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Kamera ab – im Kleinod

Bayerisches Fernsehen sendet Gottesdienst live aus Eichstätt / Scheinwerfer bleiben draußen

Wenn Monsignore Erwin Albrecht an die Live-Übertragung des Gottesdienstes an Mariä Himmelfahrt denkt, gerät er ins Schwärmen. Die Messfeier in der Eichstätter Frauenbergkapelle war für ihn wie ein Heimspiel und es sei schön gewesen „meine Kollegen vom Bayerischen Rundfunk an diesen Ort zu führen“. Der Beauftragte der Bayerischen Bischofskonferenz für Hörfunk und Fernsehen spricht von einem „ganz tollen Ergebnis“ und glaubt, dass es „gelungen ist, die heimelige Atmosphäre der kleinen Kapelle auch im Fernsehen nach außen zu übertragen“.

Fensterputzen

Drei Tage lang war der Bayerische Rundfunk (BR) mit bis zu 20 Mitarbeitern auf dem Eichstätter Frauenberg beschäftigt mit Aufbauen, Ausleuchten und Probeaufnahmen. Bevor am Donnerstag die Gottesdienstfeier aus der kleinen Kapelle über die Bildschirme lief, mussten die Techniker einige hundert Meter Kabel verlegen, ihr Satellitenmobil anschließen und das 1751 geweihte Gotteshaus ins rechte Licht setzten. Und da zeigte sich gleich: Die Frauenbergkapelle ist zu klein für drei Kameras und die umfangreiche Scheinwerferbatterie. Also bauten die Lichttechniker kurzerhand ihre Anlagen draußen auf und leuchteten durch die frisch geputzten Kirchenfenster ins Innere. Frauenberg-Mesner Wieland Graf war zuvor eigens auf die Leiter geklettert, um das Glas zu putzen. Dabei entdeckte er eine Gravur in einer der Scheiben. Dort ist nachzulesen, dass die Fenster 1945 beim Einzug der Amerikaner zerstört wurden und dass der Glasermeister Fritz Riehl 1954 die Restaurierung übernahm und neue Fenster stiftete. 

Graf, der mit seiner Frau Elisabeth gleich neben der Kapelle im Mesnerhaus wohnt, hatte für die Fernsehleute seine Garage leer geräumt und in seinem Garten Platz gemacht, für einen großen Tisch, an dem die Regiebesprechungen stattfanden. Es seien schon öfters Fernsehteams bei ihm gewesen, aber an eine Liveübertragung kann sich der Mesner und Bildhauer nicht erinnern. Eigentlich sollte seine Frau die zweite Lesung übernehmen, doch beim Probelauf in der Vorabendmesse stellten die Fernsehmacher fest: Die Messe dauert zu lang. Und so wurde eine Lesunggestrichen. Elisabeth Graf erlebte den Gottesdienst am Donnerstag somit als Besucherin in der Bankreihe, während ihr Mann als Kabelträger einem Kameramann aushalf.

BR-Redakteurin Elisabeth Möst berichtet von „einer großen Akzeptanz“, den die Fernsehgottesdienste  hätten. Bei der Sendung aus Eichstätt schalteten 140.000 Zuschauer ein, darunter alleine 60.000 außerhalb Bayerns. Der Marktanteil lag laut BR-Angaben bei 8,6 Prozent.

Für die Domministranten Judith und Johanna war es der erste Fernsehauftritt. Bei der Vorabendmesse mussten sie sich beim Einzug mit dem Weihrauch noch zwischen die beiden wuchtigen Kameras zwängen, die zeitweise eng nebeneinander im Mittelgang positioniert waren. Ein weiterer Kameramann filmte aus der Türe der Sakristei heraus und trat nach Regieanweisung immer wieder raus, um die Szenen am Altar ganz nah einzufangen. Aus einem sogenannten SNG-Mobil, einem Übertragungswagen mit einer Satellitenschüssel auf dem Dach, verfolgten Regisseur Torben Schmidt-Jacobsen und Elisabeth Möst die Gottesdienste am Vorabend und an Mariä Himmelfahrt. Per Funk gaben sie Anweisungen und steuerten die Kameraleute.

Monitore an Bäumen

Wie Domkapitular Franz Mattes erzählt, blieb die Messe genau im Zeitrahmen von 50 Minuten. Er habe viele positive Rückmeldungen erhalten und gut 60 Zuschauer meldeten sich bei der eigens für die Übertragung eingerichteten Rufnummer. Margarete Weindl nahm die Anrufe entgegen und beantwortete unter anderem Anfragen nach dem Predigttext.

Der Gottesdienst mit Kräuterbuschensegnung wurde nicht nur in der Kapelle und vor den Fernsehern von Gläubigen mitverfolgt: gleich neben der Frauenbergkapelle hatten BR-Techniker zwei Monitore an Bäumen befestigt, für die Besucher, die in der Kapelle keinen Platz fanden. Die Kommunion wurde auch hier verteilt.

Das Experiment, mit reduzierter Technik aus einer kleinen Kapelle zu senden, habe Albrecht „einen Impuls gegeben“, künftig auch andere „Kleinode unserer vielfältigen Kirchenlandschaft“ auszusuchen, und für Übertragungen vorzuschlagen. Seinem großen Traum sei er durch die gelungene Sendung aus Eichstätt nähergekommen: „Ich möchte einmal einen Gottesdienst live vom See Genezareth aus senden.“

Andrea Franzetti, Kirchenzeitung Nr. 34 vom 25. August 2013