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„Kein Freiraum für Rechte“

Aussteiger aus der Szene berichtet in Weißenburg / Kirchliches Engagement gegen Extremismus

Er stand Schmiere, als seine „Kameraden“ in einem Jugendhaus Unschuldige krankenhausreif schlugen. Und später schlug er auch selber zu. Manuel Bauer war fest verwurzelt in der rechten Szene Ostdeutschlands. Heute hält er Vorträge und will Aufklärungsarbeit leisten. Bauer hat den Ausstieg mithilfe der Berliner Initiative Exit geschafft.
Im evangelischen Gemeindehaus St. Andreas in Weißenburg berichtete der 33-Jährige über sein Leben, seine Kindheit in der ehemaligen DDR und das langsame Hineingleiten in die gewaltbereite rechte Szene. Er erzählte von Sauforgien, Konzerten rechter Musikbands und einem Brandanschlag auf eine Dönerbude. Parteipolitisch sei er nie aktiv gewesen, erklärte er dabei vor gut 70 Zuhörern. „Die NPD war mir damals zu lasch.“

Bauer war an diesem Abend Gast der Katholischen Jugendstelle, des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend und des Evangelischen Jugendwerks. Die kirchlichen Einrichtungen haben sich zusammengeschlossen und eine Veranstaltungsreihe gegen Extremismus ins Leben gerufen (die KiZ berichtete), bestärkt „durch die

Geschehnisse der letzten Monate in Weißenburg und Umgebung“. Im November 2011 hatten am Rande einer Demonstration gegen Extremismus Neonazis einen Rollstuhlfahrer verletzt. Anfang März diesen Jahres genehmigte das Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen eine Kundgebung der Rechtsextremen und informierte die Öffentlichkeit erst einen Tag vor dem Aufmarsch. Trotzdem standen den gut 30 Neonazis am Tag der Kundgebung rund 300 Bürger gegenüber.

Für Regionaljugendseelsorger Markus Fiedler ist die Vortragsreihe gegen Extremismus wichtig, weil „wir für einen anderen Weg einstehen“. Das christliche Menschenbild sei „ein Pfund, mit dem wir wuchern können“. Kirchliche Einrichtungen unterstützen das Landkreisbündnis gegen Rechts in Weißenburg-Gunzenhausen und wollen „Menschen für dieses Thema sensibilisieren“. In einer Pressemeldung heißt es weiter: „Als christliche Jugendverbände treten wir für Menschenwürde, Toleranz und Gewaltlosigkeit ein.“

Manuel Bauer war bis vor wenigen Jahren weit davon entfernt, für solche Ideale einzustehen. Seine Gewalt richtete sich gegen Ausländer, gegen „Linke, die in der Szene Zecken genannt werden“ und gegen staatliche Einrichtungen. Bei „Kameradschaftsschulungen“ und durch Musik habe er gelernt, „wen ich hassen soll, wer das Feindbild ist“.

Aufgewachsen in der ehemaligen DDR war Bauer Mitglied der Jungpioniere. „Da waren wir schon vorbelastet gegenüber Kapitalisten und Imperialisten.“ Nach der Wende wurden seine Eltern arbeitslos und im Umfeld Bauers gab es „die ersten Kumpels mit Glatze und Springerstiefeln“. Anfangs habe er bloß „alles nachgeplappert“, doch dann rutschte er nach eigenen Angaben in die rechte Szene, verließ seine Eltern und beging mit 14 Jahren seine erste Straftat. Vor zehn Jahren, in der Haft, nahm Bauer zu der Aussteigerorganisation Exit Kontakt auf. Es folgten viele Gespräche mit Betreuern und auch Psychologen. Mittlerweile ist er der Auffassung: „Man darf den Rechten keinen Freiraum lassen.“

Sein Menschenbild habe sich verändert und er habe gelernt, auf Menschen zuzugehen, und sie „nicht mehr zu hassen“. Er habe erkannt, dass „ich vielen Menschen weh getan habe“. Das bereue er. Mit Vorträgen, Filmprojekten und demnächst auch in einem Buch will er nun aufklären, und potentiellen Aussteigern helfen.

Andrea Franzetti, Kirchenzeitung

Radio K1 sendet am Mittwoch, 18. April, um 18.30 Uhr ein Interview mit Manuel Bauer.