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18.08.2016

Bayerische Büchereien: Sankt Michaelsbund trifft sich auf Schloss Hirschberg

Susanna Ullmann und Sonny Delfino während ihres Programms "Worte im Einklang". Foto: St. Michaelsbund

Susanna Ullmann und Sonny Delfino während ihres Programms "Worte im Einklang". Foto: St. Michaelsbund

Die Bamberger Schriftstellerin Tanja Kinkel war zu Gast auf Schloss Hirschberg. Foto: St. Michaelsbund

Die Bamberger Schriftstellerin Tanja Kinkel war zu Gast auf Schloss Hirschberg. Foto: St. Michaelsbund

Seit vielen Jahrzehnten treffen sich auf Schloss Hirschberg Büchereimitarbeiterinnen aus ganz Bayern nicht nur zu Vorträgen zu aktuellen Themen, Autorenlesungen und diversen Workshops, sondern auch zum Erfahrungsaustausch im schmucken Rokokoschloss mit wundervollem Ausblick auf das Altmühltal. 2016 standen die bibliothekarische Kundenorientierung, Bayern und Bier, Vorstellungen von Buchneuerscheinungen, die Vorbereitung auf 500 Jahre Reformation und eine Autorenlesung mit Tanja Kinkel auf dem abwechslungsreichen Programm. Stefan Eß, geschäftsführender Direktor des Sankt Michaelsbundes in Bayern, und Michael Sanetra, Leiter der Landesfachstelle, freuten sich darüber, dass sie 300 Teilnehmer bei allen drei Kursen begrüßen durften.

2015 und 2016 lautet das Schwerpunktthema beim Sankt Michaelsbund "Treffpunkt Bücherei – Herzlich Willkommen". Damit soll nachhaltig ausgedrückt werden, dass der Mensch im Mittelpunkt der Arbeit der öffentlichen Büchereien steht, die als die mit Abstand meistbesuchten kulturellen Einrichtungen im Freistaat gerade im ländlichen Raum oft noch die einzigen konkret erlebbaren Orte und Treffpunkte sind, die allen Menschen unabhängig von Alter, Glauben, Herkunft ohne eigene kommerziellen Interessen offenstehen. Im Eröffnungsvortrag propagierte Frank Raumel, Biberach, der Leiter einer der erfolgreichsten Mittelstadtbibliotheken Deutschlands, eine gezielt kundenorientierte Büchereiarbeit als wesentlichen Teil der bibliothekarischen Willkommenskultur. Die Arbeit an den Wünschen des Lesers, so Raumel, sei eine Daueraufgabe für das ganze Team,  die Zufriedenheit des "Kunden" überhaupt stehe im Zentrum der bibliothekarischen Arbeit.

Das 500-jährige Jubiläum des bayerischen Reinheitsgebot durfte bei diesen Jahreskursen natürlich nicht fehlen. Unter der Überschrift "Bier und Bayern: ein literarischer Streifzug" zitierte Dr. Hans Göttler, Germanist, Dozent und "Wirtshausbua a.D." einiges Historisches und "Bierosophisches" und aus der Bairischen Literatur. Die Teilnehmer konnten sich danach auch noch über eine Bierprobe eines traditionell eichenfassgereiften Starkbiers aus dem nahen Neumarkt freuen.

Ein besonderes kulturellen Erlebnis am zweiten Abend war der Auftritt des "Zick Zack Traum Theater" mit ihrem Programm "Worte im Einklang". In Gewänder aus 1001 Nacht gehüllt verstanden es Susanne Ullmann und Sonny Delfino, das im stimmungsvoll abgedunkelten Raum sitzende Publikum zu faszinieren. Afrikanische Musikinstrumente wie die Kalimba, ein sog. Daumenklavier, und eine aus einer Kalebasse gearbeiteten dreisaitigen Stehharfe begleiteten die szenenhaft vorgetragenen Geschichten aus Afrika und Persien über Schmerz und Glück als  Wahrnehmung des Selbstverständlichen. Vor allem die Geschichte des schönen Herzens, das viele Narben trägt, weil es Teile von sich an andere Menschen verschenkt, berührte die Zuhörer sehr.

Das 500-jährige Jubiläum der Reformation steht vor der Tür, ein Ereignis, das vor allem in Deutschland als dem Ursprungsland der Reformation große Bedeutung hat. Josef Gründel, Bamberg, beleuchtete den Stellenwert des Reformgedenkens aus historischer und gegenwärtiger Sicht. "Die früheren Lutherjubiläen", so Gründel, "waren Heldengedenktage des Reformators und dienten vor allem der Abgrenzung gegenüber dem Katholizismus. Diesmal hingegen will die Evangelische Kirche Deutschlands (EKD) das Reformationsgedenken 2017 bewusst ökumenisch und auch international begehen und die Wiederentdeckung des Evangeliums als einen Schwerpunkt herausstellen." Was genau am 31. Oktober 1517 an der Kirchenpforte der Wittenberger Pfarrkirche geschah, lasse sich mit letzter Sicherheit nicht mehr sagen. Hatte der Hausmeister der Universität – wie es damals so üblich war – Diskussionsthesen an das Tor der Wittenberger Kirche angeschlagen? Oder wurden die 95 Thesen an verschiedene Theologen verschickt? "Nailed or mailed?" (Angeschlagen oder Verschickt?), so fragte Gründel schmunzelnd in die Runde. Gründel bezeichnet Martin Luther als eine äußerst vielschichtige Persönlichkeit: Er war ein Zeitgenosse in einer gesellschaftlichen, politischen und religiösen Umbruchszeit, er war ebenso Mönch und Seelsorger wie Bibelwissenschaftler und Theologe, und er war sowohl ein Suchender wie ein Glaubender.

Eine der bekanntesten Autorinnen, deren Werke aus keiner Bücherei mehr weg zu denken sind, war Gast zu den Jahreskursen in Hirschberg: Tanja Kinkel. Mit 19 Jahren schrieb sie den ersten Roman, seitdem veröffentlichte die Bamberger Schriftstellerin eine Vielzahl von (meist historischen) Romanen, die in mehr als ein Dutzend Sprachen übersetzt sind. Es war für die Zuhörer beeindruckend zu hören, mit welcher Energie und Zeitaufwand sie für einen Roman recherchiert. So arbeitete sie sich für den Roman "Die Verführung" in die Welt des italienischen Rokoko zur Zeit eines Casanovas in Venedig an historischen Stätten ein. Nach England zog es sie, um die geschichtlichen Quellen für den Roman "Im Schatten der Königin" zu studieren. Für die Recherchen zu ihrem Roman "Manduchai – die letzte Kriegerwitwe" reiste Tanja Kinkel sogar in die Mongolei. Dort suchte sie zusammen mit ihrer Dolmetscherin Kontakt mit mongolischen Historikern und lernte hautnah die Lebensweise und Kultur der Mongolen auf intensive Weise kennen. Keine Mühe scheute sie auch für ihren zuletzt erschienenen Roman "Schlaf der Vernunft", der den "Deutschen Herbst", den Terror der RAF in den siebziger Jahren zum Inhalt hat. Eineinhalb Jahr benötigt sie für diese Recherche, insgesamt zwei Jahre dauert es, bis dieser Roman fertig geschrieben war. Mit diesem interessanten Einblick in die Schreibwerkstatt der bekannten Autorin endeten die Jahreskurse des Sankt Michaelsbundes, die für alle Besucher eine große literarische Bereicherung waren.

Quelle: Büchereiarbeit

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