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02.06.2004

Caritas kritisiert geplante Reform des Betreuungsrechts - Sprecher Theil: Niedrige Fallpauschalen ermöglichen kaum persönliche Betreuung

Eichstätt. (pde) - Der Caritasverband für die Diözese Eichstätt hält die derzeit von der Bundesregierung geplante Reform des Betreuungsrechts für unangemessen. Die dort vorgesehene Anzahl an Stunden sowie die Vergütung für gesetzliche Betreuungen seien viel zu niedrig veranschlagt, kritisiert Richard Theil von der Caritas-Kreisstelle Neumarkt. Theil ist Sprecher des Arbeitskreises Betreuungen beim Caritasverband.

Die Bundesregierung will den derzeitigen Abrechnungsmodus nach individuellem Zeitaufwand und einzelnen Aufwendungen pro betreuter Person durch eine Fallpauschale ersetzen. Diese sieht einen Stundensatz von 31 Euro vor, anfallende Büro-, Porto-, Fahrt- und sonstige Kosten sollen pauschal mit insgesamt 3 Euro pro Vergütungsstunde abgegolten werden. Was den Zeitaufwand angeht, ist vorgesehen, dass für Betreute in Einrichtungen wie Heimen nach einem Jahr Betreuung noch pauschal zwei Stunden im Monat vergütet werden. Für Betroffene, die in der eigenen Wohnung leben, sollen dreieinhalb Stunden bezahlt werden. Laut Theil sowie auch der für Betreuung zuständigen Arbeitsgruppe beim Landescaritasverband Bayern ist dies viel zu knapp bemessen. Nach deren Kalkulation müsste ein Stundensatz von 56 Euro berechnet werden, um kostendeckend arbeiten zu können. Und was den Stundenumfang betrifft, gebe es zwar Fälle, so der Caritasmitarbeiter, bei denen die geplante Regelung ausreiche, bei vielen sei dies jedoch nicht der Fall. „Die Annahme des Gesetzgebers, dass sich dies irgendwie ausgleicht, ist eine Illusion. Diese Mischkalkulation lässt sich in der Praxis nicht verlässlich realisieren“, betont der gesetzliche Betreuer.

Die Caritas sei nicht grundsätzlich gegen die Einführung einer Fallpauschale. Diese vereinfache schließlich vieles in der täglichen Praxis, „so dass nicht mehr alles minutengenau dokumentiert werden muss, was Zeit kostet“. Doch die geplante Stundenanzahl und die Vergütung müssten erhöht werden. „Ansonsten werden Rahmenbedingungen geschaffen, die ohne Zweifel spürbare Auswirkungen auf die betreuten Personen haben werden“, warnt Theil. Bei einer Verabschiedung der derzeitigen Pläne könne persönliche Betreuung kaum noch geleistet werden. Dann bestehe die Gefahr „eines Rückfalls in die Zeit des alten Vormundschaftsrechts – mit Verwaltung einer Vielzahl an Betreuten vom Schreibtisch aus“.

Wenn den Betreuern die Zeit für die aufwändigere Betreuung von Menschen zu Hause fehle - von der Regelung von Wohnungsangelegenheiten bis hin zur Organisation ambulanter Dienste und Arztbesuche -, müssten zudem mehr Betroffene in Heimen untergebracht werden. Theil: „Dann kämen vermehrte Ausgaben auf die Sozialhilfeverwaltungen zu. Ferner würde dies dem Ansinnen des Gesetzgebers widersprechen, ambulante vor stationärer Hilfe zu fördern.“ Und für Betreuungsvereine wie den Caritasverband Eichstätt stünde bei der geplanten niedrigen Fallpauschale die Überlegung an, ob sie sich aus ihrer Tätigkeit zurückziehen müssten. Da sich in diesem Fall die Betreuungsbehörden bei den Landratsämtern im Auftrag der Gerichte vermehrt selbst um die Betroffenen kümmern müssten, sei dann dort „ein erhöhter personeller Aufwand vorprogrammiert“, beschreibt Theil weitere mögliche problematische Konsequenzen.

Gesetzlich betreut werden Menschen, die teilweise oder ganz nicht mehr in der Lage sind, ein eigenständiges Leben zu führen. Wenn sich für sie keine geeignete Person wie ein naher Angehöriger findet, bestellt das Vormundschaftsgericht einen Berufs- oder Vereinsbetreuer, zum Beispiel des Caritasverbandes Eichstätt.

 

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