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Glaube ist wie „das Salz in der Suppe“

„Was trägt durchs Leben?“ fragte das Referat Seniorenpastoral – und bekam Antwort

Wer, wenn nicht die ältere Generation, kann den Jüngeren Bausteine des Glaubens weitergeben, die sich im Leben in guten wie in schweren Zeiten bewährt haben?“– so lautete die Ausgangsfrage für die Aktion „Was trägt“, zu der das Referat Seniorenpastoral der Diözese Eichstätt zum „Jahr des Glaubens“ einlud. Jeder, ganz gleich ob hochbetagt oder noch in der Mitte des Lebens, war eingeladen, zu erzählen von seinem persönlichen Lebens- und Glaubens-weg, von einschneidenden Erlebnissen oder hilfreichen Erfahrungen. Knapp 20 Beiträge gingen bis kurz vor Ende des vergangenen Jahres bei Altenseelsorgereferent Michael Schmidpeter ein – kurze Episoden und ausführliche Aufzeichnungen, Gedichte oder Gebete.

Streng und strafend?

Bei Inge Mark aus Neumarkt rannte Michael Schmidpeter offene Türen ein: „Ich hatte gerade daran gedacht, mein Leben ein bisschen aufzuschreiben“, erzählt die 69-Jährige, die fünf Kinder großgezogen hat. In ihrem Beitrag begründet sie, warum sie Farbe bekennt: „Eine alte Tante, eine sehr gläubige Frau (sie ist mit 94 Jahren verstorben), sagte einmal zu mir: ‘Ihr müsst Euch einmal den Vorwurf machen, dass ihr unseren Glauben nicht weitergegeben habt!’. Im Hinblick auf die Zahl der fehlenden Kirchenbesucher (Kinder, Jugendliche, aber auch junge Erwachsene), müsste ich ihr fast Recht geben.“ Fest im Glauben verwurzelt, blickt Mark durchaus kritisch auf ihre Kindheitserfahrungen zurück: „Mit der Einschulung begann auch unser täglicher Kirchgang bevor wir zum Unterricht gingen. Gott sei Dank waren Kirche und Schule nicht allzu weit weg von zu Hause, so dass wir nach dem Gottesdienst (vor allem nachdem wir in der dritten Klasse kommuniziert hatten) auch noch frühstücken konnten und Schulzeug und Pausebrot mitnehmen konnten. Die Texte beim Gottesdienst wurden damals noch in der lateinischen Sprache vorgetragen, manchmal war es auch eine stille Heilige Messe, so dass man von dem Geschehen am Altar wenig oder gar nichts verstand. Der Priester zelebrierte außerdem mit dem Rücken zum Volk, sodass wir Kinder uns oft mit Blättern im Gebetbuch und Austausch oder Betrachten von Heiligenbildern beschäftigten. Schwätzen und Unruhe waren bei den Müttern verpönt, sie waren meist in den hinteren Bänken und hatten ein besonderes Auge auf ihre Sprösslinge“. Die Erstkommunion 1953 „war für mich eines der erinnerungswürdigsten Erlebnisse überhaupt“, erzählt Mark. „Es gab zwar keine außerschulische Vorbereitung, aber der Religionsunterricht vertiefte das Geheimnis von Jesus so einprägsam, dass mir die Person Jesus heute noch mehr zusagt als Gott Vater oder der Heilige Geist. Gott Vater wurde uns immer als streng und strafend vermittelt, einer der alles weiß und sieht, wenn man etwas falsch macht, der Heilige Geist hatte ‘nur’ etwas mit Firmung zu tun.“

Aus dem Mädchen Inge mit seiner kindlichen Vorstellung vom Glauben wurde eine Frau, die in vielfältiger Weise ehrenamtlich in ihrer Pfarrei (mit ihrer Heirat 1965 war sie nach Seligenporten gezogen) Verantwortung übernahm: in Pfarrgemeinderat und Kirchenverwaltung, im Frauenkreis oder als Lektorin. Sie begleitete Firmgruppen, organisierte den Weltgebetstag der Frauen oder den Weltmissionssonntag mit. Auch im Krankenbesuchsdienst ist sie aktiv. Gerne blickt sie zurück auf ihre Zeit in der Christlichen Arbeiterjugend: „Als Mitglied der CAJ schmetterten wir in der Jugend viele rhythmische Texte, die mir aber auch heute noch gefallen“. Entscheidende Bedeutung für die religiöse Entwicklung junger Menschen von heute misst sie dem Ministrantendienst bei: „Diese erste Berührung mit dem Geschehen am Altar kann die Kinder und Jugendlichen zeitlebens in ihrem Glauben prägen, wenn sie ihren Einsatz ernstnehmen und andächtig verfolgen. Das Sternsingen stärkt ihr Sozialverhalten.“ Marks Schlussappell an nachfolgende Generationen: „Es lohnt sich immer sich für die ‘Sache Jesu’ zu begeistern, ein Leben ohne Glaube ist wie eine Suppe ohne Salz.“

Religionslehrerin Angelika Lehmkul aus Treuchtlingen hat die Frage „Was trägt?“ nicht nur sich selbst gestellt, sondern auch die Gelegenheit genutzt, nach einer Abendmesse den Mesner der Scheunenkirche St. Gunthildis in Dettenheim, Theo Dümler, zu fragen und seine Erfahrungen in seinem Namen aufzuschreiben. Dümler, der im Januar sein 25-jähriges Mesnerjubiläum begehen kann, erzählte dabei von manch verzwickter Situation, in der er bemerkte: „Da sieht man, dass das Beten doch was hilft“. Er erinnerte sich aber auch an Zeiten, in denen es um die Ökumene im Diasporaort Dettenheim noch schlecht stand. Etwa, als ein Kaplan sich trotz Parkplatz-Knappheit weigerte, vor der evangelischen Kirche sein Auto abzustellen, weil die den Herrgott „herausgeschmissen“ hätten. Für Dümler unverständlich, denn „ich habe es noch erlebt, dass es hier in Dettenheim alte evangelische Bauersleute gab, die sich am Abend zum gemeinsamen Gebet im Herrgottswinkel auf den Gebetsschemel knieten“. Aber auch Heiteres erzählt Dümler, der aus der Diözese Speyer stammt. Zum Beispiel davon, als er von daheim abreiste, um in Bayern eine Lehre zu beginnen: „Am 30. Juli 1954 fuhr ich mit dem Zug von Germersheim nach Sulzbach-Rosenberg/Opf. Am Tag zuvor rief mich noch unser damaliger Kaplan Abel zu sich, um mir paar Worte mit auf den Weg zu geben, Worte die mich mein ganzes Leben begleiten! Kaplan Abel sagte: ‘Theo, dort oben ist einer, mit dem kannst Du zu jeder Zeit reden, dem darfst Du alles sagen, zu dem darfst du sogar Du sagen, mit dem darfst Du sogar pfälzisch redde Er wird Dich nicht allein lassen!’ Und der liebe Gott hat mich durch mein ganzes Leben immer begleitet!“.

Angelika Lehmkul ist mit ihren 54 Jahren noch ein gutes Stück jünger als Theo Dümler, doch auch sie ist sich längst gewiss: „Auf dem mitunter doch streckenweise dunklen Lebensweg ist der Glaube ein unverzichtbares Licht“. Drei Quellen, aus der sich ihr persönlicher Glaube speist, nennt die Religionslehrerin in ihrem eigenen Beitrag: Zuallererst das Urvertrauen, das sie im Elternhaus erfuhr, und das Glück, gelingende menschliche Beziehungen zu erfahren. Dann den Aufenthalt in der Natur, die Kraftquelle sei und Staunen lehre. Und nicht zuletzt biblische Erzählungen, die sie ermutigten, ihr Vertrauen auf Gott zu setzen.

Beten mit den Füßen

Wie man seinen Glauben in freier Natur bekennen kann, davon erzählt Josef Bosch (88) aus Wemding: „Mit den Füßen beten empfiehlt sich bei verschiedenen Anlässen und Gelegenheiten. Für mich waren die alljährliche Prozession der Pfarrei Gosheim zur Wallfahrtskirche Maria Brünnlein in Wemding an Maria Heimsuchung, ferner die Flurumgänge an den Bitttagen zu den Nachbarpfarreien St. Vitus/Huisheim und St. Dionys/Fünfstetten sowie die Pestprozession der Stadt Wemding zu St. Sebastian nach Oettingen im 20-jährigen Rhythmus solche festeingeprägten Möglichkeiten. Wenn man an die Kraft des gemeinsamen Gebets glaubt, geht von diesen Prozessionen ein großer Segen aus“. Voller Dankbarkeit berichtet der Senior, der sich viele Jahre im Krankenpflegeverein engagierte, von 65 gemeinsamen Jahren mit seiner Frau. Dabei hatte der Start ins Eheleben 1948 so bescheiden begonnen: Die Hochzeitsreise ging mit dem Omnibus nach Altötting  

Gabi Gess, Kirchenzeitung Nr. 1 vom 5. Januar 2014