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„Wir haben ja doch was geleistet!“

Gemeindeberatung bot Möglichkeit, vor den Neuwahlen zum Pfarrgemeinderat Bilanz zu ziehen

Jubelwiese oder Kummersee? Brachland oder gut bestellte Felder? Auf eine ungewöhnliche Exkursion in die „Bilanz-Landschaft“ begaben sich in den vergangenen Monaten Pfarrgemeinderäte aus dem Bistum Eichstätt. Sie nahmen das Angebot der diözesanen Gemeindeberatung an, unter fachkundiger Begleitung auf die zu Ende gehende Amtsperiode zurückzuschauen und kommende Aufgaben ins Auge zu fassen. „Die Auswertung von erreichten Zielen und der Blick auf Erfolge und Misserfolge kann helfen, das Profil des Pfarrgemeinderats zu schärfen, einen gemeinsamen Abschluss auch für ausscheidende Mitglieder zu schaffen und Kandidaten für die kommende Wahlperiode zu gewinnen“, begründete die Gemeindeberatung ihr Angebot.

Dass sich nur einige wenige Pfarrgemeinden darauf einließen, liege vielleicht daran, dass man die Gemeindeberatung im falschen Licht sehe, meint Pfarrer Stephan Neufanger, der dem achtköpfigen Team der Gemeindeberatung (offiziell: Arbeitsgemeinschaft für Organisationsentwicklung und Gemeindeberatung) seit 2009 angehört. Sie werde oft für eine Konfliktberatung gehalten („Wir haben doch gar keine Probleme“), ziele aber vielmehr darauf, Entwicklungsmöglichkeiten auszuloten und das System Pfarrgemeinderat zu analysieren mit dem Blick von außen. „Das kann tatsächlich etwas verändern“, weiß Neufanger, der zwei Treffen zur Auswertung der abgelaufenen Amtsperiode geleitet hat. Einmal begab er sich mit Pfarrgemeinderäten aus Burgoberbach in Klausur, ein anderes Mal mit Ehrenamtlichen aus den Pfarreien Greding, Heimbach und Röckenhofen.

Seelsorger dieser drei Gemeinden ist Pfarrer Richard Herrmann, der die Abschlussrunde mit der Gemeindeberatung angeregt hatte, „weil’s gut ist, wenn man mal einen außenstehenden Beobachter hat“. Die geschulten Frauen und Männer der Gemeindeberatung – die vor Ort stets als Zweierteams im Einsatz sind – arbeiteten mit den Räten heraus, was sich in der Gremienarbeit bewährt hat und den künftigen Räten mit auf den Weg gegeben werden kann. Umgekehrt gebe es, „alte Zöpfe, die sich abschneiden lassen“, weiß Pfarrer Herrmann. Ein aktiver, mündiger Pfarrgemeinderat, der das pastorale Leben gestaltet und das Wirken der Verbände bündelt, bedeute „weniger Arbeit für den Pfarrer“, gibt Herrmann unumwunden zu. „Und das ist nicht nur in meinem Sinn, sondern auch im Sinne des Konzils.“

Wertschätzung wichtig

Oft sind sich die Räte gar nicht bewusst, was sie leisten. Neufanger hat das bei den Auswertungsgesprächen bemerkt: „Ich habe beide Male erlebt, dass im Vorgespräch das Gefühl rüberkam: Was haben wir denn schon gemacht, außer das Pfarrfest vorzubereiten? Aber dann sind doch noch so viele Dinge zum Vorschein gekommen, die auch noch gelaufen sind. Solche blinden Flecken aufzudecken, ist für die Wertschätzung sehr wichtig.“
Der Gredinger Vorsitzende Manfred Butz kann zum Beispiel berichten, dass der Pfarrgemeinderat einen Shuttlebus-Service für Beerdigungen in die Wege geleitet hat. So kommen alte Leute nach dem Gottesdienst leichter den langen Berg zum Friedhof hinauf. Ein Punkt „an dem wir dranbleiben sollten“ sei auch die stärkere Be-lebung des Arbeitskreises Liturgie, gibt der 53-jährige Religionslehrer Auskunft. Diejenigen, die nun aus dem Pfarrgemeinderat ausscheiden, täten es aus Altersgründen, nicht aber aus Frust, nichts bewegen zu können, berichtet Butz. Er selbst wird erneut kandidieren, möchte aber gerne nach 20 Jahren den Vorsitz in andere Hände legen: „Mal sehen, ob’s klappt.“

Dass bei der Bilanzrunde mit der Gemeindeberatung auch die Räte-Kollegen aus Heimbach und Röckenhofen mit dabei waren, fand er gut, denn „man kriegt ansonsten wenig voneinander mit und es gibt ja auch gemeinsame Anliegen“. Dass die Arbeit in einem Pfarrgemeinderat nie ausgeht und immer wieder Veränderungen unterworfen ist, das weiß auch Pfarrer Erwin Westermeier, Sprecher und Gründungsmitglied der 1998 entstandenen diözesanen Gemeindeberatung. Dass die Gremienarbeit im Grunde „ein Fass ohne Boden“ sei, müssten sich die Aktiven erst bewusst machen, um einigermaßen zufrieden aufs Geleistete zurückblicken zu können, meint der Pfarrer von Winkelhaid-Burgthann, der vier Bilanzgespräche geleitet hat.

Weil es bei Pfarrgemeinderatssitzungen meist eine lange Themenliste in kurzer Zeit abzuarbeiten gilt, bleibe für Innehalten und Reflexion keine Zeit, weiß Gemeindereferentin Irmgard Schick aus Freystadt, die seit zwölf Jahren auch Gemeindeberaterin ist. Darum sei es gut, sich einmal ganz gezielt der Frage zu stellen: Wo stehen wir und wie soll es weitergehen?

Gemeinsam mit Neufanger war Schick in Burgoberbach zu Gast. Die dortige Pfarrgemeinderatsvorsitzende Monika Popp erinnert sich: „Meine Leute waren zuerst skeptisch. Aber dann waren sie ganz positiv überrascht und haben eine Bestärkung für ihre Arbeit bekommen.“ Etwa drei Viertel der bisherigen Räte in Burgoberbach kandidierten erneut, gibt Popp Auskunft und fügt an die Adresse der Gemeindeberatung gleich hinzu: „Wir würden gerne wieder etwas machen.“

Gelegenheit dazu bietet sich bald: Wie Westermeier ankündigt, wird es für die neugewählten Pfarrgemeinderäte – wie schon zu Beginn der letzten Amtsperiode – wieder die Möglichkeit geben, mit der Gemeindeberatung einen Klausurtag zu planen.

Gabi Gess, Kirchenzeitung Nr. 5 vom 2. Februar 2014