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Farbwechsel

Ich bleibe in aller Regel stehen, wenn die Ampel auf Rot springt. Anders ein Jogger, der mir neulich auf der anderen Straßenseite entgegenkam: Er lief während der Rotphase auf relativ beschränktem Raum immer im Kreis herum, fünf-, sechs-, siebenmal. Dann sprang die Ampel auf Grün, und er spurtete weiter.

Wahrscheinlich hat er seine guten Gründe gehabt, warum er nicht stehen geblieben ist – und trotzdem hat er mir zu denken gegeben: Wie ist derzeit mein Lebenstempo? Bin ich am Trotten, Traben oder gar am Spurten, damit alles schön im Rollen bleibt? Krieg ich noch genügend Luft oder komme ich schon ins Hecheln? Wie ist es mit Stoppsignalen? Verdränge ich sie, „weil es weitergehen muss“, oder nehme ich sie als Chance wahr, mich zu unterbrechen und tief durchzuschnaufen?

Der Aschermittwoch beschert einen Farbwechsel im Kirchenraum. Aus dem „Alltagsgrün“ wird das Violett der Fastenzeit, das mir signalisiert: Vor dir liegen 40 Tage zum Anhalten, Aussteigen, Umkehren.
Jeden Tag habe ich die Chance zu überprüfen, ob noch alles „im grünen Bereich“ ist. Die roten und grünen Ampeln werden mich in den nächsten Wochen daran erinnern.

Text: Irene Keil, Gemeindereferentin in St. Walburga, Nürnberg-Eibach, Museumspädagogin im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg

Erscheinungsdatum: 5. März 2014