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„Gott will ankommen in der Welt“

Bischof Hanke beim Begegnungswochenende für Pfarrgemeinderatsvorsitzende / Thema Dialog

Der Einsatz der Pfarrgemeinderäte sei „für die Kirche eine Perle“, stellte Bischof Dr. Gregor Maria Hanke OSB beim traditionellen Begegnungswochenende für Pfarrgemeinderats-Vorsitzende und Vorstandsmitglieder am 1. Advent fest. Bereits zum 44. Mal fand dieses Treffen im Bistumshaus Hirschberg statt und war mit etwa 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, unter ihnen der Vorsitzende des Diözesanrats, Christian Gärtner, gut besucht.

Er staune bei seinen Visitationen immer wieder, „welche Lebendigkeit in den Gremien herrscht, auch in kleinen Pfarreien, die schon seit Jahrzehnten keinen Pfarrer mehr haben“, stellte der Bischof fest und dankte den Frauen und Männern für die Zeit, die sie für ihr Ehrenamt aufbringen, „aber auch für Ihr persönliches geistliches Leben“.

In seinem Vortrag ging der Bischof auf die Dialoginitiative auf dem Weg zum Konzilsjubiläum 2015 ein, deren Auftaktveranstaltung heuer in Mannheim stattfand. Generell sei Dialog „schon immer ein wesentliches Instrument unserer Pastoral“, wie es gerade auch im Pfarrgemeinderat deutlich werde. Der Dialogprozess könne aber nicht auf Umbau der Kirche zielen, sei diese doch „kein soziologisches Gebilde, kein Club, sondern etwas Vorgegebenes“. Auch wenn sich über die Jahrhunderte Vieles verändert habe, „so ist nicht alles zur Disposition gestellt“. Es gehe nicht darum, „die Kirche nach Art von PR-Maßnahmen aufzupeppen, damit sie wieder besser ankommt in der Gesellschaft“. Vielmehr laute der Auftrag: „Gott will ankommen in der Welt und wir haben alles dafür zu tun, dass diese Ankunft möglich ist.“

Dialog sei ein Begriff aus der Konzilsaula, stellte Hanke fest und verwies auf die „großartige, aber leider fast vergessene“ Enzyklika „Ecclesiam suam“, von 1964, in der Papst Paul VI. festgestellt habe, die Kirche müsse wieder ein tieferes Bewusstsein für die eigene Sendung entwickeln. „Wenn wir uns dieses Dokument von vor nahezu 50 Jahren vor Augen führen, dann wirkt die Rede, die Papst Benedikt vor kurzem im Konzerthaus in Freiburg gehalten hat, gar nicht mehr wie ein Blitz aus heiterem Himmel“, bezog sich Bischof Hanke auf die Formulierung „Entweltlichung“, mit der der Papst für Schlagzeilen gesorgt hatte. 

Wie war’s gemeint?

Die anschließende Diskussion im Hörsaal unter der Kapelle von Schloss Hirschberg zeigte, dass nicht Wenige ihre Schwierigkeiten mit dem Begriff „Entweltlichung“ hatten. „Was meint er nun damit? Die Verantwortung für die Kindergärten abgeben? Oder die Kirchensteuer abschaffen?“, fasste eine Laienrätin ihre ersten Überlegungen zusammen, nachdem sie die Rede gehört hatte. Und ein langjähriger Pfarrgemeinderatsvorsitzender meinte, der Ruf nach Entweltlichung tue ihm weh angesichts der vielen Dienste, die Ehrenamtliche vom Pfarrgemeinderat mitten in der Welt leisteten, von Krankenbesuchen bis zu Nachbarschafts-
hilfe – und das in einer seit vielen Jahren priesterlosen Pfarrei.

Lese man die Rede als Ganzes, so werde deutlich, dass der Papst unter „Entweltlichung“ verstehe, „Kontrastgesellschaft zu sein, Leuchtfeuer“, erläuterte der Bischof in seiner Antwort, was weitere Wortmeldungen hervorrief: Nicht jeder habe die Zeit, eine theologisch anspruchsvolle Rede komplett zu studieren, sondern, „wir brauchen Geistliche, die uns an die Hand nehmen, uns die Sachen erklären“, wie eine Teilnehmerin meinte. Der Bischof versprach, diese „Hausaufgabe“ beim Priesterrat zur Sprache zu bringen, denn es sei schade, wenn die Rede des Papstes ob des Sprachproblems nicht ankomme: „Es sind so wunderbare Passagen darin.“

Zum Stichwort „Kirche als Leuchtfeuer in der Welt“ ernteteeine Teilnehmerin viel Beifall für ihre Forderung, dass Pfarreien endlich Ökostrom beziehen sollten und ihr Geld nicht bei Banken anlegen, die sich an Nahrungsmittelspekulationen beteiligen. Bischof Gregor Maria brachte als weiteres konkretes Beispiel den Weltbild-Verlag ins Spiel und sprach sich klar für dessen Verkauf aus. Am Ende der Gesprächsrunde erzählte der Bischof von mutmachenden Begegnungen bei seinen Visitationen, unter anderem mit Schülern, die manchmal ganz existenzielle Fragen stellten.

Besonders bewegt habe ihn heuer eine Begegnung bei der Lourdes-Wallfahrt: Ein Mann, der fast völlig gelähmt war, habe mit den Zehen mühsam eine Tastatur bedient und dabei formuliert: Ich bin ein glücklicher Mensch, mir fehlt nichts, mich trägt mein Glaube – „Das war für mich die Predigt des Jahres.“

Ein Gottesdienst, den der Bischof mit Seelsorgeamtsleiter Domkapitular Alfred Rottler zelebrierte, rundete den ersten Gesprächstag ab. Tags darauf sprachen zwei Gemeindeoberhäupter über „Kommunalpolitische Herausforderung und christliche Optionen“: Die Kindinger Bürgermeisterin, stellvertretende Landrätin und Diözesanrätin Rita Böhm und ihr Röttenbacher Amtskollege Thomas Schneider, der auch Diözesanvorsitzender der Katholischen Landvolkbewegung ist. Die beiden stellten zunächst ihre Gemeinden vor und beschrieben übereinstimmend den demographischen Wandel als eine der größten Herausforderungen. Man begegne ihr durch zahlreiche Maßnahmen, vom Ausweisen günstigen Baulands für junge Familien bis zu Treffen für Neubürger. Die beiden Gemeindechefs wünschten sich eine konstruktive Mitarbeit der kirchlichen Gremien und Verbände, zum Beispiel, wenn es um den Schutz des Sonntags gehe.

Richard Ulrich, Geschäftsführer des Diözesanrats, verwies die Teilnehmerrunde auf den nächsten Katholikentag, der vom 16. bis 20. Mai in Mannheim stattfindet: „Ich würde Sie einladen und bitten, in Ihren Pfarreien zu werben für diese Veranstaltung unserer Räte und Verbände.“ Der Katholikentag beinhalte nicht nur kopflastige Diskussionen, sondern lasse Gemeinschaft erleben.

Domkapitular Rottler, der zu Beginn des Treffens einen geistlichen Impuls für die Adventszeit gesetzt hatte, kündigte einige neue Veranstaltungen im Rahmen der Willibaldswoche 2012 an. So werde am 3. Juli ein Tag für Trauernde stattfinden, am 5. Juli ein Tag des freiwilligen Engagements und am 7. Juli ein Tag der Ministrantinnen und Ministranten.    

Gabi Gess, Kirchenzeitung Nr. 48 vom 04.12.2011