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Die Messe für die Messe

Rundgang mit den Eichstätter Mesnern über die „Gloria“ in Augsburg / Polster und Paramente

In der Wolfertshofener Kirche schaltet Mesner Karl Mittermeier einen Lüfter ein, wenn es kalt ist. Doch das Gebläse „ist zu laut“ und muss beim Beginn der Gottesdienste abgeschaltet werden. Auf der Kirchenmesse „Gloria“ in Augsburg will Mittermeier deshalb gezielt nach Kirchenheizungen Ausschau halten. Zusammen mit seiner Frau und 51 weiteren Mesnern aus dem Bistum Eichstätt ist er donnerstags früh in einen vom Mesnerverband der Diözese Eichstätt organisierten Reisebus eingestiegen. Domkapitular em. Monsignore Rainer Brummer, der geistliche Beirat der Mesner, erteilt an Bord den Reisesegen und begleitet die Gruppe nach der Ankunft beim Messerundgang.

Start in Österreich

Zum 14. Mal findet die Kirchenmesse „Gloria“ statt. Augsburg ist zum zweiten Mal Gastgeber für die Anbieter von Kerzen, Kelchen und Kaseln. Zuvor war die Messe in St. Pölten zuhause. Rund 100 Aussteller aus zwölf Ländern haben für drei Tage ihre Stände in der Messehalle 1, der Schwabenhalle, aufgebaut. Mit dabei: Georg Pfeilschifter  aus Lenting. Der 72-Jährige erstellt Kirchen- und Kunstführer, „aus Liebhaberei“. Für den Rentner darf solch ein Projekt „nicht in Arbeit“ ausarten und daher macht er auch nur ein Buch pro Jahr. Pfeilschifter hat viel mit Generalvikar Dompropst Isidor Vollnhals zusammengearbeitet, erzählt er im Gespräch mit der Kirchenzeitung. So entstanden in den vergangenen Jahren kleine Bücher zu den Ingolstädter Krippen, zum Münster und zur Asamkirche in Ingolstadt und auch zur Pfarrkirche St. Peter und Paul in Dollnstein. Pfeilschifter entwickelt für die Bücher ein Konzept, gestaltet das Layout und vor allen Dingen macht er die Fotos.

Bei ihrem Rundgang machen Reinhard Brock und Josef Tratz aus dem Vorstand der Eichstätter Mesner kurz Halt bei Pfeilschifter. Tratz, der in der Eichstätter Schutzengelkirche Mesner ist, sucht in Augsburg „nichts Bestimmtes“, will sich aber umsehen und Anregungen holen. Ganz anders die beiden Preither Mesnerinnen Centa Bauer und Irene Kieslich (siehe auch Titelbild). Sie suchen einen Kragenschutz für eine Stola. Bei einem Stand aus Polen schauen sie sich um, fragen nach und müssen erst warten, bis eine Dolmetscherin zur Stelle ist. „Nein, das führen wir nicht“, erfahren sie. Centa Bauer trägt es mit Fassung: „Dann müssen wir eben ‘was selber nähen.“ Sie setzen ihren Rundgang fort, gehen zum Stand der Regens Wagner-Stiftung aus Dillingen. Seit 150 Jahren fertigen Schwestern und Mitarbeiter in der Paramentenstickerei Dalmatiken, Chormäntel, Chorfahnen und auch Tragehimmel für Prozessionen. Nicht zum ersten Mal schauen sich Inge und Ernst Heß solche Gewänder an. Zusammen mit ihren Sohn Armin, der Kaplan in Schwabach ist, haben sie schon einmal Messgewänder ausgesucht. „Da braucht man ein dickes Portemonnaie“, sagt Inge Heß, die mit ihrem Mann als Mesnerin in der Heilig Kreuz-Kirche in Neumarkt aktiv ist.

Fast schon ein Schnäppchen machen die beiden Preither Mesnerinnen bei ihrem nächsten Stopp. An einem zweiten polnischen Stand finden sie für 20 Euro den gewünschten Kragenschutz für die Stola ihres Ortspfarrers. Die Nähnadeln können also im Schrank bleiben.

Die Eichstätter Mesner haben im Bus alle eine Freikarte bekommen, die die Cerion Wachswaren GmbH spendiert hat. „Dann müssen wir da auch mal was bestellen“, sagt ein Teilnehmer der Fahrt. Für Brock und seine Kollegen ist es Ehrensache, bei der Firma vorbei zuschauen. Sie kennen die Mitarbeiter, kommen ins Gespräch, trinken einen Sekt am Messestand. Überall brennen hier Kerzen in allen Größen. Viele der ausgestellten Objekte hat Marina Pfandzelter gemacht. Die gelernte Wachsbildnerin sitzt an
einem Tisch und schneidet mit einem scharfen Messer kleine Wachsplatten aus, die sie auf Kerzen klebt. Für Reliefs verwendet sie hingegen Kautschukformen, in die flüssiges Wachs gegossen wird, das anschließend bemalt wird. Die Wolfertshofener Mesner sind mittlerweile auch fündig geworden. Gleich mehrere Aussteller bieten Kirchenheizungen an. Karl Mittermeier informiert sich, nimmt Prospekte mit und darf auch einmal Probesitzen.

Ronny Havener stellt ein patentiertes Heizsystem für Kirchenbänke vor, das mit Infrarotwärme funktioniert. Dadurch könnten bei einer Kirche mit 400 Sitzplätzen „rund 500 Euro Stromkosten eingespart werden“, erklärt der Juniorchef. Die beheizten Polster in Veloursstoffen aus deutschen Teppichfabriken empfiehlt er „vor allen Dingen in der Übergangszeit“. Dann müsse nicht die ganze Kirche geheizt werden, weil die Strahl-
wärme der Kissen ausreiche. In der Basilika in Ottobeuren und auch in Notre Dame in Paris finden sich Produkte der Firma aus dem Saarland.

Am Stand der Süddeutschen Mesnerverbände treffen die Eichstätter alte Bekannte. Peter Werner, Diözesanleiter des Mesnerverbands im Bistum Rottenburg-Stuttgart, stellt hier das Standardwerk für Mesner aus: „Der Sakristanendienst. Das Handbuch für die Praxis“. Die Eichstätter kennen und benutzen das Buch. Brock, Tratz und Werner fachsimpeln ein wenig, lassen sich auch andere Broschüren zeigen und machen sich dann wieder auf den Weg zu einem der nächsten Stände.

Alte Bekannte

Geboten ist viel auf der „Gloria“, auch wenn einige Stimmen laut werden, dass viele namhafte Aussteller fehlen würden. Tratz entdeckt den Stand der Gold- und Silberschmiede Ulrich Dochtermann. Die Augsburger sind für Tratz keine Unbekannten: Sie haben bereits in der Schutzengelkirche gearbeitet. Tratz will von Michael Wöhrl-Dochtermann wissen, ob es für die Weihwasserkessel Einsätze aus Kunststoff gibt, „damit sich da nicht immer Grünspan bildet“. Doch Wöhrl-Dochtermann kann nicht damit dienen.

Gut zwei Stunden haben die Eichstätter Mesner Zeit, sich umzuschauen. Nur wenige sind gezielt auf der Suche nach etwas für ihre Heimatkirche. Josef Schmid aus Neumarkt findet die Auswahl interessant, aber der Tag sei für ihn auch eine Gelegenheit, „die Kollegen mal wieder zu treffen“.  Vom Messegelände aus fahren die Eichstätter zum Mittagessen in die Innenstadt und treffen ein weiteres bekanntes Gesicht: Helmut Kellerer. Der frühere Eichstätter Dommesner ist nun in Augsburg am Dom tätig und führt seine Kollegen durch die Kirche, durch die Sakristei und an das Grab von Prälat Josef Heigl. Der in diesem Jahr verstorbene Domkapitular war Präses der Süddeutschen Mesnerverbände.

Andrea Franzetti, Kirchenzeitung Nr. 46 vom 17. November 2013