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Gast auf Erden

Der Garten ist im Sommer unser ganzer Stolz. Vor allem der Gemüsegarten mit Salat, Gurken, Tomaten, Paprika und Chili. Daneben freuen wir uns auch über unsere Obstbäume und Beerensträucher. Jedes neue Frühjahr gibt uns neue Hoffnung. Können wir dieses Jahr ein paar Kiwi oder Pfirsiche ernten? Reichen die Himbeeren einmal für Marmelade und Kuchen oder nur zum Naschen? Viel Arbeit wird investiert, und unser ganzer Speiseplan richtet sich von Mai bis Oktober am Garten aus.

Seit ein paar Tagen haben wir einen Gast in unserem Garten, der seinen Speiseplan ebenfalls an unseren hart erarbeiteten Früchten auszurichten scheint. Ein Reh besucht uns regelmäßig. Mittlerweile hat es sich gemütlich eingerichtet, bewegt sich ganz zwanglos zwischen Beeten und Sträuchern, legt sich ins Gras und ruht sich aus.

Wenn unser Gast weg ist, folgt ein kritischer Rundgang durch den Garten. Der Mangold, eigentlich für eine Mahlzeit am nächsten Tag eingeplant – weg! Von der Petersilie stehen nur noch die Stängel da. Zum Dessert gibt es für unser Reh regelmäßig Himbeerblüten.

Da wird die Liebe zu allen Geschöpfen auf eine harte Probe gestellt. Unser Garten ist uns wichtig und das, was wir nach viel Arbeit ernten auch. Ein Reh als Gast war in diesem Plan nicht vorgesehen. Aber es macht uns klar, dass wir in der Zeit unseres Daseins alles nur zur Verfügung gestellt bekommen, aber nichts wirklich besitzen. So haben wir beschlossen, dass unser Garten auch noch ein Reh mit versorgen kann.

Text: Marina und Hans Seidl, Pastoralreferenten, Thalmässing

Erscheinungsdatum: 24. Juli 2013