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Jede Verdienstmöglichkeit fehlt

Ausstellung zeigt die Zeit der Leuchtenberger in Eichstätt ohne idyllische Verklärung

Die bayerische Landesausstellung widmet sich dieses Jahr in Ingolstadt dem Thema „Napoleon und Bayern“ (wir berichteten). In dieser Ausstellung ist mehrmals die Rede von Eugène Beauharnais, der ab 1817 einen Part in der Geschichte des ehemaligen Unteren Hochstifts Eichstätt und der ehemaligen fürstbischöflichen Haupt- und Residenzstadt an der Altmühl spielte. Mit der Ausstellung „Stiefsohn Napoleons, Vizekönig von Italien, Fürst von Eichstätt. Eugène Beauharnais“ will die Staats- und Universitätsbibliothek der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt Eugène bis Oktober einem breiten Publikum vorstellen.

Ein Nachfahre Eugènes, Nikolaus Herzog von Leuchtenberg, kam zur Ausstellungseröffnung am 12. Mai nach Eichstätt. Der Ur-Ur-Ur-Enkel aus der russischen Linie der Familie gab den sehr zahlreich erschienenen, an der Geschichte Eichstätts Interessierten einen kurzen Überblick der Familiengeschichte nach Eichstätt. Danach hielt der Referent für Diözesangeschichtliche Aufgaben des Bischöflichen Ordinariats Eichstätt, Dr. Leo Hintermayr, der sich in seiner Doktorarbeit intensiv mit der Geschichte Eichstätts unter den Leuchtenbergs beschäftigt hatte, einen Vortrag zum Thema „Das Fürstentum Eichstätt der Herzöge von Leuchtenberg 1817-1833“.

Zunächst ging Hintermayr kurz auf die wechselvolle Geschichte Eichstätts zwischen 1803 und 1817 ein. Als Eichstätt, die ehemalige Residenzstadt der Fürstbischöfe nach einem kurzen Zwischenspiel als Teil des Großherzogtums Toskana 1806 an Bayern kam, brach das wirtschaftliche und soziale Gefüge der Stadt zusammen. Denn es fielen nicht nur die vielen Arbeitsplätze bei Hof und in der Verwaltung weg, auch die Handwerker erhielten kaum mehr Aufträge, da zum einen den Bürgern das Geld fehlte und zum anderen Aufträge des Hofes, der Kirchen und Klöster ausblieben. Eichstätt wurde zur trostlosen Provinzstadt. Es fehlte „alle Gelegenheit zum Verdienst“, klagten die Bewohner.

Die Eichstätter Misere erbarmte sogar die Regierungsstellen in München, die mit der Verlegung von Behörden an die Altmühl versuchten, der Stadt wirtschaftlich wieder auf die Beine zu helfen. Doch die nach Eichstätt versetzten Beamten beschwerten sich dauernd über ihren neuen Einsatzort, reichten um Versetzung ein und brachten nicht die erhoffte Lösung der wirtschaftlichen Probleme.

Zu Beginn des Jahres 1817 schien das Eichstätter Elend ein Ende zu haben. Der Stiefsohn Napoleons, Vizekönig von Italien und Schwiegersohn des ersten bayerischen Königs Max I. Joseph, Eugène Beauharnais, hatte Eichstätt erkoren, als Residenzstadt des neu zu schaffenden Fürstentums Eichstätt. Vier Orte hatte ihm sein Schwiegervater als Residenz angeboten Bayreuth, Kempten, Dillingen und Eichstätt. Nicht das italienische Flair der Altmühlstadt gab bei Eugènes Wahl den Ausschlag, davon ist Hintermayr überzeugt, den leidenschaftlichen Jäger begeisterten vielmehr die Wälder rund um Eichstätt mit ihrem Wildbestand.

Die Eichstätter wie auch die Bewohner zwischen Mühlheim und Schloss Hirschberg setzten große Hoffnungen in die Wahl des frisch ernannten Herzogs von Leuchtenberg. Er verstand es zudem durch sein gewinnendes Wesen und sein spontanes Zugehen auf die Menschen, Sympathien zu gewinnen. Seine Wohltaten verteilte er spontan. So senkte er zweimal in einem Jahr den Preis seines in der Hofmühl gebrauten Bieres, ohne an die Konsequenzen für die anderen Brauer der Stadt zu denken. Diese beschwerten sich im Oktober 1817 über das geschäftsschädigende fürstliche Verhalten in München.

Hintermayr zeigt den Niedergang der Eichstätter Wirtschaft in der Leuchtenbergzeit auf, dass der Herzog und seine Familie, die sich selten in Eichstätt aufhielten, nicht die wahren Probleme angingen, Arbeitsplätze eher abbauten, als schufen und nur erfolgreiche Unternehmen wie die Obereichstätter Hütte förderten: Eigentlich hatten sie kein Interesse an Eichstätt. Eugènes Witwe, die Bayerische Prinzessin Auguste Amalie, mochte Eichstätt nicht. So verkaufte ihr Sohn Herzog August 1832/33 die Herrschaftsrechte an Bayern und im Frühjahr 1835 hatte das Eichstätter Elend, laut einer Eingabe in München, die höchste Stufe erreicht.

Klaus Kreitmeir, Kirchenzeitung Nr. 21 vom 24. Mai 2015