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Im Wortlaut

Predigt von Bischof Gregor Maria Hanke OSB beim Pontifikalamt zum Dank für den Amtsantritt von Papst Franziskus am 19. März 2013

Liebe Schwestern und Brüder,

die öffentliche Feier zum Amtsantritt des neuen Papstes fand am heutigen Hochfest des Heiligen Josef statt. Wir im Eichstätter Dom verbinden uns durch diese Hl. Messe am Fest dieses Heiligen sichtbar mit der weltweiten Gebetsgemeinschaft, die das Wirken des neuen Papstes begleiten will.  Papst Franziskus gilt als großer Verehrer des Heiligen Josef. Mit der Wahl des Josefstages für seine Messe zum Amtsantritt gibt der Papst Programmatisches kund.

Das Leben deuten aus dem Glauben an Gottes Gegenwart

Die Gestalt des Hl. Josef verweist auf ein Leben in prekärer Lage. Soeben hörten wir im Evangelium, Maria, seine Verlobte, erwartet ein Kind. Dieses Kind stammt nicht von ihm. Josef, der verlobt war mit Maria, ist ratlos und verzweifelt. Wie ist mit dem umzugehen was im Leben ausweglos, unverständlich erscheinen mag, was Grund von Enttäuschungen ist? Inmitten des Dunkels dieser Situation finden sich aber Zeichen der Gegenwart Gottes, die gelesen und verstanden werden wollen. So eröffnen sich Josef zwei Wege des Deutens und Handelns:

  • Der Weg menschlicher Vernunft und menschlicher Gefühle: Dieser würde für Josef auf eine Trennung von Maria hinaus laufen.
  • Oder der Weg des Hörens auf Gott, das Suchen nach den Zeichen Gottes, das Lesen der Zeichen: Diese Haltung mündet ein in den Weg des Glaubens, dass Gott in dem am Werk ist, was so unverständlich, ja schmerzlich erscheint.

Josef wählt den Weg des Glaubens an Gottes Gegenwart. Dieser Weg besagt den Verzicht auf die Letztgültigkeit eigener Urteile. Der Weg des Glaubens beinhaltet vielmehr das Vertrauen auf die Gegenwart Gottes, selbst in ausweglos erscheinender Lage. Josef zeigt sich als Mann dieses vertrauenden Glaubens. Glaube erweist sich als die Kraft des Heiligen Geistes, die zur Selbstdistanz und zur Distanz gegenüber der Welt fähig macht, um ganz Werkzeug Gottes sein zu können.

Unser Dienst in Kirche und Welt als Werkzeuge Gottes

Das Evangelium stellt uns Josef als einen Menschen der Selbst- und Weltdistanz vor Augen, um Werkzeug Gottes sein zu können. Der neue Papst wird uns durch seine Verehrung des Heiligen Josef kundtun wollen, welche Art des priesterlichen Dienstes er sich in der Kirche wünscht. Es geht um den Priester des sakramentalen Dienstamtes wie um das in der Taufe gründende Priestertum aller Gläubigen: Wir sollen Werkzeuge Gottes sein. Dazu braucht es die gesunde Distanz zum Ego und zur Welt, wie sie dem Hl. Josef eigen war. Nicht aus unseren Konzepten heraus, nicht kraft unserer Persönlichkeit, sondern als Werkzeuge des Herrn werden wir in der Lage sein, den Menschen, der Kirche wahrhaft zu dienen. Dann  dient Gott ihnen durch uns. Als Werkzeuge des Herrn wissen wir stets: Die Kirche gehört uns nicht. Es ist die Kirche Christi, wir sind die Diener.

Die Armut des hl. Franz von Assisi – der Liebe zu Christus nichts vorziehen

Der neue Papst wählte sich den hl. Franz von Assisi als Programm. Franziskus folgte dem armen Christus nach. In der Haltung der franziskanischen Armut drückt sich keineswegs eine Verachtung des Geschöpflichen und Materiellen aus, jede aggressive Form von Verachtung ist der Haltung fremd. Vielmehr folgte Franziskus dem armen Christus nach, der sich durch seine Geburt in Bethlehem und durch sein Leben in Nazareth bereits als Gott im Kleinen, als Gott im Unscheinbaren offenbart hatte. Armut um Christi Willen baut auf der geistlichen Fähigkeit, den Geist Gottes von den Geistern der Welt zu unterscheiden. Armut um Christi Willen versetzt in die Lage, das für die Gemeinschaft mit Christus Wesentliche zu erkennen und Unwesentliches davon zu trennen. Armut im Geist des Heiligen Franz von Assisi ist der geläuterte, der gereinigte Blick auf Christus, gerade auch auf Christus im Menschen am Rande. Den inneren Kern der Armut des Hl. Franz bildete die große Liebe zu Christus.

Die Liebe ruft zum Aufbau der Kirche

Die große Liebe des Hl. Franz zu Christus war umfangen von der Erfahrung der Liebe Christi zu ihm. Wir kennen die Begebenheit um das Portiuncula-Kirchlein, das verfallen war. „Bau meine Kirche auf, stelle mein Haus wieder her“ hört Franziskus aus der Quelle der Liebe. Wer den Herrn wahrhaft liebt, der ist schon dabei, Kirche zu bauen.

Franziskus dachte zunächst an das Gebäude; wir würden heute vielleicht sagen, er dachte an Strukturen, an die Sozialgestalt der Kirche. Aber mehr und mehr lernte er, dass Kirche als Wohnung Gottes unter den Menschen gemeint war. In dieses Geheimnis führte ihn die Liebe zu Christus ein, seine Verwandlung immer tiefer in Christus hinein. Franziskus wurde Christus immer ähnlicher. Im Laufe seines Lebens nahm er selbst äußerlich die Gestalt des gekreuzigten Christus. Seine Wundmale, die Stigmata, zeugen von diesem radikalen Verwandlungsprozess, schließlich auch sein schweres Leiden, seine Blindheit. Ganz ähnlich ist er diesem Christus am Kreuz geworden. Und nun konnte er in Wahrheit Kirchenbauer sein. Es ist also die Liebe zu Christus, die dazu befähigt, Kirche zu bauen.

Wer Christi Kirche bauen will, muss sich wie Franziskus in Christus verwandeln lassen. „Stelle mein Haus wieder her.“ Der Heilige Vater lädt uns durch seinen Patron Franziskus ein zum Wachstum in der Liebe Christi, um Kirche zu bauen.

Vicarius Christi – Christus immer ähnlicher werden

Wer einlädt - der Papst hat in den letzten Tagen immer wieder vom Weg gesprochen, auf dem er uns mitnehmen möchte - muss selbst voran gehen auf dem Weg der Verwandlung. Die geistliche Tradition der Kirche weiß darum. Nicht umsonst schreibt die Regel des Hl. Mönchsvaters Benedikt, dass der Abt im Kloster an der Stelle Christi handelt. Christus muss also spürbar sein bei allem Handeln, in den Beratungen, ja gerade auch bei der gewöhnlichen Arbeit. Dem Papst kommt der Titel Vicarius Christi, Stellvertreter Christi zu. Damit ist nicht primär ein Herrschaftstitel gemeint, sondern ein geistlicher Anspruch an den Papst selbst, nämlich Christus immer ähnlicher zu werden. Er darf nur Gefäß sein, Christus soll der Inhalt sein. Möge unser Heiliger Vater Papst Franziskus immer tiefer hineinwachsen in die Christusähnlichkeit.

Als Stellvertreter Christi, als Christus-Vikar hat der Papst also so etwas wie „Monstranz Christi“ zu sein. In seiner Person und in seinem Dienst soll sich für uns die Gegenwart Christi repräsentieren. Dann wird das Volk Gottes gerne mit ihm auf diesem Prozessionsweg unterwegs sein, zu dem er uns eingeladen hat.

Amen.