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Begeisternde Vision von Kirche

Vertreter der Weltkirche berichteten von Erfahrungen mit Prozessen lokaler Kirchenentwicklung

Der Katholikentag in Regensburg machte es möglich, denn dorthin hatte des Päpstliche Missionswerk missio, München, hochkarätige Fachleute aus der Weltkirche eingeladen. Drei von ihnen, die beiden Bischöfe Thomas Dabre, Poona, Indien, und Dr. Michael Wüstenberg, Aliwal, Südafrika, sowie die ehemalige Generalsekretärin der Kommission für Laien und Familien der Vereinigung der asiatischen Bischofskonferenz, Cora Mateo, waren einen Tag nach Ende des Katholikentreffens an der Donau im Pfarrsaal der Dompfarrei Eichstätt.

Weltkirche zu Gast

Auf Einladung des Referats Weltkirche der Diözese Eichstätt, der Erwachsenenbildung im Bistum Eichstätt, des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Eichstätt, des Sachausschusses Pastorale Entwicklung im Bistum Eichstätt und der Katholischen Hochschulgemeinde Eichstätt berichteten sie dort von ihren Erfahrungen mit den Kleinen Christlichen Gemeinschaften.

Der Einladung zu der Veranstaltung „Weltkirchliche Aufbrüche für das Gemeindeleben – Ein Funke des Katholikentages springt nach Eichstätt über“ waren rund 30 Interessierte aus der Diözese Eichstätt, unter ihnen Dompropst em. Johannes Limbacher, gefolgt. Als erste schilderte Cora Mateo, eine geborene Philippinin, die seit 1985 für die Vereinigung der asiatischen Bischofskonferenz arbeitet, ihre Erfahrungen mit Kleinen Christlichen Gemeinschaften. In Asien, so berichtete sie, stand am Anfang der Beschluss der Bischofskonferenz, dass die Kirche eine Gemeinschaft von Gemeinschaften werden müsse, in der Laien, Ordensleute und Klerus einander als Schwestern und Brüder anerkennen und annehmen sollen.

Mateo wurde 1990 die Aufgabe übertragen, diese bischöfliche Entscheidung für die „neue Weise, Kirche zu sein“ umzusetzen. Diese neue Sicht von Kirche wird als AsIPA (Asian integral Pastoral Approach  = asiatischer ganzheitlicher pastoraler Ansatz) bezeichnet. In dieser neuen Vision von Kirchengemeinde beteiligen sich möglichst alle Mitglieder aktiv. So setzt dieses Konzept die vom Zweiten Vaticanum angeregte Communio-Theologie vom Volk Gottes für die Kirche in Asien um.

Die Vision war hierarchisch, von oben nach unten durchregiert, nicht umzusetzen. Priester und Laien mussten laut Mateo, zunächst dafür gewonnen werden, eigene Materialien mussten erstellt oder die aus Südafrika übernommenen überarbeitet werden. Die Umsetzung der Vision habe viel mit Geduld zu tun: „Zuerst Vertrauen und Freunde gewinnen, erst dann kann man über Gebet sprechen oder die Bibel teilen!“.

Bischof Thomas Dabre aus Eichstätts Partnerdiözese Poona in Indien, der in der indischen Bischofs-konferenz zuständig für den Aufbau Kleiner Christlicher Gemeinschaften ist, stellte zunächst fest, dass er manchmal den Eindruck habe, dass in Deutschland die neuen Gemeindeideen oft aus einem Gefühl des Mangels heraus entwickelt oder übernommen werden.

Er sei in keiner Weise pessimistisch, denn die Kirche sei keine menschliche Institution, sondern von Jesus Christus geschaffen. Wie Jesus, so müssten die Priester, die Nonnen und Brüder volksnah sein. „Sie müssen sich mehr um das Volk kümmern, als um die Verwaltung!“ Um das zu den Leuten Gehen zu ermöglichen, müsse man zu kleinen Gemeinschaften zurückkehren. Bei dem Modell der Kleinen Christlichen Gemeinschaften treffen sich nachbarschaftlich organisierte Gläubige regelmäßig, meist in Privatwohnungen, beten und sprechen über Bibeltexte. In diesen Gemeinschaften werde die Vielfalt nicht als Bedrohung, sondern als Möglichkeit begriffen und Jeder sei bereit, von den anderen zu lernen. Die Gleichstellung der Frauen sei eine wichtige Aufgabe für die Kirche in Indien, betont Bischof Dabre.

Die Beteiligung der Frauen unterstrich auch Bischof Dr. Michael Wüstenberg aus Aliwal in Südafrika: „Zwei Drittel der Gemeindeleiter in meiner Diözese sind Frauen“. Der südafrikanische Oberhirte gab dann einen kurzen Überblick über die Geschichte der Kleinen Christlichen Gemeinschaften in seinem Land. Dort begann es nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil.

Zunächst waren Einzelpersonen, wie die deutschen Missionsbischöfe Fritz Lobinger und Oswald Georg Hirmer, die Triebfedern der Entwicklung von der versorgten Gemeinschaft hin zu einer Gemeinschaft der Gemeinschaften, die der Menschlichkeit dient. Beide Bischöfe hätten an der Entwicklung der Kleinen Christlichen Gemeinschaften wesentlichen Anteil und die Methode des Bibelteilens mitentwickelt.

Seine Diözese, so Wüstenberg, sei zunächst rückständig gewesen. Heute blühe das Gemeindeleben trotz weniger Geistlicher in der Seelsorge, dank der Kleinen Gemeinschaften vor Ort, die sich mit der Heiligen Schrift auseinander setzen, die Bibel teilen und miteinander Gemeinschaft bilden.

Die Zuhörer hatten auf orangen Zetteln Begriffe notiert, die ihnen bei den Erfahrungsberichten besonders aufgefallen waren. Dr. Markus Oelsmann vom Bischöflichen Ordinariat fasste sie zusammen, stellte dann die Frage, wie wir die „Mangelbrille“ absetzen, das Vertrauen leben, Erfahrungen machen und diese dann teilen könnten, und ordnete sie dann den Begriffen Vision, Partizipation und Learning zu. In drei Untergruppen diskutierten die Zuhörer je einen der Begriffe. Je einer Gruppe war ein Experte als Protokollant zugeteilt, die zum Schluss ihre Zusammenfassung vortrugen.   

Klaus Kreitmeir, Kirchenzeitung Nr. 24 vom 15. Juni 2014