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Nach altem Brauch und guter Sitte

Der heute immer noch beliebte Brauch der Speisenweihe an Ostern hat eine lange Tradition

Sie gehört zum Osterfest wie die Osternacht, der Gottesdienst, das Eiersuchen, gutes Essen und die Freude über die Botschaft dieses religiösen Festes, dass Jesus Christus durch seine Auferstehung ein für allemal den Tod mit seinen Schrecken besiegt hat: die Speisensegnung an Ostern. Sie hat aber auch mit der Freude über das Ende der Fastenzeit zu tun, endlich darf man wieder essen, auf was man 40 Tage verzichten musste.

Das Fasten hat ein Ende

Denn seit dem Mittelalter hatte der Gläubige während der Fastenzeit nicht gemäß dem Fleisch, sondern „secundum spiritum“ (= gemäß dem Geist der Seele) zu leben. Äußerlich zeigte sich diese Lebensart im Verzicht auf Fleisch, Fett und Milchprodukte wie Butter, Rahm und Käse. Auch Eier, die früher als „flüssiges Fleisch“ galten, waren während der Fastenzeit verboten. Dies brachte Probleme mit sich, da die Hühner in der Fastenzeit nicht weniger Eier legten als zu anderen Zeiten. Daher ging es vor Beginn der Fastenzeit etlichen Hühnern, den sogenannten Fastnachtshühnern, an den Kragen und sie landeten in den Kochtöpfen.

Den sogenannten Antlasseiern, das sind die am Gründonnerstag gelegten Eier, kam in früheren Zeiten und heute noch im Volksbrauch eine besondere Bedeutung zu. Antlass bedeutet soviel wie Ablass oder Nachlass der Sündenstrafe und der Gründonnerstag war der Antlasstag im Kirchenjahr. Das heißt, an diesem Tag wurden die öffentlichen Büßer, Menschen die öffentlich zu einer Kirchenstrafe verurteilt waren, wieder in die kirchliche Gemeinschaft aufgenommen. Antlasseier galten als besonders heilkräftig und wurden für die Speisenweihe am Ostersonntagmorgen aufgehoben. Auch die an diesem Tag gesammelten Kräuter, die sogenannten Antlasskräuter, gehörten in vielen Regionen zum Inhalt des für die Weihe hergerichteten Speisenkorbes.

Ein alter Osterbrauch

Die Speisensegnung oder -weihe ist in unserer Gegend mit der Auferstehungsfeier oder der Heiligen Messe am Ostersonntagmorgen verbunden. In manchen Gegenden hat sich die Weihe schon am Karsamstag oder in der Osternacht eingebürgert. Die geweihten Speisen werden nach dem Gottesdienst zu Hause beim klassischen Osterfrühstück verzehrt. Der religiöse Sinn hinter diesem Brauch ist es, die Tischgemeinschaft mit dem auferstandenen Herrn zu Hause im Kreis der Familie – in manchen Gegenden sind auch Freunde und Nachbarn dazu eingeladen – weiter zu feiern. Im Wesentlichen wird der Inhalt der Speisekörbe von den Nahrungs- und Genussmitteln bestimmt, auf die man während der Fastenzeit verzichten musste. So finden sich in den ursprünglich aus Weiden geflochtenen Körbchen Osterschinken und bisweilen auch Braten, Salz, Meerrettich, Weichbrot (= Weihbrot) Kräuter, Käse, Butter, aus Hefeteig gebackene Bildbrote oder Osterlämmer aus Biskuitteig und meist buntgefärbte Eier. Heute bestücken einige Gläubige ihre Körbe auch mit Bier, Wein, Süßigkeiten oder Schokolade.

Eigene Segensgebete

Der am weitesten verbreitete Inhalt – Brot, Fleisch, Gebäck und Eier – hat sogar im liturgischen Buch der Segnungen, dem Benediktionale, Eingang gefunden und wird dort in den Gebetstexten erwähnt. Zum Beispiel die Ostereier: „Gib, o Herr, Deinen besonderen Segen diesen Ostereiern. Um der Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus willen mögen sie eine heilbringende Speise all denen sein, die sie in froher Dankbarkeit essen. Durch Christus unseren Herrn. Amen.“ Oder der Osterschinken: „Segne, o Herr, die Osterschinken, die am heutigen Festtag gereicht werden. Wir wissen, dass alle Gaben aus Deiner Schöpferhand kommen. Lass uns beim Essen stets das rechte Maß bewahren. Lass uns durch Deinen Segen erstarken und immer tiefer in das Geheimnis Deiner Liebe hineinwachsen. Durch Christus unseren Herrn. Amen.“

Die Speisenweihe hat eine lange Tradition. Laut dem Biografen des heiligen Ulrich von Augsburg, der 973 starb, wurden zu Ostern an der bischöflichen Tafel zuerst Lammfleisch und Schinken gereicht, die zuvor in der Heiligen Messe geweiht worden waren. In Rom segnete man  ab dem zehnten Jahrhundert Fleisch, das Osterlamm, Milch und Honig, Käse, Butter und Brot. Im zwölften Jahrhundert wurde am päpstlichen Hof durch das österliche Mahl das Letzte Abendmahl nachgeahmt.

Noch älter als die im christlichen Europa nachweisbare Speisensegnung ist die Tradition des Eierschenkens zu Frühlingsbeginn. Dies haben die Chinesen schon vor 5.000 Jahren getan. Bei uns hatten die Eier, die man an Ostern verschenkte, einen eigenen Namen. Man nannte sie Pascheier, ein Wort in dem die Bezeichnung des jüdischen Paschafestes steckt.
Gerne verschenkte man ab dem zwölften/dreizehnten Jahrhundert gefärbte Eier, wobei Rot die beliebteste Farbe war, da es sowohl das Martyrium Christi symbolisierte, wie auch für das pulsierende Leben stehen konnte. Im 17. Jahrhundert sind die Eier bereits bunt und wurden beschriftet, bemalt oder geätzt. Vor allem im Osten Europas entwickelte sich eine Kunst des Eierbemalens.

Kinder erhielten früher zum Osterfest von ihren Paten süße Gebildbrote aus Hefeteig – die Vorläufer des heutigen Schokoladenhasen – geschenkt.

Eier als Schutz

Auch im Volksglauben, den mancher vorschnell als Aberglauben abtut, spielten die geweihten Eier und ihre Schalen eine Rolle. Geweihte Eier galten als Schutz gegen das Heben von Lasten, wurden in den Äckern vergraben um das Wachstum zu fördern und die Ernte vor Unwetter zu bewahren. Um die Fruchtbarkeit für das nächste Jahr zu sichern, wurden geweihte Eier in die erste gebundene Erntegarbe gelegt. Die Schalen dieser Eier wurden mit der Asche des Osterfeuers auf die Äcker gestreut, um den Ertrag zu steigern.

Klaus Kreitmeir, Kirchenzeitung Nr. 14 vom 5. April 2015