Zum Inhalt springen

Das geschriebene Wort als Erlebnis

Über Kinderbibeltage, Schuhkartons und Lineale, die an den Turmbau zu Babel erinnern

Konzentriert verziert die kleine Miriam ihre Pappschachtel. „Mir gefällt am besten das Basteln und die schönen Bibelgeschichten“, sagt sie stolz. Die Siebenjährige ist zum ersten mal bei einem Kinderbibeltag mit dabei. Immer wieder bieten Pfarreien im Bistum diese fromme Freizeitbeschäftigung an, besonders beliebt dafür ist der Buß- und Bettag im November. Doch auch jetzt in der Fastenzeit können Kinder basteln, singen und das Alte oder Neue Testament besser kennenlernen.

Theologische Reflexion

Zum Kinderbibeltag in der Dompfarrei sind diesmal rund 90 Kinder gekommen. Das Motto lautet: „Immer höher, immer größer, immer besser? Der Turmbau zu Babel“. Bereits zum 30. Mal organisierte Religionspädagogin Lioba Henke die Veranstaltung. Im Oktober hatte sie zusammen mit einem 13-köpfigen Helferteam mit den Vorbereitungen begonnen. „Wir haben an Reflexionsabenden das Thema diskutiert und theologisch aufbereitet, dort darf sich jeder einbringen. Mir ist es wichtig, dass sich jeder Mitarbeiter intensiv mit dem Thema auseinandersetzt“, erklärt Henke im Gespräch mit der Kirchenzeitung. „Es ist für Eltern schön, den Kindern die Bibel nahe zu bringen, Gemeinschaft zu fördern und auch für sich selbst die Bibel wieder neu zu entdecken“, ergänzt Michaela Danner, die zum fünften Mal eine Gruppe leitet.

Nach einführenden Worten von  Ordinariatsrat Diakon Dr. Peter Nothaft bauen die Kinder im Eichstätter Dom einen Turm aus Schuhkartons und hören in der Geschichte vom Turmbau zu Babel von der Maßlosigkeit der Menschen, die glaubten, sie könnten den Himmel erreichen. Aufgeteilt nach Alter und Klasse setzen sich die Teilnehmer anschließend in sieben Gruppen auf verschiedene Weisen mit dem Thema auseinander. Henke beispielsweise besteigt mit ihrer Gruppe den 40 Meter hohen Kirchturm der evangelischen Erlöserkirche. „Wir haben 94 Stufen gezählt“, erzählen die zehnjährige Johanna und ihre Freundin Lara. Aus ausgeschnittenen Wortbausteinen der Bibel fertigen die beiden nach der Turmbesteigung selber einen Turm. Eine ähnliche Collage basteln auch Corinna Kirmayer und Carmen Gabel mit den Fünft- und Sechstklässlern. „Wir haben uns die Frage gestellt, wozu Menschen Türme bauen und wo sie immer besser und größer sein wollen. Anhand der Collage aus Zeitschriften lernen die Kinder mehr über die Problematik unserer Überflussgesellschaft und sollen erkennen wie wir besser gemeinsam mit Gott und untereinander leben können“, verdeutlicht Gabel. Sportlich austoben dürfen sich die Kinder der Gruppen von Petra Bacherle, Susanne Höltken, Monika Geitner und Melanie Markiewicz beim Bierkistenklettern. In Teamarbeit sollen sie „erkennen, dass man sich gegenseitig helfen und sichern muss, und dass auch Gott eine Sicherung für ihr Leben sein kann“, erläutert Geitner. Auch Henke betont den pädagogischen Aspekt des Kinderbibeltags: „Mir ist es besonders wichtig, dass den Kindern die Bibelgeschichten Spaß machen, dass sie Kirche als etwas Positives erleben und die Sicherheit mitnehmen, dass Gott immer für sie da ist.“ In allen Gruppen dürfen die jungen Teilnehmer die Bibel spielerisch erleben und dazu mit Holzklötzen bauen, Kerzen und Steintafeln mit Bibelsprüchen und Psalmen verzieren oder eine Erinnerungsbox gestalten.

Ökumenische Impulse

„Da wird das geschriebene Wort zum Erlebnis, das die Kinder mit allen Sinnen aufnehmen“, erklärt Pfarrer Anton Schatz. Als Seelsorger im Bereich Kinderpastoral bietet er zusammen mit dem Schulreferat methodische Einweisungen und Fortbildungen an. „Die Gemeindereferenten und Religionspädagogen leisten hier im ganzen Bistum tolle Arbeit. Wir wollen mit unseren Fortbildungen neue Impulse und auch Anerkennung zurückgeben.“ Kinderpastoral reduziere sich dabei nicht nur auf Kinderbibeltage sondern auf den ganzen Bereich der Glaubensverkündung. Die meisten Kinderbibeltage seien zudem ökumenisch. „Im Gegensatz zu den Sakramenten sind die biblischen Geschichten identisch, ich halte es für ganz wichtig, dass die Kinder auf dieser Ebene gemeinschaftliche Ökumene erleben.“, sagt Schatz.

In Eichstätt endet der Kinderbibeltag mit einem Wortgottesdienst. Im Dom werden die Ergebnisse präsentiert. Zum Dank für ihren Einsatz überreichen Dompfarrer Josef Blomenhofer und Nothaft den Mitarbeitern kleine Präsente. Und für die Kinder gibt es Lineale. Sie sollen, wie Nothaft erläutert, „euch wie die Geschichte vom Turmbau zu Babel immer an das rechte Maß erinnern, denn das einzige was maßlos gut ist und man nicht messen kann, ist Gottes Liebe.“

Johannes Heim/af, Kirchenzeitung Nr. 12 vom 22. März 2015

<media 81747 _blank - "TEXT, leseprobe-kinderbibeltag, leseprobe-kinderbibeltag.pdf, 205 KB">Beitrag als PDF</media>