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Tür an Tür mit St. Bartlmä

Filialkirche mitten auf dem Bauernhof/Hundegebell und Muhen beim Patrozinium

Während der Patroziniumsfeier in St. Bartlmä steht die Kirchentür offen. Nicht nur, weil es ein drückend schwüler Spätsommerabend ist, sondern weil mehr Gläubige gekommen sind, als das kleine Gotteshaus im Tal der Wissinger Laber fassen kann. Unter die Gebete und Lieder mischt sich immer wieder kräftiges Muhen und Hundegebell, geht doch der Kirchenbau nahtlos über in die landwirtschaftlichen Gebäude und Stallungen eines Milchviehbetriebs, den die Familie Dinfelder seit mindestens vier Generationen betreibt. Soeben zieht die Bäuerin mit geübtem Griff an einem Hanfstrick und läutet die Glocken zur Wandlung.

Vor 29 Jahren heiratete Maria Dinfelder, eine gebürtige Oberfränkin und ehemalige Caritas-Mitarbeiterin, auf das idyllisch gelegene Anwesen zwischen Dietfurt und Breitenbrunn ein. Die kleine Kirche, die sie quasi mit geheiratet hat, „gehört halt einfach dazu“, meint sie – und übernimmt deshalb seit Jahren bereitwillig Mesner- und Reinigungsdienste.

Einst Jagdkapelle

Erstmals erwähnt wird das Gotteshaus im zwölften Jahrhundert. Die Herren des nahegelegenen Schlosses Wildenstein hatten es als Jagdkapelle errichten lassen. Darauf verweist auch der rechte Seitenaltar, auf dem Jägerpatron St. Hubertus dargestellt ist. Der linke Altar zeigt den heiligen Georg, der Hauptaltar den Kirchenpatron, den Apostel Bartholomäus. Nahe des Kirchleins soll sich einst eine Eremiten-Klause befunden haben, berichten alte Aufzeichnungen. Am Bach, der am Hof vorbeifließt, wurde früher eine Mühle betrieben, in der der Stoff für die Kutten der Dietfurter Franziskaner gewalkt wurde. Die Wohn- und Wirtschaftsgebäude rund um die Kirche erbauten wahrscheinlich die Bediensteten von Schloss Wildenstein, wann weiß heute niemand mehr. Von einem tragischen Unglück, das eine Bewohnerfamilie traf, erzählt noch heute eine Votivtafel in der Kirche: An Heiligabend 1886 starben drei kleine Kinder beim Brand eines Hauses gleich neben der Kirche, das Gotteshaus jedoch blieb vom Feuer verschont.

In der Kindheit des heutigen Hofbesitzers Xaver Dinfelder wurde die Kirche noch von der Pfarrei Eutenhofen betreut. Alle vier Wochen kam der Pfarrer zum Gottesdienst. Vor genau 40 Jahren wurde St. Bartlmä dann der Pfarrei Dietfurt zugeteilt.

Heute füllt sich die Kirche nur noch zweimal im Jahr mit treuen Besuchern: Beim Bittgang der Dietfurter vor Christi Himmelfahrt und beim Patrozinium am 24. August. Von einem Besucher andrang wie in St. Bartholomä am Königssee kann das namensgleiche Gotteshaus im Labertal nur träumen.

Für die Dinfelders aber ist es Teil ihres Lebens geworden. Ihr ältester Sohn, Georg (28) wurde ebenso dort getauft wie Hubert, der jüngste. Dessen Taufe vor 16 Jahren fand im Rahmen des Kirchweihgottesdiensts statt. „Das war so schön“, schwärmt seine Mutter noch heute.

Längst hat es sich in der Familie eingespielt, dass derjenige, der gerade daheim ist, mittags um zwölf per Hand die Glocke läutet. Für Xaver Dinfelder sind das Minuten, in denen er zur Ruhe, zum Innehalten kommt. Ein wenig Sorgen macht ihm momentan der bauliche Zustand des Kirchleins, besonders der Dachstuhl. Maria Dinfelder ist in der Pfarrei Dietfurt geschätzt und bekannt als Küchlbäckerin für wohltätige Zwecke. Logisch, dass sie das Backwerk auch nach dem Patroziniumsgottesdienst in St. Bartlmä anbot, um damit die baldige Sanierung ihrer Kirche zu unterstützen.

Gabi Gess, Kirchenzeitung Nr. 36 vom 6. September 2015