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Ein Blick ins gedruckte Paradies

Vor 400 Jahren erschien der Prachtband über den botanischen Garten auf der Willibaldsburg

Er zählt weder zu den Weltwundern wie einst die hängenden Gärten, noch ist er besonders groß. Auch kommt ihm nicht zu, der erste botanische Garten zu sein, denn der wurde in Italien angelegt. Er ist nicht einmal der erste nördlich der Alpen, sondern nur der vierte, und trotzdem ist er weltbekannt. Das hat der „Hortus Eystettensis“ vor allem einem Buch zu verdanken. Einem gewichtigen Buch, das immerhin 14 Kilogramm auf die Waage bringt. Seine Ausmaße von 54 mal 45 mal 13 Zentimeter beeindrucken. Doch berühmt machte es sein Inhalt, der auf 367 großformatigen Tafeln 1.084 Pflanzen zeigt, die auf der jeweiligen Gegenseite beschrieben werden.

Anlage des Gartens

Aufgabe des vom Nürnberger Apotheker und Botaniker Basilius Besler herausgegebenen und vor 400 Jahren erstmals erschienenen Prachtbandes war es nicht, ein botanisches Nachschlage- oder Bestimmungswerk zu sein, sondern er sollte die Ehre und den Ruf des Gartenbesitzers, des Eichstätter Bischofs Johann Konrad von Gemmingen mehren. Ein Teil der durch Einschmelzen Anfang des 19. Jahrhunderts verloren geglaubten Kupfertafeln wurde übrigens vor 15 Jahren zufällig in der Wiener Albertina wiedergefunden.
Die Anregung zu einem botanischen Garten hatte der Eichstätter Oberhirte aus altem schwäbischen Adel vielleicht bei seinen Studienaufenthalten in Italien erhalten. Jedenfalls besaß er schon vor Beginn seiner Regierungszeit in dem geistlichen Fürstentum an der Altmühl als Domdekan in Augsburg einen Garten. Auch hatte sein Vorgänger Martin von Schaumberg bereits in seiner Residenz, der Willibaldsburg, Lustgärten und Sommerhäuschen errichten lassen. Johann Konrad baute sie ab dem Jahr 1597 aus oder erweiterte sie. Um seine Gärten, der sogenannte Hortus bestand insgesamt aus acht Gärten im Norden, Westen und Osten der Burg, bewässern zu können, ließ der Bischof Wasser durch eine Röhrenleitung von der Hofmühle hinauf in die Burg pumpen.

Die Helfer

Der Eichstätter Bischof war ein eifriger Sammler von Samen und Zwiebeln, um seinen Garten noch schöner, prächtiger und exotischer gestalten zu können. Dort wurden die Bäume, Sträucher und Pflanzen nicht nur in Beete, sondern auch in Kübel gepflanzt, die nicht winterharten erhielten zum Schutz vor Schnee, Eis und Kälte sogar ein kleines Gartenhaus. Um den Bestand des Gartens, wo allein 500 verschiedenfarbige Tulpen blühten, zu mehren, besorgte ihm zum Beispiel 1599 der Augsburger Bürgermeister Rembold Bäume und 300 Spargelstöcke. Auch Philipp Hainhofer, der 1611 den Eichstätter Garten seinem Auftraggeber, dem bairischen Herzog Wilhelm, beschrieb, vermittelte Raritäten unter fürstlichen Sammlern. In Eichstätt sollte Hainhofer für Herzog Philipp II. von Pommern Kopien der berühmten Gärten beschaffen.

Eigentlich wollte Johann Konrad seinen Garten von dem bekannten niederländischen Botaniker Carolus Clusius anlegen lassen, der zuvor in Wien tätig gewesen war. Doch Clusius lehnte ab und ging an die Universität Leiden. Danach fiel die Wahl des Bischofs auf den Nürnberger Apotheker Besler, der mit Clusius befreundet war und selbst einen kleinen pharmazeutischen Garten besaß. Besler wurde von seinem Bruder Hieronymus und dem Altdorfer Professor Ludwig Jungermann beraten und unterstützt. Zum Ruhm des bischöflichen Sammlers wurde Besler auch mit dem Druck eines Prachtbandes beauftragt. Dafür sandte der Eichstätter Bischof, so berichtet Hainhofer, wöchentlich eine oder zwei Schachteln mit frischen Blumen nach Nürnberg, damit die dort für das Buch abgemalt und in Kupfer gestochen werden konnten. Die Kosten für das Buchprojekt trug allein der Bischof, der bis zu seinem Tode rund 7.500 Gulden aufwandte. Insgesamt sollen die Kosten für den Hortus 17.820 Gulden betragen haben.

Als Johann Konrad von Gemmingen am 7. November 1612 starb, waren erst 185 der insgesamt 367 Kupferplatten fertig. Erst unter Gemmingens Nachfolger erschien das Werk in einer Auflage von 300 Exemplaren in verschiedener Ausführung, die zwischen 35 und 500 Gulden kosteten. Zu der Zeit verdiente der bischöfliche Gärtner  60 Gulden im Jahr und eine Villa in Nürnberg war für 2.500 Gulden zu bekommen.

Klaus Kreitmeir, Kirchenzeitung Nr. 26 vom 30. Juni 2013