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Wo ist mein Platz in der Pfarrei?

Im Dom feierten Menschen mit und ohne Behinderung den Auftakt einer ungewöhnlichen Aktion

Dass bei einem Gottesdienst im Eichstätter Dom gleich zwei Bands spielen, ist nicht alltäglich. Noch ungewöhnlicher ist es, wenn am Mikrofon Menschen mit geistiger Behinderung stehen – so wie beim Auftaktgottesdienst zum Projekt „Alle inklusive? – mein Platz in der Kirche!“. Diözesanbehindertenseelsorger Pfarrer Alfred Grimm konnte dazu sowohl den Leiter des Bischöflichen Seelsorgeamts, Domkapitular Alfred Rottler, als auch Caritasdirektor Domkapitular Franz Mattes begrüßen.

Warum im Altarraum eine ganze Reihe schlichter Stühle aus unbehandeltem Holz aufgestellt waren, erläuterten Grimm und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Behindertenpastoral gleich anschließend: Aus allen acht Dekanaten des Bistums saßen Abgesandte im Dom, um jeweils zwei Stühle in Empfang zu nehmen, die in den kommenden Monaten kreativ gestaltet werden sollen. Ein Sitzmöbel ging jeweils in eine Behinderteneinrichtung, ein zweites in eine Pfarrgemeinde.

Die bevorstehende künstlerische Arbeit soll aber kein Selbstzweck sein, sondern zu Gesprächen und Diskussionen anregen über die Frage: Wie fühlen sich Menschen mit Behinderung in unserer Pfarrei? Finden sie Bedingungen, die ihnen Teilhabe am Gottesdienst und am Gemeindeleben ermöglichen? In diesem Zeichen wird auch die Ausstellung mit den fertig gestalteten Stühlen stehen, die am 15. Juni 2013 in der Eichstätter Johanniskirche eröffnet wird. Abschlussgottesdienst ist am 23. Juni.

Domkapitular Rottler versicherte in seiner Predigt beim Auftaktgottesdienst, an dem viele junge und ältere Menschen mit Behinderung teilnahmen: „Wir alle sind Gottes geliebte Kinder seit unserer Taufe. Gott liebt mich – auch, und gerade, in der Situation, in der ich jetzt bin. Ich kann nie aus dieser Liebe herausfallen.“

Nach dem Schluss-Segen zogen die Gottesdienstbesucher zum Priesterseminar, wo ein Imbiss bereitstand und Gelegenheit zum Austausch war. Dazu musizierten die Mitglieder des Ensembles „Trotzdem“ auf ihren Veh-Harfen. Die Frauen und Männer treffen sich im Rahmen der Offenen Behindertenarbeit des Ingolstädter Caritaszentrums St. Vinzenz regelmäßig zum Proben.

Einer von ihnen ist Rainer Ziller (46), dessen Vater die Aktion der Behindertenseelsorge lobte: „Wenn man so viele Leute zusammenbringt wie heute, ist das schon eine feine Sache.“ Das fanden auch die Ingolstädter Diözesanrätin Karin Christl oder Schwester Ruth Gebhard von Regens Wagner, Zell, die zuvor beim Gottesdienst in Gebärdensprache übersetzt hatte.

Seelsorgeamtsleiter Rottler würdigte die Arbeit der vier Regionalbeauftragten, die den Diözesanbehindertenseelsorger unterstützen. Dies sind Erich Holland (Dekanate Eichstätt und Weißenburg-Wemding), Theresia Heim (Dekanat Roth-Schwabach), Diakon Dragan Milos (Region Ingolstadt) und Angelika Gleiß (Dekanate Neumarkt und Habsberg). Den Raum Nürnberg betreut Pfarrer Grimm.

Gabi Gess, Kirchenzeitung Nr. 46 vom 11. November 2012