen Ordinariats stehen oder standen (2.200 VE), sowie die Kirchenbücher der Pfarreien mit Aufzeichnungen über Taufen, Eheschließungen und Beerdigungen (1.900 VE).

Familienforschung in Kirchenbüchern

Von den 150 Pfarrarchiven, die im Diözesanarchiv hinterlegt sind, sind inzwischen 34 durch ein Findbuch erschlossen. „Am meisten nachgefragt von den Benutzern des Archivs sind die Kirchenbücher“, stellt Lengenfelder fest. Rund 60 Prozent der 900 Benutzer, die 2019 das Archiv aufsuchten, kamen mit familiengeschichtlichem Interesse. Bedingt durch die Corona-Beschränkungen sind die Benutzerzahlen im vergangenen Jahr stark zurückgegangen. Die älteren Kirchenbücher der Pfarreien bis zur Zeit 1875-1900 wurden im Jahr 2004 auf bischöfliche Anordnung hin im Diözesanarchiv deponiert. Aus konservatorischen Gründen werden die Pfarrmatrikeln nicht mehr im Original im Lesesaal vorgelegt.

Die Fülle an Dokumenten im Diözesanarchiv ist beeindruckend. Allein in den vier Magazinen im Neubau lagern rund 2.400 unersetzliche, handgeschriebene Urkunden, viele auf Pergament. Ältestes und zugleich wertvollstes Werk ist das Pontifikale Gundekarianum, angelegt von Bischof Gundekar II. (1057-1075). Das liturgische Buch wurde von seinen Nachfolgern bis 1697 kontinuierlich fortgeschrieben und bildet damit eine entscheidende Quelle zur Geschichte des Bistums. Bemerkenswert ist auch ein Protokoll der Visitation der Diözese durch Bischof Wilhelm von Reichenau aus dem Jahr 1480: „Es gibt einen Einblick in den Zustand einer Diözese am Vorabend der Reformation“, erzählt Lengenfelder.

Kurioses und Digitalisierung

Im Archiv befinden sich auch „Dinge, die aus der Reihe tanzen“, wie Lengenfelder sagt. Dazu zählt er zum Beispiel die Primizkerze des Eichstätter Dompfarrers und Kämpfers gegen das NS-Regime Johannes Kraus (1890-1974). Oder der Künstlernachlass der Ingolstädter Malerin Emilie Diernhöfer-Werzinger, die unter anderem das Weihnachtsbuch „Alle Jahre wieder“ illustriert hat. Auch ein Päpstlicher Silvesterorden für Professor Heinz Hürten, erster Dekan der Geschichts- und Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät und von 1982 bis zu seiner Emeritierung 1993 Vizepräsident der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, ist im Diözesanarchiv gelandet.

„Das Diözesanarchiv ist das Gedächtnis der Diözese“, sagt Lengenfelder. Es verwaltet aber nicht nur Vergangenheit, sondern richtet auch den Blick in die Zukunft. Gerade die Corona-Krise habe gezeigt, dass Digitalisierung immer wichtiger wird. Eine Zusammenstellung der Bestände des Diözesanarchivs ist bereits auf dem Internetportal Katholische Archive (www.katholische-archive.de) abrufbar. Die Pfarrmatrikeln (Tauf-, Trauungs- und Sterbebücher) sind auch schon digitalisiert. Geplant ist zudem, die älteren Pfarrmatrikeln online zu stellen, wahrscheinlich auf der Plattform matricula.eu. Darüber hinaus sind nur einzelne wenige, häufig nachgefragte Archivalien und Findmittel digital zugänglich. Die Digitalisierung voranzutreiben ist eine der Aufgaben, die auf Lengenfelders Nachfolger Dr. Ferdinand Sturm warten. Zum 1. Juni übernimmt der Historiker aus Regensburg und Absolvent der Bayerischen Archivschule die Leitung des Diözesanarchivs Eichstätt.

Weitere Informationen zum Diözesanarchiv gibt es unter www.bistum-eichstaett.de/dioezesanarchiv.

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