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14.07.2010

Ein Meister der großen Inszenierungen - Die Ausstellung über Johann Evangelist Holzer zeigt erstmals das komplette Lebenswerk des Maler-Genies

Eichstätt. (pde) – Er hat Flexibilität und Innovation gelebt, er war gebildet und mit starkem Selbstbewusstsein ausgestattet. Typisch sei „die Lässigkeit, mit der er große Inszenierungen schafft“, so charakterisiert Wolfgang Meighörner, Direktor der Tiroler Landesmuseen Ferdinandeum Innsbruck, den barocken Künstler Johann Evangelist Holzer. Dem „Maler des Lichts“ widmet die Diözese Eichstätt bis zum 31. Oktober eine großartige Ausstellung. „Holzers Farben öffnen den Blick auf die himmlische Liturgie“, erklärte Bischof Gregor Maria Hanke bei der feierlichen Eröffnung am Dienstag in der Eichstätter Schutzengelkirche.

Zu seiner Zeit wurde Holzer Raffael gleichgesetzt, heute ist sein Werk eine wahre Entdeckung. In Zusammenarbeit mit drei weiteren Museen wird das Lebenswerk des Malers und Graphikers erstmals komplett dargestellt. „Diese Ausstellung stellt für unsere Verhältnisse einen großen Kraftakt dar“, betonte Emanuel Braun, der Leiter des Eichstätter Domschatz- und Diözesanmuseums. Zuvor war die Schau in Augsburg - dort verteilt auf zwei Museen - zu sehen. Nach Eichstätt wird sie nach Innsbruck weiterwandern. Jede Stadt setzt dabei ihre eigenen Akzente. Bei der Eichstätter Ausstellung können einige der bedeutendsten Werke Holzers „live“, am Originalort, besichtigt werden: so das große Altarbild „Tuum est Regnum et Potentia et Gloria“ (Der Sieg Michaels) in der Schutzengelkirche und das Deckenfresko in der ehemaligen fürstbischöflichen Sommerresidenz.

Gemälde, Fresken, Graphiken, Altarbilder - nach nur etwa 15 Arbeitsjahren hat der in Südtirol geborene Künstler ein gewaltiges Werk vorgelegt. Das zeigt auch der opulente Katalog, der begleitend zur Ausstellung erarbeitet wurde und in dem zahlreiche Spezialisten ihr Fachwissen und neue Forschungsergebnisse eingebracht haben. „Damit ist ein weißer Fleck auf der Landkarte der Kunstgeschichte des Barocks getilgt“, freuen sich die Veranstalter, die betonen, dass sie keine Schau mit „Event-Charakter“ anstrebten. Wichtiger sei es, in die Tiefe zu gehen, Forschung voranzubringen und der Bedeutung des „Maler-Genies“ endlich gerecht zu werden.

Da Holzer bereits mit 30 Jahren an Typhus starb, blieb ihm nicht viel Zeit, - doch er nutzte sie. Rund 90 Werke sind dokumentiert, und erst vor kurzem kamen zwei neue dazu: Im Zuge der Restaurierung der Schutzengelkirche wurden zwei Seitenaltarbilder neu bewertet und Holzer zugeschrieben. „Das war eine große Überraschung“, berichtete Dr. Emanuel Braun. „Nach zahlreichen Übermalungen haben wir jetzt wieder den Originalzustand hergestellt.“ Zu bewundern sind die beiden Gemälde am Marien- und am Kreuzaltar.

Der Museumsleiter gab im Rahmen der Eröffnung auch einen Einblick in die Zeit und Lebensumstände des Maler-Genies. „Das 18. Jahrhundert war wohl die glanzvollste Zeit Eichstätts“, erläuterte er. Der Residenzplatz wurde gestaltet, die Sommerresidenz erbaut. Zwischen Eichstätt und dem kulturellem Zentrum Augsburg, wo Holzer tätig war, fand über lange Zeit hinweg „ein intensiver künstlerischer Austausch“ statt. Beispiele dafür seien die Glasfenster von Hans Holbein dem Älteren, die Gemmingen-Monstranz von Hans Bayer, die Fresken von Johann Georg Bergmüller. „Immer wieder richtetete man den Blick über das Hochstift hinaus nach interessanten, begabten und renommierten Meistern.“ Ob Holzer in Eichstätt eine Wohnung hatte oder in einem Gasthaus logierte, lässt sich nicht mehr feststellen. Doch habe er hier wichtige Spuren hinterlassen, und sei „eine wichtige Figur in der Kunstgeschichte Eichstätts“. Diese Person kann nun in einer nie da gewesenen Intensität entdeckt werden - auch in einem umfassenden Begleitprogramm.

Die Ausstellung ist als Rundgang konzipiert und eingebettet in den historischen Stadtkern, der noch heute die Atmosphäre des 18. Jahrhunderts ausstrahlt, so Museumsleiter Emanuel Braun. Dem Besucher ist frei gestellt, in welcher Reihenfolge er die Stationen durchlaufen will. In den Räumen des Domschatz- und Diözesanmuseums liegt der Schwerpunkt der Sonderausstellung auf den religiösen Leinwandgemälden von Johann Evangelist Holzer. Ein weiterer Themenkomplex ist dem Schaffen Holzers für die ehemalige Benediktinerklosterkirche Münsterschwarzach gewidmet. Mit einer Computersimulation kann der Besucher den Bau und Holzers Kuppelfresko in der zerstörten Kirche wieder auferstehen lassen. In der ehemaligen und nach der Renovierung wieder eröffneten Klosterkirche Notre Dame, einem Zentralbau mit Fresken von Holzers Förderer und Lehrer Johann Georg Bergmüller, werden großformatige Altarblätter präsentiert. Das größte stammt aus einer Augsburger Hauskapelle, die im Modell vorgestellt wird. Das Deckenbild wird in der Sommerresidenz in einer neuartigen Sichtweise präsentiert. Zusätzlich gibt es dort eine Dokumentation zum Fresko von Partenkirchen. Im Mittelpunkt des Rundgangs steht die Schutzengelkirche mit den drei monumentalen Altarbildern Holzers. Die Kirche wurde - nicht zuletzt mit Hilfe vieler Spenden - soeben restauriert.

Johann Evangelist Holzer wurde am Heiligabend des Jahres 1709 in Burgeis in Südtirol geboren. Kirchen und Klöster in Süddeutschland stattete er mit prächtigen Fresken und Altarblättern aus. Nach nur wenigen Schaffensjahren hatte der Künstler, der lange in Augsburg wirkte und mit nur 30 Jahren in Clemenswerth an der niederländischen Grenze starb, ein bedeutendes Werk hinterlassen.

Die Ausstellung im Domschatz- und Diözesanmuseum Eichstätt läuft von 14. Juli bis 31. Oktober 2010. Öffnungszeiten des Museums: von 10 bis 17 Uhr, jeweils Dienstag bis Sonntag, Infotelefon (08421) 50-266, weitere Informationen unter „www.dioezesanmuseum-eichstaett.de“, .Pressefotos unter „www.bistum-eichstaett.de/medien“.