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„Es ist manches in Fluss gekommen“

In Stuttgart fand Teil drei des Gesprächsforums „im Heute glauben“ statt / Eichstätter berichten

Mutig weitermachen und liebevoll hartnäckig bleiben“, diese Devise aus seiner Landjugendzeit rief der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, in seiner Abschlussrede den Delegierten beim Gesprächsforum „Im Heute glauben“ in Stuttgart zu. „Den Satz hab ich mir aufgeschrieben“, erzählt Marlies Müller, die stellvertretende Vorsitzende des Eichstätter Diözesanrats, „denn ich finde, er passt sehr gut zum Dialogprozess“. Bereits zum dritten Mal nahm die Ingolstädterin als Delegierte des Bistums Eichstätt teil – ebenso wie ihre Diözesanratskollegen Ulrike Bergmeir, Christian Gärtner und Anton Lang. Zu dem Quartett gesellten sich außerdem zwei Geistliche. Seelsorgeamtsleiter Domkapitular Alfred Rottler als vom Bischof berufener Vertreter des Eichstätter Priesterrats, war wie bereits vor einem Jahr in Mannheim, mit von der Partie. Erstmals dabei war Bischof Dr. Gregor Maria Hanke OSB.

Laien und Bischöfe, die in der Kaffeepause an Stehtischen zusammenrücken und angeregt diskutieren, das ist bei den Gesprächsforen ein gewohntes Bild. „Es ist wirklich ein Dialog auf Augenhöhe“, bekräftigt Marlies Müller. Wichtiger Bestandteil des Treffens war die Gruppenarbeit. An fast 40 Tischen wurden zu verschiedenen Themen Aussagen und Anregungen gesammelt, von der Eucharistiefeier über die Sakramente entlang des Lebenswegs bis zum Kirchenjahr. Wer in welcher Gruppe mitarbeitete, darüber entschied das Los. Zu Marlies Müllers Team etwa gehörte der frühere Augsburger Generalvikar ebenso wie ein Liturgiefachmann aus der Diözese Würzburg, ein Pastoralreferent aus Limburg oder ein Vertreter des Jugenddachverbands BDKJ aus dem Bistum Speyer. Auf der Heimfahrt im Zug habe sie das Gefühl gehabt, „es ist manches in Fluss gekommen“, fasst Müller ihren positiven Eindruck aus mittlerweile drei Treffen zusammen.

Jeder ist gefragt

Auch Anton Lang aus Günching bei Velburg, der den Eichstätter Diözesanrat im ZdK vertritt, zitiert Alois Glück. „Wollen wir den Wandel in der Kirche erleiden oder wollen wir ihn gestalten?“, habe dieser in seiner Abschlussrede gefragt. „Und dieser Satz bringt es auf den Punkt“, bricht Lang eine Lanze für aktive Mitarbeit und auch verstärkte Schulung von Laien. Auch wenn das Thema priesterlose Gottesdienste in den norddeutschen Diözesen viel akuter sei als etwa im Bistum Eichstätt und auch wenn die Eucharistie der Höhepunkt der Liturgie bleiben müsse, so gelte es auch andere Formen der Spiritualität zu entdecken – etwa des Schweigens, der Meditation. „Wenn ich an unser Dorf denke: Da gehen die Leute halt in die Kirche, wenn ein Pfarrer da ist. Das Andere, das muss sich erst entwickeln“.

Auch die Eichstätter BDKJ-Vorsitzende Ulrike Bergmeir setzt auf die Eigenverantwortung der Gläubigen: „Da braucht’s sicherlich noch mehr davon, dass sich jeder Einzelne Gedanken macht. Es ist vor Ort ganz viel möglich, aber man machts nicht. Wir alle sind getauft und gefirmt. Wir können und dürfen auch selbst mittun“.

Zum Dialog nach Stuttgart war Bergmeir mit gedämpften Erwartungen gefahren. Nach der Aufbruchsstimmung beim ersten Dialogforum hatte ihr von einer auf die nächste Veranstaltung „der Schwung dazwischen“ gefehlt. Im BDKJ („Wir sind gut vernetzt“) jedenfalls werde der Dialogprozess mit Interesse verfolgt, berichtet Bergmeir. Vor ihrer Fahrt nach Stuttgart „gab’s ein Vortreffen und wir werten das auch nachher aus“. Allerdings gebe es für sie in der Kirche drängendere Themen als die Frage nach zeitgemäßer Liturgie. Im Bistum Eichstätt, da tue sich in dieser Hinsicht bereits viel, „da probieren wir Neues aus, wie jetzt zum Beispiel die Jugendwallfahrt, und da haben wir auch tolle geistliche Begleitungen und Jugendpfarrer, die uns Raum geben“.

Nicht nur die Köpfe ...

Das ergänzt sich gut mit der Auffassung von Domkapitular Rottler: „Wir müssen überlegen, wie wir in der Feier der Liturgie nicht nur die Köpfe, sondern die Herzen erreichen. Wenn jemand innerlich berührt ist, dann bleibt er dran, dann wird das Ganze nachhaltig“. Dass beim Dialogforum große Erwartungen in Papst Franziskus gesetzt wurden, das hatte Rottler schon vor seiner Abfahrt betont. „Dienende, hörende, pilgernde Kirche zu sein, dazu kommen von ihm unheimlich viele Impulse – ja, da hat er uns eigentlich schon überholt!“.

Gabi Gess, Kirchenzeitung Nr. 38 vom 22. September 2013

Nachgefragt:

Liturgie: Die Welt in die Feier holen

Wenn wir Pastoral betreiben wollen, wenn sie uns wichtig ist, dann geht das nicht ohne Dialog und Begegnung“ – eine Maxime, die sich beim dritten Dialogforum ‘Im heute glauben’ einmal mehr bestätigt habe, wie Bischof Dr. Gregor Maria Hanke OSB, aus Stuttgart zurückgekehrt, im Gespräch mit der KiZ betont. Wie fragil Gesprächssituationen seien, habe man in Stuttgart allerdings auch wieder erfahren können.

Sehr angetan, ja berührt sei er gewesen „von diesem geistlichen Aufeinanderzugehen, dem Mühen, gemeinsam auf die Mitte zu schauen.“ Eine Zäsur habe der Abend gebracht. Die „üblichen Fragen“ seien so unvermittelt hereingebrochen und seien „teilweise auch emotionalisiert oder kirchenpolitisch fordernd vorgetragen“ worden, dass der folgende Vormittag zunächst „unter dem Vorzeichen der Bemühung stand, dass man eine gemeinsame geistliche Plattform findet“. Und dann habe sich wieder die Erfahrung eingestellt: „Wo man gemeinsam in die gleiche Richtung schaut, da entwickelt sich ein Dialog, der ja durchaus auch in kontroverser Art geführt werden kann.“

Man habe in den Gesprächen gemerkt, „welche Bandbreite, welche Vielfalt an liturgischen Formen wir eigentlich haben“, habe sich darüber ausgetauscht, dass ein Teil dieser Vielfalt in der Vergangenheit vergessen, nicht gepflegt wurde: „Der Impuls den ich mitbekommen habe, ist der, dass man sich wieder stärker auf diese Vielfalt der liturgischen Formen einläßt“. Die Liturgie solle „die Welt in die Feier holen“, nicht „abseits der Lebenserfahrungen, der Probleme und Sorgen gefeiert“ werden. Umgekehrt sei auch thematisiert worden, „dass die Liturgie nicht ein Spiegelbild dessen sein kann, was mir in der Welt begegnet, was mir im Alltag widerfährt, sondern sie soll mich ja mit Gott und dann untereinander auch in Verbindung bringen. Die Liturgie kann nicht nur wie ein Spiegel sein, in dem ich mein eigenes verweintes oder zerfurchtes Gesicht sehe, sondern ich möchte auch etwas von der Botschaft und der Freude, der Herrlichkeit Christi in der Liturgie mitgeteilt bekommen.“

Welche Hoffnungen setzt Bischof Hanke in den weiteren Dialogprozess? „Mich interessiert zunächst einmal, wie man diese Begegnung in Stuttgart aufarbeitet. Da wurde ja ganz klar festgelegt, dass dieses Treffen mit den Ergebnissen jetzt nicht einfach nur archiviert werden kann, sondern da müssen sich nun auch die entsprechenden Ebenen damit befassen, die entsprechenden Kommissionen der Bischofskonferenz, das Zentralkomitee der Katholiken. Und ich glaube, man sollte jetzt erst einmal diesen Nachgang abwarten, wie dieser Gärungs- und Verarbeitungsprozess ausfällt, und wie man auch umgeht mit der Diversität, den Kontrasten, die ja innerhalb der Teilnehmerschaft dieses Dialogprozesses wieder ganz deutlich zu spüren waren: die unterschiedlichen Erwartungen, die unterschiedlichen Ansätze. Dem wird man sich nun auch einmal stellen müssen.“

Alles in allem, so das Bischofsresümee zu Stuttgart: „Eine sehr offene, sehr respekt- und vertrauensvolle Weise des Diskutierens und Umgehens miteinander – ein Geschenk, finde ich.“

Michael Heberling, Kirchenzeitung Nr. 38 vom 22. September 2013