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Im Wortlaut

Aus der Predigt von Bischof Gregor Maria Hanke OSB beim Lichtmessgottesdienst am 2. Februar im Eichstätter Dom:

„... Jesus gehörte zum Volk des Bundes, den Gott Abraham und seinen Nachkommen verheißen hat. Durch Gebet und durch die Unterweisung im Wort Gottes, durch die Glaubenspraxis gemäß der Tradition der Väter lernte Jesus von Nazareth als Heranwachsender, Gott seinen Vater zu nennen. Schließlich konnte er die in seinem Inneren vorhandene göttliche Sendung auch als Mensch ergreifen und mit Vollmacht auftreten.

Die Botschaft vom Heil richtete er an sein Volk, das Träger der Verheißung war, ehe sich der Weg der Erlösung allen Völkern öffnete. Paulus verwendet im Römerbrief ein Bild dafür. Er vergleicht Israel mit einem Ölbaum, in den die Kirche aus den Heiden in Christus eingepfropft wurde.

Das Zweite Vatikanische Konzil erinnert an das Erbe, das die Kirche mit den Juden gemeinsam hat. Vor allem zum Israel des Glaubens, aber auch zur Geschichte des ganzen jüdischen Volkes stehen wir Christen bleibend in einer besonderen Beziehung. Das hat Papst Benedikt XVI. in einer Reihe von Reden während des Jahres 2008 immer wieder hervorgehoben. Er nahm Bezug auf die Ausführungen im Römerbrief und auf das Dokument Nostra aetate des Zweiten Vatikanums. Früher schon warnte er davor, die Schoah, die Schrecken des Holocaust minimieren zu wollen, da dies einer Verharmlosung des Bösen gleichkäme. Bei seinem Besuch in Australien im zurückliegenden Jahr griff er in einer Rede vor jüdischen Repräsentanten das Wort des großen Theologen Lubac auf: antisemitisch sein bedeutet auch antichristlich sein. (vgl. Osservatore Romano, 30. Januar 2009, Nr. 5, S. 6)

Richard Williamson, einer der vier Bischöfe der Pius-Bruderschaft, die jetzt zwar nicht mehr exkommuniziert, doch weiterhin suspendiert sind und keineswegs - wie da und dort suggeriert - in voller Gemeinschaft mit Rom stehen, Richard Williamson steht mit seinen Äußerungen zum Holocaust konträr zur Position des Papstes und hat somit das theologische Ringen um die Wiedererlangung der Einheit schwer missbraucht. Vor allem aber hat er die Menschlichkeit und die von jedem Christen geforderte Achtung vor der Würde und Unantastbarkeit des menschlichen Lebens verhöhnt. Wie wird jemand, der diese schrecklichen und brutalen Sünden gegen die Würde des Menschen in der jüngeren Geschichte kaum ernst nimmt, mit Glaubenswahrheiten umgehen? Schlagen Menschen, die sich als Christen begreifen, mit derart zynischen Meinungen über die jüngste Leidensgeschichte des jüdischen Volkes nicht gleichsam mit der Axt gegen den Stamm, in den wir – um im paulinischen Bild vom Ölbaum zu bleiben, – als Jünger Jesu eingepfropft sind? ...“