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Leseprobe

Eichstätt liegt am Jakobsweg

Offizieller Start des Leader-Kooperationsprojekts „Jakobswege in Bayern“

Die Landkarte im Tiroler Landesmuseum in Innsbruck stammt aus dem Jahr 1511 und zeigt das dichte Netz der Pilgerwege nach Santiago de Compostela in Nordspanien, das sich über ganz Europa ausbreitet. Wer genau hinschaut, entdeckt auf dieser Karte auch Eichstätt.

Wenn Domvikar Reinhard Kürzinger auf diese frühe Erwähnung hinweist, dann geht es ihm darum zu zeigen, dass die kleinste bayerische Diözese mit ihrem ausgeprägten Engagement in Sachen Jakobswege keinesfalls einer unhistorischen Tourismusidee aufsitzt oder mutwillig quasi-spirituelle Wellnesswanderwege ausweist.

Die ersten Jakobswege im Gebiet der Diözese wies Anfang der 90er-Jahre des letzten Jahrhunderts eine Broschüre aus, die, hauptsächlich initiiert von dem evangelischen Pfarrer Paul Geißendörfer aus Heilsbronn, als pastorale Initiative zunächst für dessen Gemeinde gedacht war. In den Folgejahren gingen immer mehr Menschen, nicht nur aus Mittelfranken, den sogenannten fränkischen Jakobsweg zwischen Nürnberg und Rothenburg ob der Tauber.

Mit ungleich professionellerer Infrastruktur wartet seit 2007 der Jakobusweg („von Reichsstadt zu Reichsstadt“) von Nürnberg nach Ulm auf. Der Weg führt im Bistum Eichstätt über Schwabach, Abenberg, Kalbensteinberg, Gunzenhausen (wo man etwa im katholischen Pfarrhaus auf Nachfrage eine Liste mit „Pilgerherbergen“ erhält) und Heidenheim. Und schon seit 2004 gibt es den Ostbayerischen Jakobsweg, der vom Bayerischen Wald kommend über Regensburg und Eichstätt nach Donauwörth führt.

Mittlerweile fürchten selbst versierte Pilger um die Übersicht im Jakobswegedschungel, der in den letzten zehn Jahren, durch einschlägige Literatur befördert, immer undurchdringlicher wurde. „Ein wichtiger Meilenstein im Hinblick auf die Weiterentwicklung und verbesserte Koordination des bayernweiten Jakobswegenetzes“ will das sogenannte Leader-Kooperationsprojekt „Jakobswege in Bayern“ sein, das Ende Mai offiziell in Eichstätt startete.

Als einen der Motoren des Projekts, das vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums gefördert wird, darf man den im September 2009 in Eichstätt gegründeten Verein „Jakobswege e. V.“ bezeichnen.

Gründungsmitglieder sind die Pilgerstelle der Diözese Eichstätt – Domvikar Kürzinger ist einer der Vizepräsidenten des Vereins –, die evangelisch-lutherische Kirche in Bayern, das bayerische Pilgerbüro München, die Fränkische St. Jakobus-Gesellschaft Würzburg e. V., der Verband Altmühl-Jura sowie drei Landesarbeitsgemeinschaften. Mittlerweile sind die Jakobusgesellschaften in Bamberg und Würzburg, die Pilgerbüros in Bamberg und Augsburg sowie die Diözese Würzburg dazugestoßen.

Ein Jahr zuvor, im Herbst 2008, hatte Kürzinger erstmals alle lokalen Aktionsgruppen Bayerns, die sich in Sachen Jakobsweg auf ganz verschiedene und verschieden intensive Weise beschäftigten, nach Eichstätt eingeladen. Heute sind im Leader-Projekt „Jakobswege in Bayern“ 58 lokale Aktionsgruppen vertreten – eine davon agiert gar transnational, nämlich der obengenannte Verein „Jakobswege e. V.“.

Sein Zweck ist ausdrücklich die Förderung des Jakobsweges als „Pilgerweg christlicher Prägung“, als „gemeinschaftsstiftender Weg der Sinnfindung und inneren Einkehr“. Er will Gruppen vernetzen, die Wege optimieren und standardisieren sowie die Dienstleistungs- und Betreuungsangebote pilgergerecht verbessern und Pilgerbegleiter qualifizieren.

Mit der neuen Projektleiterin Judith Jochmann sind nun Brücken sowohl in den Bereich Tourismus, kommunale Projektarbeit, als auch Forschung und Wissenschaft geschlagen. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin an der katholischen Uni Eichstätt-Ingolstadt ist Diplom-Geografin und Reiseverkehrskauffrau. Ihre spirituelle Ader als Jakobspilgerin hat sie jüngst entdeckt, bei einer Begehung des Pilgerwegs mit Studenten. 

Michael Heberling