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"Danke, Walburga, dass Du da warst"

Rührende Zeugnisse: Die Votivtafeln in der Gruftkapelle von St. Walburg

Votivtafeln in Wallfahrtskirchen sind für die Wissenschaft eine Quelle von unschätzbarem Wert: Medizinhistorikern erzählen die Gemälde von einstigen Behandlungsmethoden bei schweren Krankheiten, Volkskundler können herauslesen, wie sich Arm und Reich kleideten und wie sie wohnten. Vor allem aber geben Votivtafeln Zeugnis eines tiefen Glaubens in schier auswegloser Situation. In der Gruftkapelle der Eichstätter Abtei St. Walburg befinden sich mehr als 1.000 davon. Die Ältesten stammen aus der Zeit um 1600, die Neuesten aus unseren Tagen.

Bis unter den Giebel der Kapelle bedecken die Votivtafeln die Wände. Der überwiegende Teil von ihnen stamme aus der Barockzeit, weiß Schwester Walburga Pelkmann, die oft Besuchergruppen zum Grab der Bistumsheiligen führt. Eine dunkle Patina hat sich im Lauf der Jahrhunderte über die Bildnisse gelegt, von denen viele eine beachtliche Größe und einen kunstvollen Rahmen haben. Nicht fehlen darf der dichte Wolkensaum am oberen Bildrand, der das Überirdische symbolisiert. Oft wird die Grenze zwischen irdischem und heiligem Raum zusätzlich durch einen wallenden Vorhang angedeutet. „Ex voto“ (= aufgrund eines Gelübdes) ist oft vermerkt.

Wurden die Votivtafeln früher häufig von Auftragsmalern gefertigt, so werden sie heute oft von den Betroffenen selbst gestaltet, in ganz individueller Form. Zu Schwester Walburgas Lieblings- tafeln gehört ein kleines Holzrelief aus dem Jahr 2003. Darauf ist ein massiver, umgefallener Schrank dargestellt, der ein kleines Kind unter sich begraben hatte. Nach dem glimpflich überstandenen Unfall ruft es mit seinem Geschwisterchen der heiligen Walburga zu: „Danke, dass du da warst.“

Die Kirchenführerin findet es „immer wieder ergreifend, dass Menschen auch heute durch ihr Gebet Hilfe durch die heilige Walburga erfahren“. Wer eine Votivtafel aufhängen möchte, geht aber nicht einfach mit Hammer und Nagel ans Werk, sondern gibt die Tafel im Kloster ab. Bei dieser Gelegenheit erzählten die Leute oft über das Geschehene, weiß Ordensfrau und zeigt ein kleines Aquarellgemälde: Die heilige Walburga inmitten eines großen, roten Herzens – gar nicht kitschig sondern tief berührend. Die Eltern eines nach zwei Herzoperationen genesenen Kleinkinds stifteten es.

Die neueren Votivtafeln befinden sich überwiegend über  den Treppenstufen zur unteren Gruftkapelle. Auf schlichten Holzbrettern stehen Geschichten von schwereren Verkehrsunfällen und Scheunenbränden, überstandener Krebserkrankung und schweren Geburten. Gestickte Botschaften finden sich an den Wänden ebenso wie Fotos, die von bestandener Gefahr erzählen. Etwa davon, wie ein Dreijähriger in einen Bottich mit ungelöschtem Kalk fiel und nach monatelanger Blindheit sein Augenlicht wiedererlangte. Im September 1973 kam er mit seinen Eltern aus dem Sauerland nach Eichstätt, um der heiligen Walburga persönlich zu danken.

Und dann findet sich noch die  Geschichte von dem Priester, der am 25. Februar 1995 in Bolivien von seinem Maultier abgeworfen wurde  und schwer stürzte. Der Mann heißt Adolf Bittschi, seines Zeichens Weihbischof.

Gabi Gess, Kirchenzeitung Nr. 10 vom 6. März 2016