Zum Inhalt springen

Licht lässt Farbenpracht leuchten

Besuch bei Glaskünstler in Rednitzhembach/Neue Fenster für St. Peter und Paul, Schwabach

Glas fasziniert Leo Drechsel, den 52-jährigen Künstler in Rednitzhembach, der in den Vereinigten Staaten von Amerika studiert und jahrelang dort und Israel gelebt hat, bevor er Ende der 80-er Jahre in die Heimat zurückkehrte. In dem Flyer „Neue Fenster für St. Peter und Paul“ drückt er seine Faszination so aus: „Mir liegt das Sichtbarmachen des Lichts am Herzen.“. Er möchte die verschiedensten Erscheinungsformen des Lichts bis hin zur Farbe erlebbar machen. Licht durchdringe die Finsternis, beleuchte und erleuchte, bringe Hoffnung und Kraft in die Dunkelheit.

„Ich brauche viel Licht“

Besuch in Drechsels Atelier in der Hembacher Straße: Der Eingangsbereich befindet sich in einem Glaskubus, den der aus Vogelherd stammende und dort aufgewachsene Künstler an die ehemaligen Garagen des Anwesens angebaut hat. Warum errichtete er einen Glasbau? „Wer mit Licht arbeiten will, braucht viel Licht“, erklärt er. An den Glaswänden innen hängen einige seiner Arbeiten, zum Beispiel ein geflügeltes Wesen in Blau und das Fenster, das er für seine Tochter geschaffen hat. Das für seinen Sohn hängt unter dem sogenannten Jerusalemfenster.

In diesem Raum, in dem auch neue künstlerische Ideen entstehen und ihre Realisierung überlegt wird, zeigt er dem Besucher das Material, mit dem er arbeitet, buntes mundgeblasenes Glas und Fotos weiterer Arbeiten in der Region: die Gestaltung der Aus-segnungshalle im neuen Friedhof in Roth oder das „Sternentor“ des Kunstwegs in Rednitzhembach. Dann spricht Drechsel über sein aktuelles Projekt, die neuen Glasfenster für die Kirche St. Peter und Paul in Schwabach. Dort mussten die alten Fenster saniert beziehungsweise restauriert werden, an denen im Laufe der Jahre der Rost mehr und mehr genagt hatte, was unter anderem durch Korrosionsschlieren auf dem Glas sichtbar wurde.

Dialog mit dem Kunden

Nachdem sich Drechsel mit dem Gotteshaus, seinem Kirchenraum und den Lichtverhältnissen zu verschiedenen Tageszeiten und bei unterschiedlichen Wetterverhältnissen eingehend beschäftigt hatte, fertigte er die ersten Entwürfe für  die großen Fenster von St. Peter und Paul, deren Stahlrahmen viel vorgaben. Bis auf das Apostelfenster rechts vom Altar, das gründlich saniert werden sollte, sah der Glaskünstler neue Fenster vor. Bei der Wahl seiner Mittel verzichtete er bewusst auf bildliche Darstellungen oder Ikonografie, um den Interpretationen der Einzelnen und der besonderen Atmosphäre genügend Raum zu geben. „Suchend statt erkennend den außergewöhnlichen lichtdurchfluteten Kirchenraum erleben und die Gedanken und Gebete wandern lassen“, so beschreibt er in dem Flyer seine Grundidee.

Motto der künstlerischen Gestaltung ist der Vers 5b des ersten Kapitels des ersten Johannesbriefes „Gott ist Licht, und in ihm ist keine Finsternis“. Der erste Entwurf sah bei den Fenstern zwei bis vier neben Farbstreifen in Rot- und Orangetönen fallende blaue Elemente vor. Ausnahme war das fünfte Fenster, das Gelbtöne und aufsteigende geflügelte, gelbe Wesen zeigte. Dieser Entwurf war die Grundlage des Dialogs der in der Schwabacher Pfarrei Verantwortlichen. Diese hatten gegen ein Zuviel an Farben, die Einführung von Gelb als neuer Farbe und gegen die Gestaltung der geflügelten Wesen Einwände.

Das Ergebnis des Dialogs war dann Grundlage der Gestaltung der zweiten Version, die in den neuen Fenstern umgesetzt wird. Nun sind die geflügelten Wesen in Blautönen gehalten, der Farbstreifen in Rot- und Gelbtönen, die gesamte obere Fenstergestaltung wurde auf die andere, linke Fensterseite versetzt. „Wenn man so will, rückt alles mehr in Richtung Sonne“, bemerkt Drechsel.

Ein Glücksfall

Die Zusammenarbeit mit der ausführenden Firma Derix Glasstudios Taunusstein, die sich seit Generationen mit Kunst aus Glas in der Architektur befasst und bei der Drechsel in die Lehre ging, ist ein Glücksfall.  „Der gute Draht zur Firma gibt dem Künstler vor Ort mehr Freiheit für spontane Veränderungen. So kann er Farben und Dichte ändern und, wenn möglich, erfüllt die Firma auch diese geäußerten Sonderwünsche des Künstlers. „Doch gibt es da natürlich Grenzen“, betont Drechsel. Erstens durch den Kostenrahmen, der für einen Quadratmeter Glasfenster im Schnitt zwischen 1.000 und 2.000 Euro liege. „Momentan liegen wir bei St. Peter und Paul bei 500 Euro“, so der Glasgestalter.

Ein wahres Puzzle

Und zweitens durch die ungeheure Logistik, die die neuen Fenster in Schwabach erfordern. Die 200 Quadratmeter Glasfläche der Fenster besteht aus rund 1.000 Elementen. Jedes Fenster hat außen 102 Elemente Isolierverglasung und innen 102 Elemente Kunstverglasung und die gilt es, richtig zusammenzufügen. Probleme treten dann auf, wie bei Fenster fünf geschehen, wenn ein „weißes“ Glaselement bricht. Denn das Weiß ist nicht einfach aufgetragene Farbe, sondern ist durch Pinsellinien strukturiert und erzeugt somit den gewünschten optischen Eindruck. Es kann aber wegen der Linienführung nicht einfach ausgetauscht werden, da sich die Linien über mehrere Elemente hinziehen. Obwohl die noch stehenden Gerüste durch ihre Schatten den Lichteinfall etwas trüben, erleben die schon eingebauten Fenster an sonnigen Tagen eine wahre Explosion an Farbe. Zwar kann man sich vorstellen, wie der Kirchenraum wirkt, wenn Ende Juli alle Fenster eingebaut sein werden, aber in Wirklichkeit wird es bestimmt viel schöner.

Klaus Kreitmeir, Kirchenzeitung Nr. 24 vom 14. Juni 2015