Was hat Ihnen in der Seniorenpastoral am meisten Freude bereitet?
Generell die Rückmeldungen von Ehrenamtlichen und Hauptberuflichen, dass Angebote und Unterstützung für sie brauchbar und hilfreich waren. Es war schön, über einen langen Zeitraum hinweg wahrzunehmen, was aus oft unscheinbaren „Samenkörnern“ gewachsen ist; wie die Kursteilnehmenden enorm engagiert Dinge umgesetzt, in ihr Arbeitsfeld übersetzt und kreativ weiterentwickelt haben. Meine Erfahrung über all die Jahre ist, dass eine Anlaufstelle, Unterstützung, Begleitung und Austausch notwendig sind. Es braucht Ideen, Modelle und Konzepte. Noch viel wichtiger ist, Vertrauen zu haben, dass die Leute vor Ort am besten wissen, was und wie konkret umgesetzt werden kann, und sie dabei zu ermutigen. Freude bereitet hat mir auch die Zusammenarbeit mit anderen Referentinnen und Referenten sowie Kolleginnen und Kollegen insbesondere die mit Regine Schneider ab 2015: Endlich war ich nicht mehr Einzelkämpfer in der Seniorenpastoral.
Wie war es für Sie, selbst in die Generation hineinzuwachsen, für die Sie beruflich unterwegs waren, sprich: Wie nehmen Sie das eigene Älterwerden an?
In den ersten Jahren habe ich ganz bewusst meinen meist deutlich älteren Gegenübern signalisiert, dass sie die Experten fürs Älterwerden sind und ich eigentlich „zu jung“ bin. Durch meine Arbeit bin ich heute vielleicht ein wenig gelassener, weil ich aus vielen Begegnungen weiß, dass Altern zwar nichts für Feiglinge ist, dass aber ein glückliches, zufriedenes, gutes Altern auch dann noch möglich ist, wenn es von Einschränkungen und Verlusten mehr und mehr geprägt wird.
Was kann Seniorenseelsorge heute leisten?
Der Ansatz der Seniorenpastoral ist das Entdecken und Wahrnehmen der konkreten Lebenswirklichkeit älterer Menschen: selbstständig und rüstig, gebrechlich, dement oder pflegebedürftig, in der Familie, als Paar, allein oder im Heim lebend. So ist die Pastoral mit älteren Menschen insgesamt von dem Grundmotiv lebenslanger Begleitung geprägt. Damit Kirche nahe bei den immer zahlreicheren älteren Menschen ist, ist es wichtig die Alten- beziehungsweise Seniorenseelsorge in der Gesamtpastoral angemessen zu berücksichtigen. Es geht auch darum, das vielfältige Engagement älterer Menschen für die kirchliche Gemeinschaft wahrzunehmen, zu schätzen, und ältere Menschen als „Experten fürs Leben“ zu entdecken. Seniorenseelsorge trägt dazu bei, selbstverantwortetes und mitverantwortliches Leben im Alter als Bereicherung für Gesellschaft und Kirche zu sehen und gelebte Solidarität zwischen den Generationen zu fördern. Mit ihren Angeboten leistet sie auch einen wichtigen Beitrag, wenn es um die Würde bis zum Lebensende und die damit verbundenen ethischen Fragestellungen geht.
Wie kann die Kirche hier im Vergleich zu anderen Anbietern punkten?
Konkret kommt es natürlich auf die Ebene an: Auf Diözesanebene kann es eigentlich nur um die Unterstützung derer gehen, die vor Ort diese Arbeit leisten. Vor Ort sind wir, finde ich, als Kirche nach wie vor in der glücklichen Lage, dass wir unsere Stärken ausspielen können, oder uns vielleicht auch vermehrt darauf besinnen müssen: Pastoral kann sich – im Unterschied zu praktisch allen anderen Akteuren – den „Luxus“ leisten, nicht kommerziell und gewinnorientiert tätig sein zu müssen. Sie kann einfach den Menschen in seiner Ganzheit und mit seiner Lebensgeschichte wahr- und ernstnehmen, für ihn da sein. Wenn wir mit dieser Grundhaltung Menschen beim Älterwerden begleiten, mit ihnen neue Lebens- und Glaubenshorizonte erschließen, und dazu unsere Ressourcen an Räumen und Engagierten nutzen, dann kann Seelsorge ihren Beitrag leisten. Dazu braucht es aber auch einen Mentalitätswandel: Ältere Menschen sind keine Sondergruppe, die von anderen Gruppen abgeschieden ist. Sie gehören, wie andere auch, in die Mitte der Gesellschaft. Seniorinnen und Senioren sind zunächst einfach Erwachsene und wollen als solche behandelt werden – und sie wollen nicht nur immer unter sich sein. Die starren Grenzen zwischen verschiedenen Gruppen müssen durchlässiger werden, es muss sehr viel mehr Miteinander zwischen verschiedenen Generationen geben. Das passiert aber meist nicht von selbst, dazu braucht es Anstöße. Wer, wenn nicht wir als Kirche, die wir praktisch an jedem Ort noch Räume und Einrichtungen, Ehrenamtliche und Hauptberufliche haben, kann das zustande bringen – wo wir doch jeden Sonntag zusammen Eucharistie feiern: Alle gemeinsam, auch alle Generationen.