Zum Inhalt springen

Bischöfe und Pater in Asphalt

In Eichstätt finden sich im Stadtplan viele Straßennamen, die in Verbindung mit der Kirche stehen

Goethe, Schiller, Beethoven –  Deutschlands berühmte Köpfe finden sich in vielen Städten und Orten in Straßennamen verewigt. In Eichstätt hingegen: Fehlanzeige. Auch Dorf-, Friedhofs- oder Schulstraßen, wie sie anderorts sehr weit verbreitet sind sucht man im Stadtplan der Bischofsstadt vergebens. Stattdessen gibt es unter den rund 230 Straßennamen ganz viele, die einen engen Bezug zur katholischen Kirche haben.

Kaum Frauen

„Das liegt in der Natur der Stadt“, erklärt Stadtheimatpfleger Dr. Rainer Tredt. Es seien nicht explizit katholische Namen ausgesucht worden, aber Eichstätt sei nun einmal durch die Kirche stark geprägt worden, ergänzt der Historiker. Die Namen in der rund 13.000 Einwohner zählenden Stadt an der Altmühl reichen von Alberthalstraße (benannte nach dem Baumeister Hans Alberthal, der für die Eichstätter Fürstbischöfe wirkte) bis hin zur Wohlmuthgasse. Die kurze Verbindung, die von der Ostenvorstadt durch die Stadtmauer hindurch führt, erinnert an Dompropst Dr. Georg Wohlmuth, der 21 Jahre lang (bis 1933) Mitglied des Bayerischen Landtags  war.

Viel Straßen tragen Namen von Personen, die sich um die Stadt in Politik, Kultur und eben auch im kirchlichen Bereich verdient gemacht haben. Beim Blick in die Statistik fällt auf, dass fast ausschließlich Männer aus dem kirchlichen Umfeld zu Straßennamensehren kamen, darunter Pater, ein Dompfarrer, Fürstbischöfe und Kardinäle.

Doch auch drei fromme Frauen finden sich in der Liste: Auf dem Seidlkreuz, in dem Ende der 1990er-Jahre entstandenen Wohnviertel Mitte ist die sogenannte Haupterschließungsstraße nach der Benediktineräbtissin Benedicta von Spiegel benannt. Von 1926 bis 1950 leitete sie die Abtei Sankt Walburg – die selber als Postadresse Walburgiberg 6 trägt. Der Eichstätter Bistumsheiligen ist ein – laut Statistik 16 Meter langer – Straßenabschnitt gewidmet, der von der Westenstraße steil hinauf zu den Klostergebäuden führt.

In einer Siedlung im Herzogfeld liegt die Clara-Staiger-Straße. Nur unweit der in der in der Nachkriegszeit dort erbauten Wohnhäuser war sie Priorin des Klosters Marienstein. Die Augustinerin, die 1656 starb, hinterließ ein umfangreiches Tagebuch, das für die Stadtgeschichte von großer Bedeutung ist. Darin berichtet sie unter anderem über die Plünderung und Zerstörung ihres Klosters, schildert den Wiederaufbau und das Leben  der Augustinerchorfrauen. Die ehemalige Klosterkirche St. Anna, die heute der Stadt Eichstätt gehört, liegt im Klosterhof und grenzt an eine Wohnsiedlung die den Namen Klostergarten trägt.

An ein weiteres früheres Frauenkloster erinnert der Notre Dame-Weg. Wo einst regulierte Chorfrauen des heiligen Augustinus knapp 100 Jahre lang lebten und wirkten, ist heute das Informationszentrum des Naturparks Altmühltal untergebracht.

Ordensbezeichnungen tauchen weiter in Form der Dominikanergasse, der Kapuzinergasse und der Schottenau auf. Letzterer Name geht zurück auf eine Niederlassung  irischer Benediktinermönche außerhalb der Stadtmauer. Ebenfalls außerhalb der Stadtbefestigung, auf dem Berg bei der Willibaldsburg, lagen einst ein Kloster und die Kirche St. Peter. Von beiden finden sich keine Spuren mehr, lediglich der Name Petersleite ist geblieben. Die Straße zweigt vom Gesellenhausweg ab, der an den Gesellenverein, heute Kolping, erinnert. Als nach dem Zweiten Weltkrieg eine neue Siedlung im Schatten der Willibaldsburg entstand, erhielten die meisten Straßen Namen der früheren Bewohner der Burg. So sind die Fürstbischöfe Gundekar II., Friedrich IV. Graf von Öttingen, Martin von Schaumberg, Wilhelm von Reichenau und auch Johann Konrad von Gemmingen heute noch präsent als asphaltierte Straßen und Wege.

An Eichstätter Ordensleute erinnern unter anderem die Pater-Ingbert-Naab-Straße, der Pater Philipp-Jeningen-Platz oder die Bruder-Marinus-Straße. Vor allen Dingen die Kapuziner hinterließen in der Stadt und auf dem Stadtplan Spuren. So findet sich mit der Bruder-Egdon-Straße auch ein Nicht-Geweihter unter den Straßennamensgebern. Viele Eichstätter kannten den 1996 Verstorbenen noch persönlich.

Unweit ihrer früheren Wirkungsstätte sind einige Herz Jesu-Missionare zu finden: Schon länger gibt es direkt vor dem ehemaligen Augustinerchorherrenstift in Rebdorf die Pater-Moser-Straße. Christian Moser gilt als Neubegründer des Klosters. Der Herz Jesu-Missionar zeichnete verantwortlich für den Kauf des nach der Säkularisation als Arbeitshaus genutzten Klosterkomplexes. Zusammen mit seinem Mitbruder Adolf Hanne war er beteiligt an der Modernisierung und Sanierung der Gebäude und am Aufbau der Knabenrealschule. Hanne kommt in dem im Bau befindlichen Stadtteil Weinleite-West (siehe Titelbild) zu Straßennamensehren. Dem 1961 bei einem Verkehrsunfall auf der Bundesstraße 13 tödlich verunglückten Leiter des Klosters Rebdorf wird laut Stadtratsbeschluss von März diesen Jahres ebenso eine Straße gewidmet wie seinem Mitbruder Ludwig Krottenthaler. In der geplanten Flachbausiedlung wird in einigen Jahren auch das blaue Schild Walburga-Eichhorn-Straße montiert. Sie war die erste Priorin des Klosters Marienstein. An der Namensfindung für dieses Viertel waren die Stadtheimatpfleger beide beteiligt, brachten Vorschläge ein und diskutierten im Stadtrat mit. Die Vergabe von Straßennamen ist unter anderem im Bayerischen Straßen- und Wegegesetz geregelt. In Eichstätt gibt es zudem die „Satzung über die Straßenkennzeichnung und Hausnummerierung“. Der erste Paragraph legt fest: „Die Stadt Eichstätt bestimmt die Namen der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze (...).“ Bei der Namensvergabe für den jüngsten Platz im Stadtgebiet lief das übrigens nicht ganz so rund.

Xaver oder Xaveri?

In Bahnhofsnähe wird gerade ein neues Viertel gebaut. Der zentrale Platz, gleich an der Altmühl, trägt seit kurzem ein Schild und heißt Franz-Xaver-Platz. Doch bis es zur Taufe auf diesen Namen kam, gab es einige Debatten im Eichstätter Rathaus. Im Stadtrat wurden mehrere Namensvorschläge teils kontrovers diskutiert. So gab es Vorschläge den Platz nach Papst Victor zu benennen, der als Eichstätter Bischof auf den Stuhl Petri berufen wurde. Allerdings gibt es schon länger eine ihm gewidmete Straße. Eine Fraktion brachte Eichstätts früheren Diözesanbaumeister ins Spiel und plädierte für einen Karljosef-Schattner-Platz. Als weiterer Vorschlag wurde Eichstätts zweiter (erster ist der heilige Willibald) Stadtpatron Franz Xaver genannt. Bei der Abstimmung (zwölf zu acht Stimmen) setzte der sich dann gegen den Papst durch, jedoch fiel die Wahl auf die eigentümliche Schreibweise Franz-Xaveri-Platz. Nach mehreren Diskussionen im Stadtrat einigten sich die Ratsmitglieder schließlich auf die Variante ohne das „i“ am Ende. Die Stadtheimatpfleger gaben zu bedenken, dass diese Endung „eine charmante mundartliche Verkleinerung oder Verniedlichung“ sei, etwa wie Hansi statt Hans. Für den Heiligen sei die Bezeichnung Franz Xaveri nicht gebräuchlich, argumentierten Grund und Tredt damals.

Andrea Franzetti, Kirchenzeitung Nr. 36 vom 7. September 2014