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Rosenkranzbruderschaft in der Buchdorfer Pfarrei St. Ulrich

 

Es waren gerade erst 18 Jahre vergangen seit dem Ende des 30-jährigen Krieges. Noch litten die Menschen in unserem Land unter den Zerstörungen und schlimmen Folgen dieses Glaubenskrieges. Auch wenn darüber keine eigenen Quellenberichte vorliegen, darf man annehmen, dass dieser Krieg in Buchdorf ähnlich wie im benachbarten Baierfeld, wo im Jahre 1551 erst wieder drei Anwesen besiedelt waren, verheerende Spuren hinterlassen hat. Im Herzogtum Pfalz-Neuburg, zu dem Buchdorf nach dem Landshuter Erbfolgekrieg (1504/05) gehörte, war unter Herzog Philipp Wilhelm, dessen Vater Wolfgang Wilhelm ab dem Jahre 1614 in seinem Territorium wieder die Reformation abgeschafft hatte, die Rekatholisierung und damit auch eine Wiederbelebung der Marienverehrung in vollem Gange. Im Zisterzienserkloster Kaisheim gelang es Abt Georg Müller das Kloster zu einer neuen spirituellen und wirtschaftlichen Blüte zu führen und im Jahre 1656 die Reichsunmittelbarkeit zu erlangen. Die meisten Hofstellen in Buchdorf gehörten zur klösterlichen Grundherrschaft. Und weil Buchdorf damals noch keinen eigenen Pfarrer hatte (erst im Jahre 1726 wurde Buchdorf eine eigene katholische Pfarrei), wurde hier der Gottesdienst von einem Pater aus Kaisheim gefeiert. Das ist, kurz gefasst, der zeitgeschichtliche Rahmen für ein bedeutsames kirchliches Ereignis in Buchdorf, das bis in unsere Tage fortwirkt: dieErrichtung der Rosenkranzbruderschaft im Jahre 1666.

 

Nach der Urkunde vom 21. März 1666 wurde die Buchdorfer Rosenkranzbruderschaft errichtet "zur Förderung der Marienverehrung, zur Ausrottung der vielfältigen und in Schwung gehenden Laster, zur Erflehung des Seelenheiles durch andächtiges und eifriges Gebet, zur Gottesfurcht und zu guten Tugenden wie auch zu Trost und Hilfe für alle abgestorbenen Christgläubigen". Damit fand in Buchdorf die an sich alte Tradition von Gebetsbruderschaften (bereits 1211 soll der heilige Dominikus in Toulouse eine Art Rosenkranzbruderschaft gegründet haben) eine relativ frühe Verwirklichung in unserer Gegend. In den benachbarten Pfarreien wurden teilweise erst viel später ähnliche Gebetsgemeinschaften ins Leben gerufen, wie beispielsweise 1703 in Sulzdorf eine St. Sebastian- Bruderschaft. Dass bei uns in Buchdorf eine Rosenkranzbruderschaft errichtet wurde, ist wohl in den damaligen eingangs skizzierten Zeitumständen zu sehen. Der Anstoß zur Gründung der Buchdorfer Rosenkranzbruderschaft kam nämlich vom Kaisheimer Abt höchst persönlich und dem Prior Benedikt Hein, der von seiner Zeit als "Frühmesser" eine besondere persönliche Beziehung zu Buchdorf hatte und von 1667 bis 1674 selbst Abt in Kaisheim war. Mit ihren beiden Namen beginnt auch das erste Bruderschaftsbuch.

 

Die Marienstatue im rechten Seitenaltar (Rosenkranzaltar) der heutigen Buchdorfer Pfarrkirche ist aller Wahrscheinlichkeit nach ein Geschenk des Kaisheimer Abtes zur Gründung der Bruderschaft. Denn an der Brust der Figur erblickt man bei genauem Hinsehen einen Adler, der als kaiserliches Wappensymbol wohl die 1656 erlangte Reichsunmittelbarkeit des Klosters andeuten sollte.

 

Ebenfalls an die Gründung der Rosenkranzbruderschaft im Jahre 1666 erinnert die Bruderschaftstafel, die aus diesem Anlass gestiftet wurde. Das Bild auf der einen Seite zeigt Maria als Rosenkranzkönigin, wie sie dem hl. Dominikus und der hl. Katharina von Siena eine Rosenkranzkette überreicht. Bei der Kirche neben der Heiligen handelt es sich um eine Darstellung der Basilika "San Domenico" in Siena, in der das Haupt Katharinas in einem gläsernen Schrein zur Verehrung durch die Gläubigen ausgestellt ist. Die Bildtafel war vermutlich die Vorlage für die Gestaltung des Rosenkranzaltares, der von der Rosenkranzbruderschaft um 1755 für die neu erbaute Buchdorfer Kirche gestiftet wurde. Auf der Rückseite der Tafel ist eine Schutzmantelmadonna zu sehen, unter deren Schutz und Schirm sich das Gottesvolk schart. Am Rosenkranzfest wird diese Tafel, die sonst beim rechten hinteren Beichtstuhl steht, vor dem Chorraum der Kirche aufgestellt.

 

Ein Kernanliegen der Bruderschaft war und ist die Pflege des regelmäßigen Rosenkranzgebetes. So sind die Mitglieder zur wöchentlichen Rosenkranzandacht eingeladen; im Monat Oktober findet sogar täglich eine solche statt, und in der Woche nach Allerseelen wird jeden Tag der Rosenkranz für die Verstorbenen gebetet. Für jedes verstorbene Mitglied der Rosenkranzbruderschaft findet jeweils an einem Sonntag ein eigenes Bruderschaftsamt statt. Neuerdings werden auch eigene Rosenkranzandachten für Kinder abgehalten.

 

Wie die alten Bruderschaftsbücher zeigen, ließen sich zahlreiche Gläubige in die mit verschiedenen Ablässen verknüpfte Gebetsgemeinschaft aufnehmen. Lange Zeit war es auch üblich, dass alle Kinder an ihrem Erstkommuniontag Mitglied der Bruderschaft wurden. Auch viele Gläubige aus der Umgebung sind in den Bruderschaftsbüchern verzeichnet. Etliche kommen auch heute noch nach altem Brauch am alljährlichen Rosenkranzfest in ihre Heimat und feiern den Tag mit durch den Empfang der heiligen Sakramente.

 

Sind Gebetsbruderschaften wie unsere Rosenkranzbruderschaft heute noch aktuell? Wie auch die Erfahrungen bei uns zeigen, ist ihre Bedeutung im Abnehmen begriffen. In Zeiten, in denen das Streben nach Individualität und Autonomie Vorrang hat, lassen sich die Menschen offenbar nur mehr schwer für Gebetsbruderschaften begeistern. Andererseits sind sie durchaus aufgeschlossen für ein gesundes Traditionsbewusstsein. Kann das, was für unsere Vorfahren wichtig war, nicht auch für uns noch von Bedeutung sein? Es waren vor allem die äußeren Nöte wie Hunger, Krieg und Unterdrückung, welche in früheren Zeiten die Menschen "das Beten lehrten". Heute sind es eher die inneren Nöte wie Vereinsamung, Stress und seelische Leiden, denen die Menschen ausgesetzt sind und die oft nicht weniger bedrückend sind. Die Erfahrungen in einer Gebetsgemeinschaft, so sagen auch namhafte Psychologen, können in solchen Nöten eine wertvolle therapeutische Wirkung haben. Gerade das Rosenkranzgebet mit seinem meditativen Charakter kann durchaus auch den Bedürfnissen der Menschen in unserer Zeit noch entgegenkommen. So bleibt zu hoffen, dass das, was mit der Errichtung der Rosenkranzbruderschaft damals bei uns in Buchdorf seinen Anfang nahm, auch in der Zukunft gepflegt und weiter tradiert wird.

 

Roland Würth

Gottesdienstzeiten

Heilige Messen in der Pfarrei Buchdorf

Samstag 19.00 Uhr abwechselnd in Buchdorf oder Bergstetten;
Sonntag 8.45 Uhr oder 10.00 Uhr abwechselnd in Buchdorf oder Baierfeld

Glockenanlage der Pfarrkirche

Die Glockenanlage der Pfarrkirche St. Ulrich in Buchdorf stellt Thomas Winkelbauer, Glockensachverständiger der Diözese Eichstätt, vor. mehr...