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Praktische Tipps fu?rs Heilige Jahr

Workshoptag des Exerzitienreferats zum Thema Barmherzigkeit

Wann ein Kurs zuletzt so schnell ausgebucht war – stattliche Warteliste inklusive – daran kann man sich beim Exerzitienreferat der Diözese Eichstätt nicht so recht erinnern. „Da haben wir offensichtlich einen Nerv getroffen“, meint Pfarrer Dr. Michael Kleinert und Pastoralreferentin Christina Noe mutmaßt: „Es gab wohl ganz klar einen Bedarf.“

Ausgeschrieben war ein Workshoptag mit dem Titel „Barmherzig sein“, angeboten wurden „Bausteine für Exerzitien im Alltag, Besinnungstage, geistliche Einstiege“, ins Tagungshaus Schloss Hirschberg kamen Mitte November: Pfarrer, Ordensleute, pastorale Mitarbeiter, Lehrer, Laien.

Wort und Bild

Mithilfe einer Wort-Cloud (siehe auch S. 32 dieser KiZ-Ausgabe) nähern sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zunächst dem erst mal wolkigen Begriff Barmherzigkeit, um dann nach und nach Konturen herauszuarbeiten.

Dann wird es theologisch: „Die Bibel – eine Geschichte der Barmherzigkeit“ könnte über den nächsten Stunden gemeinsamer, manchmal durchaus spielerischer Arbeit stehen. Intensiv, stellenweise mit ganzem Körpereinsatz, setzt man sich mit einer Textstelle aus dem Buch Hosea (11,1-9) auseinander, die „den Höhepunkt alttestamentlicher Barmherzigkeit“ markiere, erklärt Kleinert. Ganz nebenbei wird der kurzschlüssige Dualismus der Gottesbilder – strafend im Alten, erlösend im Neuen Testament – widerlegt, indem noch weitere Schriftstellen zur Sprache kommen, die Jahwe als mitfühlenden, treuen und Barmherzigkeit schenkenden Gott zeigen, die Propheten als Verkünder und die Psalmen als Gesänge der Barmherzigkeit.

In einem zweiten Schritt wird das Neue Testament als „die Botschaft Jesu von Gottes Barmherzigkeit“ betrachtet und wie sie festgeschrieben und über Jahrhunderte weitergegeben wurde, etwa in den Texten des Magnificat („er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht“) und des Benedictus („er hat sein Erbarmen vollendet“).

Kreativität ist gefragt bei einer Bildbetrachtung: „Die barmherzige Dreieinigkeit“ heißt die Keramik einer Schweizer Ordensfrau, die gesehen, beschrieben und individuell gedeutet werden soll. Die meisten überwinden ihre Hemmungen und setzen sogar mit Zeichenstift und Farben das Motiv und seine Aussage für sich um.

Sprache und Aktion

„Kleine und große erfahrungsbezogene Methoden“ nennt der Fachmann das, was bei diesem Workshoptag vermittelt wurde. Praxistipps, die man gerne annimmt und selbst anwenden kann. Aber man nimmt ja auch noch so viel mit aus den Gesprächen über das Be- und Erarbeitete, wo einem diese irgendwo schon einmal gehörten und nie wirklich verstandenen, starken Sätze aufgehen: Barmherzigkeit ist mehr als Gerechtigkeit; Barmherzigkeit beschämt und erniedrigt nicht; wahre Barmherzigkeit ist nur Gottes, vergeben kann nur er. Ganz nebenbei erkennt man aber auch Verbindungslinien zwischen den Päpsten Johannes XXIII. mit seiner Betrachtungen über das barmherzige Handeln des Herrn (Ps 89), Johannes Paul II. und seine „Erfindung“ des Sonntags der göttlichen Barmherzigkeit und Franziskus, für den Barmherzigkeit das pastorale Leitthema zu sein scheint. Mit einem reichen Reservoir an Gedankenanstößen werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ins Heilige Jahr entlassen.

Michael Heberling, Kirchenzeitung Nr. 49 vom 6. Dezember 2015