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„Nicht nur ein Programm abgespult“

Pastoralbesuche des Bischofs bieten Raum für Begegnung / Jahresauftakt in Neumarkter Pfarreien

Das wurde aber auch Zeit: In seinen 41 Priesterjahren, davon fast 25 Jahre als Seelsorger der Neumarkter Hofpfarrei, hatte Dekan Monsignore Richard Distler noch keine bischöfliche Visitation erlebt – bis Bischof Dr. Gregor Maria Hanke OSB im Oktober vergangenen Jahres ankündigte, gleich Anfang 2014 zum Pastoralbesuch nach Neumarkt zu kommen. Zwei Tage hintereinander war er zu Gast in der Hofpfarrei, weitere zwei Tage in der zweiten Neumarkter Stadtpfarrei, St. Johannes. Einen weiteren Tag nahm er sich Zeit für die Stadtrandpfarreien Heilig Kreuz und Pelchenhofen und in der kommenden Woche fährt er nach Woffenbach.

 „... einfach zu kurz“

Als oberstem Verantwortlichen für den Religionsunterricht haben für den Bischof die Gespräche mit Lehrkräften, Erziehern und deren Schützlingen hohen Stellenwert. Weil im Einzugsbereich der Hofpfarrei gleich ein ganzes Dutzend Schulen, Horte und Kindergärten liegen (viele davon in kirchlicher Trägerschaft), die der Bischof ausdrücklich alle besuchen wollte, sei es keine geringe organisatorische Herausforderung gewesen, dies alles in zwei Tagen unterzubringen, meint Distler. Dass es gelang, dafür zollt er allen beteiligten Einrichtungen „ein ganz großes Lob“.

Walburga Höcherl war eine der Gesprächspartnerinnen von Bischof Gregor Maria. Seit 30 Jahren unterrichtet sie katholische Religionslehre an der Neumarkter Mädchenrealschule und kann sich nicht erinnern, dass schon einmal ein Bischof dort zu Besuch war. Beim Treffen mit dem Eichstätter Oberhirten sei deutlich geworden, „dass er Interesse hat, die Menschen kennenzulernen“. Er habe nicht nur sein Programm abgespult, „sondern er war wirklich da“. Höcherl und ihre Kollegen aus der Fachschaft Religion hatten aus jeder der über 30 Klassen zwei Schülerinnen für eine Gesprächsrunde ausgewählt.

Auch Dekan Distler hebt im Rückblick hervor, wie konzentriert der Bischof auf die Jugend zugegangen sei, etwa beim Gespräch mit Ministranten und Pfadfindern.  Höhepunkt des Pastoralbesuchs sei aber der Pontifikalgottesdienst in der Hofkirche gewesen, die an jenem Donnerstagabend bis auf den letzten Platz besetzt war.

Beim anschließenden Gespräch mit den kirchlichen Gremien, das der Bischof erst um 22.30 Uhr verließ, war dennoch „die Zeit einfach zu kurz“, bedauert der langjährige Pfarrgemeinderat, Lektor und Kirchenchorsänger Erwin Lang (72). Er hat sich in letzter Zeit viel mit dem Apostolischen Schreiben von Papst Franziskus über die Freude durch den Glauben und das Evangelium auseinandergesetzt und „da sind so viele Punkte drin, die uns Gläubige bewegen und zu denen uns die Meinung des Bischofs interessiert“.

Kritische Fragen

Im Rahmen der Besuchstage in der Hofpfarrei traf der Bischof den  evangelischen Dekan. Der Besuch beim Neumarkter Oberbürgermeister Thomas Thumann hingegen fand nach Absprache der beiden Stadtpfarrer während des Pastoralbesuchs in St. Johannes statt. Für den Seelsorger der Pfarrei, Dom-kapitular Norbert Winner, war es ebenfalls der erste bischöfliche Pastoralbesuch in seiner ganzen Priesterlaufbahn. Und wie in der benachbarten Hofpfarrei befinden sich auf dem Gebiet der Pfarrgemeinde eine ganze Reihe von Schulen – elf an der Zahl, vom Gymnasium bis zur Förderschule. Fünf davon wurden für den Bischofsbesuch ausgewählt, zwei komplette Vormittage dafür eingeplant. Der Kontakt mit Schülern und Lehrern sei dem Bischof sehr wichtig gewesen, sagt Winner, „und er hat sich hervorragend geschlagen“, gerade bei den älteren Schülern. An der Fachoberschule etwa hätten 20-Jährige teils sehr kritische Fragen zu Themen wie „Zölibat“ oder „Kirche und Geld“ gestellt. Es habe die Schüler schwer beeindruckt, dass sich der Bischof diesen Fragen so offen stellte, bemerkte Winner. „Er hat sie zwar eindeutig aus katholischem Standpunkt, aber mit menschlichem Verständnis beantwortet.“ Immer wieder sei es in den Fragen an den Bischof auch um den ganz persönlichen Glauben gegangen („Gab’s da bei Ihnen auch mal einen Durchhänger?“).

Eine sehr gute Atmosphäre habe beim Gespräch des Bischofs mit dem Pfarrgemeinderat geherrscht, hebt Winner hervor. Es sei dabei nicht um das leidige Thema Geld und auch nicht um Strukturen gegangen, sondern um die pastorale Frage: Wie kann die Kirche die Leute konkret ansprechen, etwa durch Besuchsdienste?

Bei den Ruheständlern

Auf dem Programm standen auch ein Treffen mit den älteren Ministranten sowie Besuche bei den Armen Schulschwestern und auf dem Neumarkter Mariahilfberg. Im Caritas-Altenheim St. Johannes traf der Bischof genau am richtigen Tag ein, um Bewohnerin Anna Geißler – laut Pfarrer Winner zeitlebens eine treue Kirchgängerin und Rosenkranzbeterin – zu ihrer großen Freude und Überraschung zum 90. Geburtstag zu gratulieren.

Eine Besonderheit in der Pfarrei St. Johannes ist es, dass sich dort gleich neun Ruhestandspfarrer aus der Diözese niedergelassen haben. „Ein richtiges kleines Kapitel ist das schon“, sagte der Bischof bei der Begegnung im Wohnzimmer des Pfarrhauses, zu der die Ruheständler vollzählig erschienen waren, sogar der 92-jährige Pfarrer i. R. Joseph Burzdzius. Domkapitular Winner steht mit seinen älteren Mitbrüdern in regelmäßigem Kontakt: Jeden Donnerstag nach der Frühmesse treffen sie sich bei ihm im Pfarrhaus zum Frühstück.

Eine freudige Überraschung war für Winner der „bombastische“ Besuch des Pontifikalgottesdienstes mit Bischof Hanke in der Pfarrkirche: „800 Leute waren da, es war so voll wie in der Christmette.“ Dabei hatte Winner zuvor „Bammel gehabt“, ob an einem Mittwochabend die Resonanz nicht eher spärlich sei.

Zwei bischöfliche Pastoralbesuche in zwei großen Stadtpfarreien mit vielfältigen Aktivitäten – Schielt man da vielleicht ein wenig neidisch aufeinander, welche „Leistungsschau“ die Nachbarpfarrei dem Oberhirten wohl bietet? „Nein“, meint Winner klipp und klar, „wir wollten nicht zeigen, was wir alles können und wie gut wir sind, sondern es ging uns darum, dass uns der Bischof bestärkt und ermuntert in unserer pastoralen Arbeit.“                                           

Gabi Gess, Kirchenzeitung Nr. 4 vom 26. Januar 2014