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„Inder bleiben und Eichstätter werden“

Die Diözese hat das Förderprogramm für ausländische Priester wiederbelebt

Aus allen Ecken der Diözese Eichstätt sind sie nach Eichstätt gekommen: Neun junge Priester, die im vergangenen Jahr im Rahmen des Förderprogramms für ausländische Geistliche ins Bistum gekommen sind. Vor gut drei Monaten wurden ihnen Kaplansstellen zugeteilt. Ergänzend dazu kommen sie alle zwei Wochen zu einem Fortbildungstag nach Eichstätt. Gut, dass kein Schnee liegt an diesem Mittwoch, denn da wo die Kursteilnehmer herkommen – aus Indien und Afrika – ist das Wort Winterreifen unbekannt.

Nun sitzen die neun in einem Besprechungsraum des Priesterseminars und richten ihre Augen auf Ausbildungsleiter, Pfarrer i. R. Georg Härteis. Der frühere Bischofsvikar und Leiter der Personalkammer für die Pastoral im Bischöflichen Ordinariat orientiert sich bei den Treffen am Kirchenjahr. Beim letzten Mal ging es um die Sakramentenvorbereitung mit Blick auf bevorstehende Elternabende. Diesmal stehen das Brauchtum, die Heiligen und die Lieder des Advents auf dem Programm.

Wo sind die Kinder?

Es geht aber auch um Zeitgeschichte, um aktuelle gesellschaftliche und kirchliche Entwicklungen. Der intensive Sprachkurs, den die Priester fast ein Jahr lang beim Kolping-Erwachsenen-Bildungswerk absolviert haben, zeigt Wirkung: Sie sind in der Lage, Härteis’Ausführungen über „70 Jahre Nürnberger Prozesse“ oder über den früheren Bundeskanzler Helmut Schmidt und dessen Liebe zur Musik von Johann Sebastian Bach zu folgen.

Auch der Ad limina-Besuch der deutschen Bischöfe in Rom bietet Gesprächsstoff. Härteis fragt in die Runde: „Was würdet Ihr den deutschen Bischöfen sagen, wenn Ihr der Papst wäret?“ In den Antworten kommt übereinstimmend zum Ausdruck: Die Priester vermissen hierzulande die Kinder, Jugendlichen und Familien im Gottesdienst. Es seien die älteren Leute, die die Gottesdiensttradition wach hielten, hat etwa der indische Pater Shiju Lukose Thekkevalayil festgestellt. In den Pfarreien, in denen er im Einsatz ist, ist ihm aufgefallen: „Wir haben für jeden Ort eine Kirche. Und die sind alle fast leer.“

Die Predigten, an die sich die Geistlichen alle schon herangewagt haben, fallen in Deutschland weit kürzer aus, als sie es von ihren Heimatländern gewohnt sind. „Ich habe elf Minuten gebraucht und die Leute haben mir gesagt: Du musst kürzer predigen“, erzählt ein Teilnehmer aus Nigeria unter großem Gelächter seiner Mitbrüder.

Sprache als Schlüssel

Dass die Teilnehmer des Förderprogramms lernen, sich immer besser auf Deutsch auszudrücken, ist Härteis ein wichtiges Anliegen. „Es wäre ja fatal, wenn die Leute sagen: Ein netter Kerl – wenn man ihn nur besser verstehen könnte. Denn die Sprache ist ja schließlich unser Instrumentarium in der Seelsorge.“

„Der Bischof selbst wollte, dass wieder ein Förderprogramm mit einer ganzen Gruppe startet“, berichtet Härteis. Es habe in den vergangenen Jahren zwar immer einmal Quereinsteiger gegeben, „aber es ist vernünftig, dass man die Ausbildung zusammen macht, weil der Aufwand ja doch groß ist“. Damit der sich lohnt, gehe man von einer Aufenthaltsdauer von etwa einem Jahrzehnt aus, informiert er. Auch in den vatikanischen Richtlinien gemäß der Enzyklika „Fidei donum“ (1957), die letztlich auch die Grundlage für das Förderprogramm in Eichstätt und in anderen deutschen Bistümern bildet, sei von diesem Zeitraum die Rede. Papst Pius XII. rief seinerzeit die Bischöfe in Europa und in Nordamerika dazu auf, Weltpriester in die unter Priestermangel leidenden Ortskirchen zu entsenden, vor allem nach Afrika. Heute haben sich die Verhältnisse umgekehrt.

Weltweite Kontakte

Von den früheren Absolventen des Eichstätter Förderprogramms sind viele über die geplanten zehn Jahre hinaus im Bistum geblieben oder sind gleich Priester der Diözese Eichstätt geworden – wie etwa zahlreiche Geistliche aus Polen. In solch einem Fall „braucht es eine Vereinbarung mit der betreffenden Diözese oder Ordensgemeinschaft“, erklärt Härteis. Mit einigen Ordensgemeinschaften, die schon früher Priester sandten, pflege die Diözese Eichstätt noch immer Kontakt. Auch die Weltpriester, die für das Förderprogramm ausgewählt werden, kommen nicht ausschließlich aus Partnerdiözesen wie Poona. Aus dem indischen Bistum Guntur „haben wir seit zwei Jahren eine Anfrage“, berichtet Härteis. Zwei Teilnehmer kommen von dort, dazu vier weitere Ordenspriester aus Indien. Zwei sind Priester der nigerianischen Diözese Aba, einer kommt aus der Eichstätter Partnerdiözese Gitega in Burundi.

So unterschiedlich die Erfahrungen aus den Heimatländern sind, so werde von den Teilnehmern erwartet, dass sie ein Gespür für die Seelsorge in Deutschland mitbringen und bereit sind, sich einzufühlen, erläutert Härteis. „Sie dürfen Inder und Afrikaner bleiben, aber sie sollen auch Eichstätter werden.“

Gabi Gess, Kirchenzeitung Nr. 50 vom 13. Dezember 2015