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„Hier ist so viel Energie ...!“

Auf dem Habsberg spüren Haupt- und Ehrenamtliche aus zwei Dekanaten lebendiger Kirche nach

Wie bleibt Kirche vor Ort gemeinsam unterwegs?“ Um diese Frage drehte sich der erste Aufbruch- und Entdeckertag der Dekanate Neumarkt und Habsberg, zu dem sich 44 Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Diözesanjugendhaus Habsberg versammelt hatten: Pfarrgemeinderäte und weitere Ehrenamtliche, aber auch Gemeinde- und Pastoralreferenten, Religionslehrer und Ordensleute. Neue Wege gehen „und nicht nur jammern, dass immer weniger Menschen kommen“, hatte der Neumarkter Dekan Monsignore Richard Distler in der Einladung das Ziel des Tages umrissen. Sein Habsberger Amtskollege Elmar Spöttle pflichtete ihm bei: „Auch in unserer ländlich geprägten Oberpfalz ist Vieles im Wandel.“ Kirchliche Mitarbeiter bräuchten Ermutigung und neue Erfahrungen von Aufbruch.

Die Moderation des Tages übernahm Dr. Markus Oelsmann vom Bischöflichen Ordinariat Eichstätt mit Mitgliedern des Sachausschusses Pastorale Entwicklung des Diözesanrats, unter ihnen auch Seelsorgeamtsleiter Domkapitular Alfred Rottler. Sehr berührt zeigte sich die Runde von dem Kurzfilm „Der Herr im Haus“. Er erzählt von einem Geistlichen, der penibel darauf achtet, dass in seinem Gotteshaus kein Stäubchen zu finden ist, der aber keinen Blick für die bedrückte junge Frau in der Kirchenbank hat, kein Lächeln für die Seniorin, die eine Kerze hereinbringt, kein Mitleid für den Obdachlosen, der vor einem Gewitterschauer in der Kirche Schutz suchen will – bis er eines Tages Fußspuren vorfindet, die vom Kreuz wegführen: Christus ist fortgegangen von diesem lieblosen Ort.

Nur versorgt werden?

Starr am Kreuz, „da sehen wir den Herrn ganz gerne“, stellte der Breitenbrunner Diakon Franz Kraus, der von seiner 26-jährigen Tochter Theresia begleitet wurde, später selbstkritisch im Gespräch mit der KiZ fest. Der Begegnung mit dem auferstandenen  Christus hingegen werde aus dem Weg gegangen, „denn das könnte ja unbequem werden, uns zu etwas antreiben“. Viele Teilnehmer stellten auf dem Habsberg fest, dass im Alltag des pfarrlichen Lebens oft der Kern der Botschaft vergessen werde: Dass die Liebe Gottes zu den Menschen in Jesus Christus sichtbar wurde und durch uns Christen auch heute immer wieder sichtbar werden müsse. Sie wünschten sich auch, dass sich zukünftig mehr Priester für einen solchen Prozess des Aufbruchs und des gemeinsamen Weges begeistern ließen, dass die Pfarrer aber auch von den zahlreichen Verwaltungsaufgaben und den organisatorischen Belastungen befreit werden müssten.

In der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Kirchenbildern berichteten die meisten Teilnehmer, dass sie in ihren Pfarreien eine „versorgte Kirche“ oder eine „Kirche der Helfer“ erleben würden, die von der Anwesenheit und dem Engagement eines Geistlichen abhängig sei. Für die zukünftigen Herausforderungen sei aber eine stärker missionarische Kirche notwendig, wie sie Papst Franziskus fordert. Dem 25-jährigen Pfarrgemeinderatsvorsitzenden Michael Hruby aus Mühlhauen etwa war es wichtig, dass sich Pfarrgemeinderäte mit den wirklich wichtigen Themen beschäftigen, wie es etwa die Jugendarbeit sei: „Es kann nicht sein, dass es in unseren Sitzungen ums Rasenmähen und ums Kirchenputzen geht.“

Einige Teilnehmer äußerten in der abschließenden Reflexionsrunde, sie wären gerne mit konkreteren Ergebnissen nach Hause gegangen. „Ich bin eher ergebnisorientiert“, erklärte etwa die Pfarrgemeinderatsvorsitzende von Neumarkt/St. Johannes, Doris Kapfelsberger. Alle waren sich jedoch einig, dass mit dem Aufbruch- und Entdeckertag etwas begonnen habe, das sich erst Schritt für Schritt entfalten könne. „Wir wollten“, so Dekanatsreferent Christian Schrödl, „nicht eine Aufbruchseuphorie erzeugen und die Aktiven mit großen Plänen alleine lassen“. Vielmehr brauche es einen gemeinsamen Prozess des Miteinanders und des gemeinsamen Weges, ergänzte Oelsmann. Der Aufbruch- und Entdeckertag sei erst ein Anfang gewesen, „bei dem wir uns unsere verschiedenen Bilder von Kirche schenken. Es geht dabei nicht um Konkurrenz, sondern ums Lernen“.

Gespräch geht weiter

Schrödl stellte abschließend fest: „Menschen aus ganz unterschiedlichen Ecken unserer Dekanate, Priester und Laien, Haupt- und Ehrenamtliche, haben mit großem Ernst und Engagement gezeigt, wie wichtig ihnen eine Weiterentwicklung der Kirche ist.“ Oelsmann betonte: „Man hat förmlich spüren können, dass in wenigen Stunden etwas entstanden ist. Hier ist so viel Energie, dass es nach dem Tag unbedingt weiter gehen muss.“

Die Teilnehmer beschlossen daher, sich in drei Gruppen erneut zu treffen: Im Juni möchten sich die Vertreter aus Reichertshofen, Mühlhausen, Sulzbürg, Seubersdorf und Breitenbrunn zusammen mit dem Vorbereitungsteam des Tages im Mühlhausener Pfarrheim treffen. Im November kommen die Teilnehmer aus Neumarkt, Berg, Oberwiesenacker und Velburg im Neumarkter Johanneszentrum zusammen. Und im Januar 2016 werden sich Engagierte aus Kastl, Ursensollen, Neukirchen und Lauterhofen im Jugendheim Kastl an einen Tisch setzen, um über Themen wie Inklusion von Behinderten, Teilhabe von Frauen oder Zuwendung zu Jugendlichen zu sprechen. Die große, zwei Dekanate umfassende Runde wird sich dann wieder im März 2016 auf dem Habsberg treffen.

vb/gg, Kirchenzeitung Nr. 16 vom 19. April 2015