Zum Inhalt springen

Wenn Cineasten Gott begegnen

Filmexerzitien haben viele Fans im Bistum / Gute Zusammenarbeit mit der Medienzentrale

Der beste Film, den er im vergangenen Jahr gesehen hat? Da muss Pfarrer Dr. Michael Kleinert nicht lange überlegen: „Ida“, die in schwarzweiß gedrehte Geschichte einer jungen Ordensfrau aus Polen, die ein dunkles, bis in die NS-Zeit zurückgehendes Familiengeheimnis entdeckt. Gerade ist „Ida“ mit dem Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film ausgezeichnet worden. „Wir werden sicher auch ‘mal damit arbeiten“, kündigt der Leiter des diözesanen Exerzitienreferats an. Schließlich lädt der Geistliche mit seiner Kollegin, Pastoralreferentin Christina Noe, schon seit sechs Jahren regelmäßig zu Filmexerzitien ein, angeregt durch eine Fortbildung mit Kollegen aus ganz Deutschland.

Im Neumarkter Kloster St. Josef stellte das Duo kürzlich wieder die Frage: „Sind Sie schon einmal Gott durch einen Film begegnet?“ Auf dem Programm standen vier Kino-Abende, aber auch Austausch und Impulse in der Gruppe, persönliche Gebets- und Reflexionszeiten und die Feier der Eucharistie, wie man es von „normalen“ Exerzitien kennt. Weil Kleinert und Noe mit allen Teilnehmern täglich persönliche Begleitgespräche führen, ist deren Zahl pro Veranstaltung auf zwölf begrenzt – und meist schnell ausgebucht.

Interessierte kommen auch von außerhalb der Diözese Eichstätt. Eine Ärztin aus Bamberg etwa war jetzt schon zum sechsten Mal bei Film-Exerzitien, „weil Gott durch die Filme zu den Menschen sprechen kann“. Auch ein Ehepaar aus dem Allgäu meldet sich immer wieder an, genauso wie ein Schreiner aus Greding. Für eine Sekretärin aus Nürnberg war es dagegen eine Premiere: „Hier wollte ich auf Überflüssiges verzichten: ohne Zeitung, ohne Musik, ohne Zigaretten. Das Thema Film fasziniert mich. Wie Jesus in Gleichnissen spricht, so sprechen auch die gezeigten Filme wie in Gleichnissen.“

Stets auf der Suche

Drei Grundsätze beherzigen die Begleiter Noe und Kleinert bei allen Filmexerzitien: Erstens: Der Film braucht Zeit zum Nachklingen, weshalb nicht gleich nach Schlussmusik und Abspann der Gedankenaustausch beginnt, sondern erst am nächsten Vormittag. Zweitens: Ob die Teilnehmer den Film so gut finden, dass sie sich dafür auch an der Kinokasse anstellen würden, ist zweitrangig. Wichtig ist „ob ich erfahre, was Gott mir damit sagen will“, erläutert Kleinert und fügt den dritten Grundsatz an, „jeder Teilnehmer sieht seinen eigenen Film, auch wenn wir alle den selben anschauen“.

Die jüngsten Filmexerzitien trugen das Motto „Anders leben“. Zum Auftakt sahen sich die Teilnehmer die Geschichte des Jungen Billy Elliot an, dessen Traum es ist, inmitten einer rauen Männerwelt Ballett zu tanzen. Noe und Kleinert lenkten die Blicke der Runde danach auf die Frage: Welche Begabungen habe ich selbst, welche Talente? Was ist meine Berufung?

Zu sehen bekamen die Teilnehmer auch ein kleines Filmjuwel aus Saudi-Arabien, die Geschichte einer Zehnjährigen, die vom Fahrradfahren träumt, obwohl das Frauen und Mädchen in ihrem Land untersagt ist. Ausgerechnet eine Frau hat dieses Werk fürs Kino gedreht.

„Wir sind eigentlich das ganze Jahr über auf der Suche nach neuen Filmen“, erzählen Noe und Kleinert. Was aber nicht heißt, dass sie ständig im Kino sitzen. Sie nutzen Fachzeitungen, beraten sich mit Kollegen und sind oft im Gespräch mit der Medienzentrale des Bistums Eichstätt. „Wir werden da großartig unterstützt“, freut sich Kleinert, ganz gleich ob es um technische Fragen oder Vorführrechte gehe.

„Wähle das, was nützt!“, sagte einst der „Erfinder“ der Exerzitien, der heilige Ignatius. Filme gab es zu dessen Lebzeiten noch nicht, aber als Medium der Glaubenserforschung „wäre das ganz in seinem Sinne“, sagt Kleinert.     gg/fxm

Quelle: Kirchenzeitung für das Bistum Eichstätt, Nr. 9 vom 1. März 2015