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17.11.2007

Brückenschlag zwischen Eichstätt und Kuba - Symposion mit Kardinal Ortega diskutiert Herausforderungen für das Christentum

Eichstätt. (pde) - Als Ausdruck eines soliden Brückenschlags zwischen der katholischen Kirche in Kuba und der Diözese Eichstätt wertet Bischof Gregor Maria Hanke die internationale Tagung des Dialogprogramms mit Kuba, die am Wochenende bereits zum achten Mal stattfand. Nachdem sich Vertreter aus Kirche und Wissenschaft im vergangenen Jahr in Havanna getroffen hatten, war nun wiederum Eichstätt der Tagungsort.

Bei einem Empfang im Rahmen des zweitägigen Symposions würdigte der Bischof von Eichstätt besonders das persönliche Engagement des Erzbischofs von Havanna, Kardinal Jaime Ortega, für diese jährlich stattfindende Begegnung und stellte fest: „Wir in Europa können viel von Ihnen lernen“. Christsein in Kuba verlange Mut, gegen den Strom zu schwimmen. „Sie leben unter Vorzeichen, die auch für uns von Bedeutung sind“. Bischof Hanke bat Kardinal Ortega, mit in seine Heimat zu nehmen, „dass wir uns hier solidarisch wissen mit den Christen in Ihrem Land“.

Domkapitular Prof. Bernhard Mayer, der Eichstätter Diözesanbeauftragte für die Weltkirche, bezeichnete bei dem Empfang zu Ehren Ortegas den 71jährigen Priester und Kardinal als herausragende Persönlichkeit der Kirche von Kuba. Durch seine aktive Teilnahme trage Kardinal Ortega wesentlich zum Gelingen des Dialogforums bei. Kardinal Ortega sei – so Prof. Mayer - „guter Hirte im wahrsten Sinn des Wortes“ und kompetenter Theologe, „der zugleich geerdet ist und sich auch nicht scheut, heiße Eisen zu benennen“.

Prof. Horst Sing, Vorsitzender des mitveranstaltenden „Instituts für vergleichende Sozialarbeitswissenschaft und interkulturelle/internationale Sozialarbeit“ (ISIS) erinnerte an die erste Begegnung unter schwierigen Voraussetzungen 1999 in Havanna, die den Auftakt der danach regelmäßig stattfindenden Kuba-Tagungen gebildet hatte. Sing überreichte Kardinal Ortega eine Ehrenurkunde, mit der dem kubanischen Erzbischof als Dank für seine Verdienste um die deutsch-kubanischen Beziehungen die Ehrenmitgliedschaft im ISIS-Institut verliehen wurde.

Das Thema der achten internationalen Tagung des Dialogprogramms mit Kuba am 16. und 17. November lautete: „Humanisierung und Gesellschaft in Kuba heute – Herausforderungen für das Christentum“. Veranstalter des Symposions waren das Referat Weltkirche der Diözese Eichstätt, das Institut ISIS, das Missionswissenschaftliche Institut in Aachen, die Comboni-Missionare Ellwangen und die Katholische Erwachsenenbildung im Bistum Eichstätt.

„Eine große Familie mit einer Geschichte, die viele Jahrhunderte umfasst“

Eine große Chance der Kirche in der Gegenwart besteht nach Auffassung des Erzbischofs von Havanna, Kardinal Jaime Ortega in ihrer „Katholizität“, ihrem Selbstverständnis als „eine große Familie mit einer Geschichte, die viele Jahrhunderte umfasst“. Gerade weil „die Rhythmen der Welt nicht die der Kirche“ seien, müsse die Kirche auch nicht nach Anerkennung streben „an Orten, wo sich die Machtverhältnisse abwechseln, weder bei einer Partei noch bei einer anderen“. Gleichzeitig habe die Kirche eine zentrale Verpflichtung: „Sie muss Worte sagen und Zeichen setzen, die die Errichtung einer menschlichen Gemeinschaft fördern, in der Einheit herrscht, wo sich die Ungerechtigkeiten durch die Versöhnung unter allen überwinden lassen, wo man die Zusammenarbeit zwischen Christen der verschiedenen Bekenntnisse wünscht, mit Menschen anderer Religion und mit Menschen, die nicht glauben“. Kardinal Ortega eröffnete mit seinem Referat die diesjährige Kuba-Tagung im Bischöflichen Ordinariat in Eichstätt.

Bischöfe, Priester, Ordensleute oder engagierte Laienchristen sollten bei der Verkündigung des Evangeliums nicht übersehen, so der Erzbischof von Havanna bei der achten Kuba-Fachtagung in Eichstätt, dass die Botschaft Jesu „destabilisierend“ sei: „Sie holt uns aus unseren Sicherheiten und Bequemlichkeiten heraus und stellt uns immer wieder vor die begeisternde und kompromittierende Wahrheit eines Gottes, der sich entäußerte und für uns Mensch wurde und dabei das sichere Risiko des Kreuzes auf sich nahm“.

Der mehr als 30 Jahre staatlich geförderte Atheismus in Kuba sei nicht in die Menschen eingedrungen, stellte Ortega in seinem Referat fest. Der Glaube an Gott sei mit einem Prozentanteil der kubanischen Bevölkerung von ca. 90 Prozent konstant. Zugleich sei eine gewisse Oberflächlichkeit gegenüber der religiösen Wirklichkeit nicht zu übersehen. „Im Durchschnitt nähert sich der Kubaner dem religiösen Glauben nicht mit der Tiefe an, die das Thema der Beziehung des Menschen zu Gott verdient, sondern mit der Oberflächlichkeit, mit der er sich Themen wie der Mode, dem Lieblingssport usw. zuwendet“. Noch in der Zeit eines staatlich erzwungenen kirchlichen Schweigens über Gott habe sich in Kuba ein Trend hin zu afrokubanischen Kulten entwickelt. „Man nimmt am Ritus teil, wenn man möchte oder kann, es gibt keine großen moralischen Anforderungen und die magischen Elemente schenken Ruhe oder Sicherheit, sobald man sie praktiziert“. Gefördert werde dieser Trend durch touristische Werbung, die diesen „Synkretismus aus Tanz, Gesang und Folklore“ als „typisch kubanische Religion“ popularisiere.

Kardinal Ortega zeigte sich dennoch überzeugt, dass die zentrale Rolle der katholischen Kirche über allem esoterischen und magischen Suchen des postmodernen Kubaners hinaus erhalten bleibe. Dafür spreche auch eine Wiederentdeckung der historischen Rolle der Kirche in Kuba. Das soziale Engagement der Kirche in Vergangenheit und Gegenwart genieße hohes Ansehen. Die Sympathie zur Kirche sei angesichts des bezeugten Durchhaltevermögens mitten in wirtschaftlichen Schwierigkeiten und in Zeiten des Drucks und der Verfolgung gewachsen. „Die Unabhängigkeit der Kirche und ihre Einheit gegenüber der politischen Macht weckt Bewunderung“.

Gegenüber allem Synkretismus, aller Leichtfertigkeit und Oberflächlichkeit dürfe die Kirche nicht nachgiebig sein: „Sie muss die Wahrheit darstellen, den Kubaner und die Kubanerin von heute anregen, das Emotionale ihrer Religiosität zu überwinden und zur Verbindlichkeit des Glaubens kommen“. Zugleich dürfe der Verkünder des Glaubens nicht übersehen, dass er eine Heilsbotschaft für den konkreten Menschen bringe, „eine Person, die in einer Familie geboren wurde, die in anderen Arbeits-, Studien-, Sport-, Unterhaltungsgruppen und in Gruppen für die kulturelle Entwicklung mitmacht, eine Person, die Bürger eines bestimmten Landes ist, mit historischen Verantwortlichkeiten, die zudem ein ewiges Ziel hat“. Die Kirche könne daher keine alternative Gesellschaft zur menschlichen Gemeinschaft sein.

 

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